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(Bild: Bosch)

Patientensicherheit und Produktqualität müssen in pharmazeutischen Herstellungsprozessen an erster Stelle stehen. Anspruchsvolle Inspektionstechnologien kommen beispielsweise in der steigenden Entwicklung von Biotech-Produkten und Mitteln zur Krebsbehandlung zum Einsatz. Besonders für parenterale Produkte, die in Vials, Ampullen, Spritzen und Karpulen abgefüllt werden, ist die Anwendung dieser Technologien unerlässlich. Andere flüssige Pharmazeutika und feste Darreichungsformen wie Tabletten und Kapseln müssen ebenfalls einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden. Die zu diesem Zweck angewandten Technologien reichen von manuellen über halbautomatische bis hin zu vollautomatischen Systemen. Sie detektieren produktbezogene Fehler, kosmetische Defekte an Behältnissen oder beide. Wenn ein Medikament Partikel oder Fremdkörper enthält, liegt eine Produktverunreinigung vor. Kontaminierte pharmazeutische Wirkstoffe, Fremdkörper oder Füll-material können während des Herstellungs- oder Füllprozesses in das Produkt gelangen. Ebenso können Medikamente durch Partikel brüchiger Behältnisse oder menschlichen Kontakt verunreinigt werden. Kosmetische Defekte, wie Risse am Spritzenflansch oder Fehler bei der Verschmelzung des Ampullenspießes, sind entweder bereits vorhanden oder können während des Prozesses durch menschliche Eingriffe oder falsch eingestellte Maschinen entstehen. Für die Auswahl der Inspektionsmethoden sind Produktkonsistenz sowie Form und Größe des Behältnisses maßgebend.

Manuelle Inspektionssysteme bestehen typischerweise aus einem schwarz-weißen Hintergrund und fluoreszierendem Licht. Jedes Behältnis wird einzeln von einem Inspektor geschüttelt, um die Flüssigkeit und mögliche Fremdkörper in Bewegung zu setzen, und anschließend einer sorgfältigen Prüfung unterzogen. Das menschliche Auge ist allerdings in seinen Inspektionsfähigkeiten eingeschränkt. Diese hängen von Lichtintensität, Entfernung, Blickwinkel, Müdigkeit, Leistungsunterschieden und zahlreichen weiteren Faktoren ab. Folglich nutzen Pharmaunternehmen manuelle Inspektionssysteme hauptsächlich bei kleinen Losgrößen für kundenspezifische Anwendungen, Laboranalysen und Stabilitätsstudien. Weitere Einsatzbereiche sind die Auswertung von Test-Sets, die erneute Inspektion von Ausschussware sowie die Überprüfung vollautomatischer Maschinen, bei der manuelle Systeme so gut wie unentbehrlich sind. Halbautomatische Inspektionsmaschinen reduzieren den Bedarf an manueller Bearbeitung, indem sie mit automatischen Zuführ-, Sortier- und Auslauffunktionen die Arbeit des Prüfers erleichtern. Dieser kann sich so ganz auf die Qualitätskontrolle der Behältnisse konzentrieren. Dadurch erzielen die Halbautomaten höhere Inspektionsgenauigkeit und Durchlaufzeiten.

Visuelle Inspektionssysteme erfordern deutlich weniger Investitionen als vollautomatische Maschinen, decken eine größere Bandbreite potenzieller Produktionsfehler ab und entsprechen regulatorischen Standards. Allerdings sind sie stark von menschlichen Fähigkeiten und Fachwissen abhängig und dadurch anfällig für mögliche menschliche Fehler, die außerhalb des Einflussbereichs der Hersteller liegen. Nichtsdestotrotz sind manuelle und halbautomatische Inspektionsmaschinen weit verbreitet, vor allem dort, wo sich Investitionen in eine vollautomatische Anlage nicht auszahlen würden. Die United States Pharmacopeia (USP) verlangt, dass Pharmazeutika keine mit bloßem Auge sichtbaren Partikel oder Fremdkörper enthalten. Die Verordnung gibt als Referenz an, dass ein menschlicher Prüfer ungefähr 50 Prozent aller Partikel in einer Größenordnung von 50 Mikrometern detektieren kann. Manche automatischen Inspektionssysteme sind in der Lage, Partikel unterhalb der für Menschen sichtbaren Größe zu ermitteln.

