„Es gibt keine mangelhaften 
Verpackungen, sondern leider oftmals nur die falsche Verpackung für das 
richtige Produkt.“

Philipp Eißner, 
Group Innovation Manager, AR Packaging

„Es gibt keine mangelhaften
Verpackungen, sondern leider oftmals nur die falsche Verpackung für das
richtige Produkt.“

Philipp Eißner,
Group Innovation Manager, AR Packaging (Bild: AR Packaging)

neue verpackung: Was spricht Verbraucher als erstes an einer Verpackung an, wenn sie vor dem Verkaufsregal stehen? Wie werden diese Kriterien im Verpackungsdesign integriert?

„Es gibt keine mangelhaften
Verpackungen, sondern leider oftmals nur die falsche Verpackung für das
richtige Produkt.“
Philipp Eißner,
Group Innovation Manager, AR Packaging
„Es gibt keine mangelhaften
Verpackungen, sondern leider oftmals nur die falsche Verpackung für das
richtige Produkt.“
Philipp Eißner,
Group Innovation Manager, AR Packaging (Bild: AR Packaging)

Philipp Eißner: Grundlegend gilt: Geschmäcker sind verschieden. Was sich aber als genereller Leitfaden sagen lässt, ist, dass man sich von der Mehrheit der im Wettbewerb stehenden Produkte abheben muss. Egal wie. Wenn wir hier über Faltschachteln sprechen, dann heißt das konkret, bewusst mit quaderförmigen Formen zu brechen. Wenn wir bei Formgebung bleiben, dann bieten sich als logisches Mittel organische oder scharfkantige Formen an, um grundlegende Akzente zu setzen. Im nächsten Schritt muss die Form perfekt mit dem verpackten Produkt und eben auch mit dem Artwork sowie der gewählten Druckveredelung harmonieren. Viele interessante Formen haben oft eine eingeschränktere Funktionalität in der Supply Chain als ihre quaderförmigen Geschwister. Hier müssen für ein möglichst optimales Ergebnis alle betroffenen Komponenten von der Primärverpackung über Regaltrays bis hin zum Display gemeinsam überdacht und abgestimmt werden. Das macht die Sache insgesamt deutlich komplexer und nur eine wirklich durchdachte Komposition dieser Komponenten erzeugt einen erfolgreichen Eyecatcher i

neue verpackung: Welche Gestaltungselemente sind möglich, wenn man kostenneutral und gleichzeitig mit attraktivem Design produzieren will?

Der Candy Cup ist eine der neuesten Entwicklungen von AR Packaging und Stora Enso. Er besteht komplett aus erneuerbaren Rohstoffen und eignet sich für Süßwaren und salzige Snacks.
Der Candy Cup ist eine der neuesten Entwicklungen von AR Packaging und Stora Enso. Er besteht komplett aus erneuerbaren Rohstoffen und eignet sich für Süßwaren und salzige Snacks. (Bild: AR Packaging)

Philipp Eißner: Ein sehr wichtiger Punkt! Wenn wir uns die Standardfaltschachtel als Referenz nehmen, sind erstaunlich viele Variationen mit deutlich größerem Shelf Impact möglich, ohne die gegebenen Basisparameter – mit besonderem Blick auf Substrat und Klebe-Performance –  zu verlassen. Der Kniff liegt dabei eher in den nachgeschalteten Prozessen, wie dem Aufrichten, Befüllen und Verschließen und nicht zuletzt der logistischen Abwicklung. Man kann aber festhalten, dass mit Standardklebungen analog zur Standardfaltschachtel sehr vielseitige Konstruktionen und Shapes realisiert werden können. Es ist vielen Entscheidern bei unseren Kunden nicht bewusst, dass eine kleine Werkzeugänderung eine Standardfaltschachtel bereits ungewöhnlich aufwerten kann. Beispielsweise kann eine von vier Rillkanten durch eine ellipsenförmige Fläche ersetzt werden, ohne den Produktionsprozess maßgeblich zu beeinflussen. Das Ganze funktioniert weiter gedacht auch noch diagonal und kann mittels Hilfsrillern an den Seitenflächen zu einer komplett runden Erscheinung getrimmt werden. Hier erreicht man dann bei einer flach vorgeklebten Standardfaltschachtel eine Optik, die in ihrer Form nur von vollständig abgerundeten Tetra-Paks bekannt ist.

