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Spezifikationen für Folienverpackungen Teil 1: | Spezifikationen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Ist das wirklich so? Der erste Teil der dreiteiligen Artikelserie vergleicht das Datenblatt mit der Spezifikation. Durchaus provokativ werden beide Dokumente „etwas überzeichnet" dargestellt, um den Blick zu schärfen und die Motivation anzufachen, die manchmal durch drohende Bürokratie gebremst wird.

Die Investition in Spezifikationen und in ein Spezifikationswesen, das lebt, lohnt sich. Und zwar lohnt es sich nachhaltig, denn es ist ökonomisch sinnvoll, sozial relevant und ökologisch bedeutsam. Specs, wie manche Qualitäts-Experten liebevoll abkürzen, tangieren somit alle drei Säulen der Nachhaltigkeit.

Zunächst ist es sinnvoll, die Definitionen für Spezifikation und Datenblatt zu kennen. Datenblätter zeichnen sich dadurch aus, dass sie unverbindlich daherkommen. Die Angaben sind schwammig formuliert. Ein Bezug zu allgemein akzeptierten Normen und Prüfbedingungen, die Reproduzierbarkeit und Überprüfbarkeit erzeugen, fehlt oft gänzlich. Warum ist das so?

Ein Datenblatt wurde und wird oft als Spezifikationsersatz - und wie sich zeigen wird - als fauler Kompromiss herangezogen. Datenblätter sind oft vom Marketing gesteuert oder getrieben. Sie dienen dazu, ein Produkt „glänzend" aussehen zu lassen, auch wenn für den gefragten Anwendungsfall vielleicht „matt" gefragt wäre. Mit anderen Worten: Es werden Eigenschaften herausgestellt und betont, die scheinbare Vorteile zeigen sollen. In der Realität ist aber oft das Gegenteil der Fall. Ist eine ehrliche, der Realität nahe kommende Darstellung eines Produkts nicht immer das bessere Erfolgsmodell?

Datenblätter haben im Wesentlichen die Aufgaben Richtwerte zum groben, aber unverbindlichen, Vergleich zu liefern, typische Werte darzustellen, ohne Fokus auf Qualitätskonstanz oder Toleranzen, und einen guten Eindruck beim Kunden zu erzeugen - vom Einkauf über die QS bis hin zum jungen Entwicklungsingenieur, der dann den Wald vor lauter Bäumen nur schwer erkennen kann.

Nun hat der Druck einiger Auditoren insbesondere aus dem Hygiene- und Lebensmittelbereich dazu geführt, dass eben diese schwammigen, hohlen und teilweise unpassenden Datenblätter für die entsprechende Anwendung als „Spezifikation" abgestempelt, unterschrieben und abgeheftet wurden mit dem Ziel, aus Nichts eine Spezifikation zu machen, per berittenem Amtsschimmel sozusagen. Heute, einige Jahre weiter, lassen sich mündige, mehr und mehr aufgeklärte Auditoren damit aber nicht mehr abspeisen. Sie fordern echte, blitzsaubere Specs.

Spezifikation - ein Dokument mit vielen Aufgaben
Die Spezifikation ist die Schnittstelle zwischen Lieferanten und Kunden - liest man da in der Fachliteratur. Aber ist es nicht eher der systematische Versuch einer Schnittstellenbeschreibung? Die Spezifikation löst in ihrer Rolle gleich mehrere Aufgaben:

gemeinsames Kommunikations-Dokument für Lieferant(en) und Auftraggeber,

Integration von Anforderungen aus mehreren Abteilungen, wie Einkauf, Technik, Produktion, Vertrieb und Marketing,


Herstellen einer Rechtsverbindlichkeit für vereinbarte Produkteigenschaften.

Aus dieser Aufgabenstellung ergeben sich vereinfacht ausgedrückt folgende Mindestanforderungen: genaue Produktbeschreibung, Nennung aller Vertragspartner, Gültigkeit sowie Messwerte mit Toleranzen. Weiter muss der Prüfumfang sowie die Wichtigkeit der Prüfungen klar erkennbar sein (informative Werte müssen separat gekennzeichnet werden).