Automatische Inspektionsmaschinen
Automatische Partikelinspektionssysteme haben ihren Ursprung in den 1970er-Jahren. Die „Static Division" (SD) Technologie leitet ihren Namen von der Fähigkeit ab, statische von beweglichen Objekten zu unterscheiden. Das System überträgt Licht durch die Flüssigkeit auf einen optischen SD Sensor. Jedes Behältnis wird zweimal in Echtzeit inspiziert. Das Behältnis wird in Rotation versetzt und danach gestoppt, wobei die Flüssigkeit im nun stehenden Behältnis weiterrotiert. Die im Behältnis schwimmenden unlöslichen Partikel werden auf einem Fotodetektor abgebildet. Je nach Größe und Art der Partikel wird ein Teil des übertragenen Lichts blockiert. Diese Partikel werfen einen Schatten, der von lichtempfindlichen Dioden detektiert wird. Die Veränderungen in der Lichtintensität werden nur durch bewegliche Partikel, nicht aber durch unbewegliche hervorgerufen, was zu einem deutlichen Rückgang falscher Ausschussware führt.

Seit ihrer Markteinführung im Jahr 1975 wurde die SD Technologie kontinuierlich optimiert. Heute inspiziert sie den Großteil parenteraler Produkte in klaren Flüssigkeiten in mehr als 50 Ländern rund um den Globus. Der neue SDx Sensor ist mit zahlreichen neuen Softwarefunktionen versehen. So speichert die regressive Test-Software beispielsweise bis zu 1.000 Bilder für die Offline-Bearbeitung und Sichtung auf mobilen Rechnern. Die Bilder dokumentieren fälschlich aussortierte Behältnisse und können zur Fehlerbehebung herangezogen werden. Um über die gleiche Anzahl an Bildern für 300 und 600 ppm zu verfügen, ist die SDx Technologie mit einem neu entwickelten oszillierenden Antrieb ausgestattet. Wie alle Vollautomaten können auch die mit SD Technologie ausgestatteten Inspektionsmaschinen mit Füll- und Verschließmaschinen, anderen Inspektions-, Etikettier- und Kartoniermaschinen verbunden werden. Eine reibungslose Kombination mit anderen Inspektionsmethoden ist jederzeit möglich.

Automatische kamerabasierte Systeme werden sowohl für die Inspektion von Partikeln als auch von kosmetischen Defekten angewandt. Die Maschine setzt auch hier die Behältnisse in Bewegung und erfasst das von beweglichen Partikeln reflektierte Licht. Während die Behältnisse um mehr als 360 Grad gedreht werden, nehmen Kameras eine Reihe hochauflösender Bilder auf.

Anhand eines Bildvergleichs identifiziert das System auch beispielsweise Partikel, die an den Wänden anhaften sowie Risse am Spritzenflansch und Defekte bei der Kappenverbördelung oder Ampullenversiegelung. Vorprogrammierte Parameter entscheiden, welche Behältnisse ausgestoßen und welche angenommen werden. In den letzten Jahren sind kamerabasierte Systeme erheblich optimiert worden: Höhere Auflösung und Prozessgeschwindigkeiten, künstliche Intelligenz und neuronale Netze, eine grafische Benutzeroberfläche sowie hochwertige CCD- beziehungsweise CMOS-Kameras machen diese Maschinen zu Hochleistungssystemen.