neue verpackung: „Lohnt es sich“, solche fast spielerischen Verpackungen herzustellen – auch hinsichtlich des Kostenfaktors?
Philipp Eißner: Gute Promotions lohnen sich immer. Meistens sind diese sehr ausgeklügelt, individuell und nicht von der Stange. Wenn der Preis aber dennoch ausschlaggebend ist, dann hat es sich für uns in der Vergangenheit oftmals gelohnt, einen Standardartikel so zu modifizieren, dass er sich als Promotion oder Saisonverpackung einsetzen lässt. Je nach Druckmotiv oder gering veränderten Werkzeugen kann hier ein und dasselbe Format mehrmals in einer großen Bandbreite für die unterschiedlichsten Anlässe spezialisiert werden.

neue verpackung: Was könnte Ihrer Meinung nach ein neuer Trend bei der Verpackungsgestaltung werden oder zeichnet sich bereits ein neuer ab?
Philipp Eißner: Bei Faserstoffverpackungen zeichnet sich seit längerer Zeit schon ein gewisser Trend zum „Lightweight“ ab – zu niedrigen und leichten Grammaturen. Zudem hat die Innenseite von Graukarton nicht gerade die höchsten Beliebtheitswerte und es wird vermehrt auf „saubere“ Innenseiten Wert gelegt. Was das Thema Veredelungen und optische Features angeht, sehen wir hingegen einen klaren Trend zur unbedingten Diversifizierung. Allerdings spielt hier die gezielte Wahl von Effekten eine große Rolle. Das Motto „viel hilft viel“ ist also der absolut falsche Ansatz. Beim Thema spezielle Formgebung setzen sich mehr und mehr semiautomatische Sonderlösungen durch. Diese füllen eine wichtige Lücke zwischen komplett manuell konfektionierten und hoch effizient maschinell gefertigten Verpackungen. Solche Systeme werden oft als finanziell überschaubarer Testballon im Vorfeld einer vollautomatischen Lösung betrachtet, die häufig eine große Investition in sich birgt.

neue verpackung: Thema Lightweight: Was muss bei leichteren Grammaturen beachtet werden? Wo liegen Vor- und Nachteile?

Philipp Eißner: Lightweight ist derzeit ein wirklich spannendes Thema, dem auch wir sehr offen aber eben auch mit der nötigen Skepsis entgegentreten. Grundsätzlich können Sie bei Kunden oder Verbrauchern immer zu 100 Prozent punkten, wenn Sie eine Reduzierung der eingesetzten Verpackungsmaterialien erreichen oder die damit verbundene CO2-Einsparung proklamieren. Allerdings ist bei FMCG-Produkten die absolute Prozessstabilität und der geringe Ausschuss bei der Weiterverarbeitung nach wie vor das gewichtigste Kriterium. Hier ist also unbedingt darauf zu achten, dass die nötige Balance eingehalten wird und eine Materialreduzierung den Prozess nicht destabilisiert. Es ist eben immer eine Abwägung von Maschinenanforderungen und Umweltnutzen. Wenn man mit Lightweight 10 Prozent Materialeinsparung erzielt und gleichzeitig durch Ausschuss und Stabilitätsprobleme über 15 Prozent der Auflage verliert, liegt kein Vorteil mehr auf der Hand. Bei doppelwandigen Kon-struktionen mit Innenkragen oder anderen Wiederverschluss-Features haben wir mit Lightweight allerdings sehr gute Erfahrungen gemacht, weil wir die überproportionale Stabilität und Steifigkeit, die aufgrund mehrerer Materiallagen ensteht, „abbauen“ konnten.

neue verpackung: AR Carton entwickelt unter anderem Trays und Becher für den Lebensmittelbereich. Nach wie vor liegen To-go- und Convenience-Produkte im Trend. Woran arbeitet AR Carton in diesen Bereichen zurzeit?

