Ein Hologrammsiegel mit Void-Effekt bietet einen kundenindividuellen und zugleich sehr dekorativen Schutz vor Manipulation – der integrierte Void-Effekt kommt nach der Erstöffnung zum Vorschein.

Ein Hologrammsiegel mit Void-Effekt bietet einen kundenindividuellen und zugleich sehr dekorativen Schutz vor Manipulation – der integrierte Void-Effekt kommt nach der Erstöffnung zum Vorschein. (Bild: Schreiner)

Für kaum ein anderes Produkt, das den Endverbraucher beziehungsweise Patienten erreicht, sind die Vorschriften so vielfältig, wie für pharmazeutische Produkte. Bereits im Jahr 1970 trat in den USA der „Poisons Prevention Packaging Act" (PPPA) in Kraft, der eine kindersichere Verpackung für potenziell gesundheitsgefährdende Substanzen regelt. Ein signifikanter Rückgang von gemeldeten Todesfällen durch Einnahme von toxischen Haushaltsprodukten durch Kinder, einschließlich Medikamenten, konnte seitdem verzeichnet werden. In der EU regeln die Normen DIN EN ISO 8317 und DIN EN 14375 die Anforderungen, die an kindergesicherte Verpackungen gestellt werden. Umso überraschender ist die Situation, dass aktuell kaum eine Medikamentenverpackung manipulationssicher verschlossen wird. Mit der EU-Direktive 2001/62/EC, der sogenannten Falsified Medicine Directive (FMD), wollen Gesetzgeber und pharmazeutische Hersteller die Vertriebskette in Europa absichern. Seit dem 9. Februar 2016 gilt eine dreijährige Übergangsfrist, um die EU-Verordnung 2016/161 zur Fälschungssicherheit von Arzneimitteln umzusetzen. Der Rechtsakt aus Brüssel ergänzt die Fälschungsschutzrichtlinie 2011/62/ EU um technische und organisatorische Details zu den erforderlichen Sicherheitsmerkmalen. Jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel muss ab dem 9. Februar 2019 mit einer individuellen Seriennummer in Form eines 2-D-Codes (Data-Matrix) sowie einer Vorrichtung gegen Manipulationen der Verpackung versehen werden. Auch müssen Fertigarzneimittel, die von einem anderen Hersteller umverpackt werden, mit gleichwertigen Sicherheits- und Versiegelungsmerkmalen ausgestattet werden, die in gleicher Weise die Prüfung auf Echtheit und Unversehrtheit der äußeren Umhüllung erlauben wie das Ursprungsprodukt.

Was aber ist eine manipulationssichere Verpackung? Um Anforderungen festzulegen und Anleitungen zur Anbringung, Verwendung und Prüfung von Manipulationsschutzvorrichtungen an Arzneimittelverpackungen bereitzustellen, wurde ein Arbeitskreis im DIN-Normenausschuss Verpackung (NAVp) ins Leben gerufen. Das Ergebnis der Normenarbeit ist die EU-weit verbindliche CEN-Norm (DIN EN 16679:2014). Die Norm unterstützt damit die Anwendung der Richtlinie 2011/62/EU und dient pharmazeutischen Herstellen sowie entsprechenden Zulassungs- und Prüfinstituten zur Orientierung, um die Eignung von Versiegelungen zu prüfen. So soll verhindert werden, dass gefälschte Arzneimittel unbemerkt in die legale Lieferkette einfließen.

Eine manipulationssichere Verpackung muss folgende vier Anforderungen erfüllen:

  • Die manipulationssichere Versiegelung darf die Lesbarkeit der vorgeschriebenen Angaben nicht beeinträchtigen.
  • Der vorgeschriebene Verpackungstext muss nach dem Öffnen lesbar bleiben.
  • Das Anbringen von Merkmalen zur Überprüfung von Manipulationen kann zu einer Erhöhung der zum Öffnen der Verpackung erforderlichen körperlichen Kraft führen, darf jedoch die Handhabung und Öffnung nicht maßgeblich erschweren.
  • Die Verwendung von Öffnungshilfen, wie zum Beispiel speziellen Perforationen oder Anfasslaschen, kann erforderlich sein.

Die Überprüfung der Verpackung erfolgt über Großhändler, abgabeberechtigte Personen, wie den Apotheker oder die Krankenschwester, und andere informierte Personen. Diese werden befähigt, eine Sichtprüfung auf das Vorhandensein von Sicherheitsmerkmalen sowie von Manipulationen durchzuführen. Die Norm beschreibt den Anwendungsbereich, die Anforderungen und Merkmale einer manipulationssicheren Pharmaverpackung und gibt konkrete Empfehlungen für eine entsprechende Versiegelung.