Herausforderungen und Chancen der Prozessanalysetechnik

2004 hat die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) ihre Process Analytical Technology (Prozessanalysetechnik, PAT) Leitlinien herausgegeben und für beträchtlichen Aufruhr in der pharmazeutischen Industrie gesorgt. PAT ist ein System, mit dem Herstellungsprozesse durch zeitnahe Messungen kritischer Qualitäts- und Leistungsattribute von Rohstoffen, Prozessmaterialien und Verfahren gestaltet, analysiert und kontrolliert werden, um die finale Produktqualität sicherzustellen. Ziel der PAT ist es, Qualität gleich in den Produktionsprozess zu integrieren, statt sie zu überprüfen, nachdem das Produkt bereits gefertigt wurde. Während einige bestehende Technologien diese Anforderungen bereits erfüllen (siehe oben), begünstigt die PAT auch die Entwicklung gänzlich neuer Technologien für eine Inline-Beseitigung variierender Produktqualität, insbesondere im Bereich fester Darreichungsformen.

Maschinen mit Röntgentechnologie bieten umfassende Qualitäts- und Gewichtskontrolle, beispielsweise für Kapseln. Aufgrund neuer Software und Darstellungstechniken schreitet die technologische Entwicklung schnell voran. Qualitätsparameter wie Gewicht, vorhandene Fremdpartikel, Verformung des Kapselverschlusses und -bodens sowie Kapsellänge lassen sich mit diesen neuen Verfahren gleichzeitig, in Echtzeit und bei hohem Durchsatz kontrollieren. Ebenso gehört die Dichtigkeitsprüfung zum Beispiel über Hochspannung zu den häufig genutzten Technologien für die Inspektion von Glasbehältern, unter anderem von Ampullen.

Validierung von Inspektionsprozessen

Verglichen mit anderen Pharmazeutika ist die Produktion parenteraler Produkte sehr komplex. Vor der Verpackung in gereinigte und vorsterilisierte Behältnisse unter sterilen Bedingungen müssen die Substanzen gemischt und gefiltert werden. Die Verabreichung parenteraler Medikamente erfolgt in der Regel durch Injektion. Sie gelangen direkt in den Blutkreislauf und können dort unerwünschte Reaktionen auf Kontamination und Partikel hervorrufen. Die Schritte und Komponenten dieses Herstellungsprozesses bergen zahlreiche Risiken für prozess- und produktbezogene Verunreinigungen. Im EU-Leitfaden zur guten Herstellungspraxis (EU Guideline to Good Manufacturing Practice), Annex 1 ist festgelegt, dass abgefüllte Behältnisse mit Parenteralia einzeln auf Fremdkontamination oder sonstige Defekte geprüft werden sollten. „Visuelle Kontrollen sollten unter geeigneten und kontrollierten Bedingungen hinsichtlich Beleuchtung und Hintergrund erfolgen. [...] Wenn andere Prüfmethoden eingesetzt werden, sollte das Verfahren validiert sein und das ordnungsgemäße Funktionieren der Ausrüstung regelmäßig kontrolliert werden. Die Ergebnisse sollten aufgezeichnet werden." Die detaillierte Umsetzung liegt im Ermessen der Pharmahersteller.

Innerhalb des Validierungsprozesses stellen dokumentierte Stichproben sicher, dass die Inspektionsmaschine ihren validierten Zustand auch unter dynamischen Bedingungen beibehält. Des Weiteren dienen sie als Basis für die Anpassung der Inspektionsparameter. Für eine Überprüfung dieser Stichproben eignen sich insbesondere manuelle oder halbautomatische Inspektionsgeräte. Es ist eine weitverbreitete Fehleinschätzung, dass nur automatisierte Maschinen die benötigten Inspektionsergebnisse liefern können, vor allem weil der Inspektionsprozess stark vom Produkt, der Art des befüllten Behältnisses sowie dem Umfang der zu inspizierenden Charge abhängt. Andererseits kann auch ein optimal geschulter Inspektor nicht mit der hohen Geschwindigkeit aller Produktionsarten mithalten.