Mit einem integrierten Kunststoffschieber kann die Verpackung einfach geöffnet und wiederverschlossen werden.
Mit einem integrierten Kunststoffschieber kann die Verpackung einfach geöffnet und wiederverschlossen werden. (Bild: AR Packaging)

Philipp Eißner: Der allgemeine Trend des On-the-go-Konsums und die gängigen Formen von Becherhaltern in Autos und an Fahrrädern stellen besondere Anforderungen an neue Verpackungskonzepte. Zurzeit arbeiten wir gemeinsam mit Stora Enso an einem sehr offenen, kreativen und flexiblen Projekt, bei dem wir nach neuen Becherkonzepten suchen, die auch für andere Produkte als Getränke verwendet werden können. Wir haben bislang zehn Becherformen mit unterschiedlichen Verschlussmechanismen und Formen entwickelt. Dazu zählen beispielsweise die Candy Cups, ein Verpackungskonzept für salzige und süße Snacks, Bonbons und Schokolade. Sie sind komplett aus erneuerbaren Rohstoffen gefertigt. Als Rohkarton haben wir Cupforma Special von Stora Enso gewählt. Auf der Innenseite ist er mit einer Bio-PE-Beschichtung auf Zuckerrohrbasis versehen, damit der Inhalt geschützt bleibt. Bedruckt werden die Becher dann im Offsetverfahren, was ein sehr gutes Druckbild zum Ergebnis hat.

neue verpackung: Laut einer Studie von  Mead Westvaco Corporation sind nur sieben Prozent der deutschen und britischen Verbraucher mit den marktüblichen Verpackungen völlig zufrieden. Auslaufschutz und die leichte Produktentnahme wurden mangelhaft bewertet. Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Philipp Eißner: Verbraucher sind im höchsten Maße kritisch und das ist natürlich auch gut so. Verpackte Lebensmittel verkörpern eine hohe Sensibilität und den Hang zum Misstrauen. Aber wer kann sich moderner Convenience-Produkte noch vollständig verweigern? Wir sind also gleichzeitig auch Getriebene unseres modernen Lebensstils. Der Verpackung wird damit einhergehend eine tragende Rolle und enorme Verantwortung zu Teil – sie ist schließlich die letzte Verbindung zwischen einem abstrakten Produkt und einem skeptischen Konsumenten. Sie muss gleichzeitig Emotionen wecken und befriedigen sowie hohe Sicherheit und Anwenderfreundlichkeit verkörpern. Dieser Spagat ist oft ganz schön groß. Dort wo er nicht gänzlich gelingt, entsteht Unbehagen und Skepsis. Die Kunst ist es, eine Verpackung an die exakten Bedürfnisse der entsprechenden Zielgruppe anzupassen. Handelt es sich um ein Produkt, das keinesfalls in Kinderhände gelangen oder absolut Tamper Evident sein soll – dann erwarte ich eine Öffnung über Zerstörung. Habe ich es aber mit einem Lifestyle- oder Convenience-Produkt zu tun, sollte ich genau wissen, worauf meine Zielgruppe Wert legt und womit ich Sie womöglich abschrecke. Ich sage also: Es gibt keine mangelhaften Verpackungen, sondern leider oftmals nur die falsche Verpackung für das richtige Produkt.

Für Sie entscheidend

Nestlé Schweden nutzt den Slider Pack als Verpackungslösung für ihre Babybrei-Produkte in Skandinavien...
Nestlé Schweden nutzt den Slider Pack als Verpackungslösung für ihre Babybrei-Produkte in Skandinavien... (Bild: AR Packaging)

Der Slider Pack als Beispiel für eine Easy-Opening-Verpackung
Neben Convenience-Produkten sind auch Easy-Opening-Produkte ein ständig aktuelles Thema. Besonders für Senioren sind leicht zu öffnende Verpackungen von Interesse. Der von AR Packaging entwickelte Slider Pack für trockene Lebensmittel bietet eine Erstöffnungshilfe und ist wiederverschließbar. 2013 zeichnete die Jury des Silver Pack Award den Slider Pack als intuitives Verpackungskonzept mit dem Titel „Höfliche Verpackung“ aus.

  • Nach Zurückschieben einer Kunststoffschiene kommt eine Lasche zum Vorschein, die der Verbraucher hochklappen und an einer Perforation abreißen kann. Er kann dann die Ausschüttöffnung nach vorne ziehen und den Inhalt entnehmen, zum Beispiel Müsli, Babynahrung oder Zucker. Zum Schließen klappt man die Ausschüttöffnung wieder ein und schiebt den Schieber in die Ausgangsposition zurück. Zwei runde Sichtfenster im Slider signalisieren dem Verbraucher durch die hinterlegten Farben Grün beziehungsweise Rot, ob die Packung offen oder geschlossen ist.
  • Der patentierte Slider Pack basiert auf der Technologie „Modified Atmosphere Packaging“. Der Liner der Verpackung kann auf Papier, PET- oder OPP entweder mit Aluminium oder einer EVOH-Folie als Barriere eingesetzt werden.

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