Das alles macht Arbeit und fordert das Fachwissen und menschliche Kompetenzen wie Vertrauen und Kommunikationsfreude heraus. Warum finden Spezifikationen denn trotz der Mühen, die man reinstecken muss, immer mehr Anhänger und größere Budgets in den Unternehmen? Eine Triebfeder sind die Kunden, die viele Hebel in Bewegung setzen um folgenden Standards und Gesetzen gerecht zu werden:

Gesetzgeber, als Anwalt des Verbrauchers: EU 1935/ 2004, 10/2011 (PIM) usw., lebensmittelrechtliche Konformität/LFGB (Lebensmittel- und Futtermittel-Gesetzbuch),

Forderungen nach Eignungsnachweisen von Versicherungen,

Erfüllung von Standards (z.B. IFS, BRC/IoP, ISO 22000, DIN EN 15593).


So heißt es beispielsweise im IFS-Standard Version 5, Kapitel 4.2.2, KO-Kriterium: „Für alle Rohwaren (Rohwaren/Zutaten, Zusatzstoffe, Verpackungsmaterialien, Rework) liegen Spezifikationen vor und diese werden respektiert. Diese Spezifikationen sind aktuell und eindeutig formuliert und entsprechen immer den gültigen Bestimmungen." Ein klarer Appell also an die Qualität dieses Dokuments. Zudem bewegt immer mehr Geschäftsführer von Lebensmittelunternehmen die Angst, dass von Verpackungen eine erhebliche Gefahr ausgehen könnte. Diese Angst oder Sorge wird insbesondere durch die immer schneller aufeinanderfolgenden Lebensmittelskandale angeheizt.

Es ist aber auch festzustellen, dass viele sehr vernünftige Produktions- oder Produktverantwortliche erkannt haben, dass Spezifikationen in vielerlei Hinsicht sinnvoll sind. Also schaffen Spezifikationen das, was wir alle möchten und nach dem wir prinzipiell streben: Sicherheit, Klarheit, zufriedene Kunden, langlebige Wissensspeicher, Kostenersparnis, effiziente Kommunikation durch weniger Fehler sowie Gesundheit für Verbraucher.

Die viele Mühe, die manche Grafiker und Marketiers in Datenblätter stecken, könnten in Spezifikations-Budgets umgeleitet werden, um dort nachhaltigen Nutzen zu stiften. Verkaufsfördernde Maßnahmen (wie Datenblätter) sollten von technischen, rechtlich relevanten Dokumenten wie Spezifikationen unterschieden werden. Im Gegenteil: Es ist strikt zu vermeiden, aus einem Datenblatt eine Spezifikation durch Unterschrift und Stempel zu generieren. Dieses Dokument kann nicht gültig sein, da wesentliche Informationen fehlen werden, beispielsweise Toleranzen und Gegenstandsnennung des Vertrags.

Positiv formuliert lässt sich festhalten, dass es ökonomisch (weniger Fehler), sozial (weniger Schäden an Menschen durch schlechte Verpackungen) und ökologisch (weniger Abfall, Schäden und Nacharbeit) sinnvoll ist, Spezifikationen zur Chef-Sache im Unternehmen zu machen. Letztlich schaffen Spezifikationen hauptsächlich eines: Vertrauen. Grundbausteine des Vertrauens sind unter anderem: Wissen, Können und systematisiertes Tun. Diesen drei Punkten liegt das Wollen zugrunde. Und genau dieses Wollen soll mit dieser Artikelserie unterstützt und mit Fakten untermauert werden.

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Als Schwester der Innoform GmbH Testservice und der Innoform Con-
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Der Beitrag „Spezifikationen für Folienverpackungen" erscheint als dreiteilige Artikelserie.
- Teil 1: Datenblatt im Vergleich zur Spezifikation
- Teil 2: Arbeiten mit Normen
- Teil 3: Festigkeiten mit dem Zugversuch bewerten?

 

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