Kombinationen auf dem Vormarsch
Die Herstellung von Parenteralia und insbesondere generischen Produkten nimmt deutlich zu. Der steigende Wettbewerb unter den Herstellern führt zu immer schnelleren Maschinen für große Produktionsmengen. Hier stößt die manuelle Inspektion schnell an ihre Grenzen. Wie können Pharmahersteller also am besten auf die steigenden Kontrollanforderungen reagieren? Ein Beispiel aus einem anderen Bereich der pharmazeutischen Produktqualität zeigt eine mögliche Herangehensweise auf: Der Bedrohung durch Medikamentenfälschungen wird häufig mit einer mehrschichtigen Lösung aus Serialisierung, Authentifizierung und Originalitätssicherung begegnet. Was sich in einem Bereich als erfolgreich erweist, lässt sich auch auf andere übertragen. Je nach Größe und Art des pharmazeutischen Produktes und Behältnisses erweist sich eine Kombination aus automatischer und manueller Inspektion als die verlässlichste Herangehensweise. So steigt auch die Anzahl an Herstellern, die unterschiedliche Inspektionstechnologien sowohl inline als auch end-of-line in ihren Produktionsprozess integrieren, ständig an.

Richtige Wahl der Inspektionsmethode
Pharmahersteller sind angehalten, auf Validierungsanforderungen zu achten und regelmäßige Wartungen an den Maschinen durchzuführen. Ebenso müssen sie die Prozesse sorgfältig überwachen und sich stets über neue Verordnungen und Richtlinien sowie die Verfügbarkeit neuer Technologien informieren. Dabei entscheidet jeder Hersteller individuell, welche Inspektionsmethode für seine Produkte die geeignete ist. Diese Wahl hängt von den Parametern Produktionsumfang, Behältnisgröße und Produktart, sowie Kosten-Nutzen-Erwägungen ab. Die Inspektionstechnologie bietet enorme Möglichkeiten. Deshalb ist die Entscheidung für robuste und verlässliche Technologien ausschlaggebend für eine hohe Produktqualität. Der Schlüssel zu höherer Patientensicherheit und die Minimierung von Rückrufen liegt im Wissen über die im Markt verfügbaren Technologien - und in der Zusammenarbeit mit erfahrenen Qualitätsanbietern.

 

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Über Bosch Packaging Technology, Produktbereich Pharma
Der Produktbereich Pharma von Bosch Packaging Technology ist einer der führenden Anbieter von Prozesstechnologie und Verpackungslösungen für die pharmazeutische Industrie. Das Portfolio reicht von einzelnen Maschinen über kombinierte Anlagen bis hin zu Komplettlösungen für die Verarbeitung steriler, flüssiger und pulverförmiger Pharmazeutika. Weiterhin umfasst es Primärverpackungen für die sterile Abfüllung und Produkte für die Herstellung fester Darreichungsformen, Sekundärverpackungen, Inspektionstechnologie sowie Qualifikation, Validierung und Services. Die folgenden Produktmarken sind im Pharma Portfolio von Bosch enthalten: Eisai Machinery, Hüttlin, Manesty, Moeller & Devicon, Pharmatec, SBM Schoeller-Bleckmann Medizintechnik, Sigpack und Valicare. Weitere Informationen unter www.boschpackaging.com.

Über Bosch Packaging Technology
Der Bosch-Geschäftsbereich Packaging Technology mit Hauptsitz in Waiblingen bei Stuttgart ist mit 5.000 Mitarbeitern einer der führenden Anbieter von Prozess- und Verpackungstechnik. An mehr als 30 Standorten in über 15 Ländern entwickeln und fertigen hochqualifizierte Fachkräfte Gesamtlösungen für die Pharma-, Nahrungsmittel- und Süßwarenindustrie. Ein umfassendes Service-Portfolio rundet das Angebot ab. Das weltweite Service- und Vertriebsnetzwerk bietet Kunden Ansprechpartner auch vor Ort. Mehr Informationen unter www.boschpackaging.com.

Quellen: de la Montaigne, Michael; Mendez, Pedro J.; Tagaya, Ryosaku: Inspection of Parenteral Products.
Davis Healthcare International, 2009.
http://www.boschpackaging.com/eisaimachinery/

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