Beim erstmaligen Öffnen von Wiederverschluss-Etiketten wird ein Hinweis sichtbar – ein sogenannter Void-Effekt. Ein einfaches Wiederverschließen ist möglich – allerdings  ist die ausgelöste Botschaft weiterhin erkennbar. Dadurch wird die Erstöffnung nach dem Wiederverschließen eindeutig und irreversibel angezeigt.
Beim erstmaligen Öffnen von Wiederverschluss-Etiketten wird ein Hinweis sichtbar – ein sogenannter Void-Effekt. Ein einfaches Wiederverschließen ist möglich – allerdings ist die ausgelöste Botschaft weiterhin erkennbar. Dadurch wird die Erstöffnung nach dem Wiederverschließen eindeutig und irreversibel angezeigt. (Bild: Schreiner)

Für die sichere Anzeige der Erstöffnung von Faltschachteln haben sich in der Praxis neben Klebepunkten und speziellen Faltschachtelkonstruktionen verschiedene Siegellösungen etabliert, die eine mögliche Manipulation eindeutig anzeigen.

Die selbstklebenden Erstöffnungsschutz-Siegel bieten eine ideale Kombination von Manipulations- und Fälschungsschutz samt einer Erhöhung der Stabilität des Faltschachtelverschlusses. Ein potenzielles Hersteller-Branding auf dem Siegel erhöht den Wiedererkennungseffekt und verbessert die Durchsetzung markenrechtlicher Schutzrechte. Die Etiketten müssen die Unversehrtheit des versiegelten Verpackungsbestandteils sicherstellen. Als Nachweis der Überprüfung auf Manipulation muss das Öffnen der Verpackung zu einer sichtbaren, irreversiblen Beschädigung oder Veränderung der Verpackung und des Siegels führen. Verschiedene mögliche Manipulationsanzeigen (unter anderem Materialzerstörung Siegel, Materialzerstörung Karton, Void-Effekt) werden hier nochmals exemplarisch erläutert:

Durchschneide-Indikator-Siegel: Damit auch das Durchschneiden und anschließende Verkleben eines Siegels nicht unerkannt bleiben, gibt es Verschlussetiketten mit unregelmäßigen Stanzgeometrien und Schutzlacken, auf deren Oberfläche ein neues Label nicht haften bleibt. Durch eine integrierte Durchschneideanzeige wird auch eine Erstöffnung mittels Messer oder Schere deutlich angezeigt: Wird das Siegel durchtrennt, stellen sich Zacken auf oder farbige Teile des Siegels werden herausgelöst, die so eine Erstöffnung anzeigen und ein unbemerktes Überkleben verhindern.

Beim Entfernen des Verschlusssiegels mit integriertem Faserrisseffekt wird durch den optimal auf das Material abgestimmten Klebstoff die Kartonagenoberflache irreversibel zerstört.
Beim Entfernen des Verschlusssiegels mit integriertem Faserrisseffekt wird durch den optimal auf das Material abgestimmten Klebstoff die Kartonagenoberflache irreversibel zerstört. (Bild: Schreiner)

Faserriss-Siegel: Verbreitet sind transparente Siegel, die die variable Beschriftung der Verpackungslaschen mit Chargennummer und Verfallsdatum nicht verdecken. In der Praxis haben sich Lösungen etabliert, die aufgrund ihrer hohen Klebkraft bei einer Manipulation zu einem Ausreißen der Papierfasern führen oder im Fall von stark lackierten Faltschachteloberflächen zu einer „Selbstzerstörung" des Etiketts.

Siegel mit Void-Effekt: Void-Siegel hinterlassen einen Warnschriftzug, ein Firmenlogo oder ein Muster, welche über den integrierten partiellen Abweisungsgrad von Folie und Klebstoff unsichtbar und kundenindividuell in die Sicherheitsetiketten integriert werden können. Eine klebstofffreie Anfasslasche erleichtert das Öffnen der Verpackung und ermöglicht auch das Wiederverschließen der Schachtel oder des Wallets. Sogenannte Wiederverschluss-Etiketten versiegeln Medizinverpackungen zuverlässig und ermöglichen ein mehrfaches Öffnen und Verschließen. Die Erstöffnung wird durch eine Botschaft signalisiert, die aus einer einheitlichen Farbfläche herausgelöst wird. Dadurch wird jeder Öffnungsversuch eindeutig angezeigt. Selbst bei exaktem Wiederverschließen des Siegels bleibt die ausgelöste Botschaft deutlich sichtbar.

Wird das Durchschneide-Indikator-Siegel mit einem Messer durchtrennt, werden farbige Teile des Siegels herausgelöst. Ein unbemerktes Überkleben nach Manipulation ist nicht möglich.
Wird das Durchschneide-Indikator-Siegel mit einem Messer durchtrennt, werden farbige Teile des Siegels herausgelöst. Ein unbemerktes Überkleben nach Manipulation ist nicht möglich. (Bild: Schreiner)

Die beschriebenen Verschlussvarianten werden durch die Norm DIN EN 16679:2014 empfohlen und machen ein unbemerktes Wiederverschließen unmöglich.

Weitere Manipulationsschutzvorrichtungen, wie eine Folienumhüllung (Zellophanierung), Blister, Manschetten und Sleeves, spielen heute in der Sekundärverpackung von Arzneimitteln nur eine untergeordnete Rolle.

Der Herausforderung, Pharmaverpackungen sicherer zu gestalten, treten die Hersteller mit erprobten Technologien entgegen. Der Qualifizierungs- und Implementierungsprozess ist jedoch nicht zu unterschätzen. Neben dem etablierten Know-how, wie bei der Produktentwicklung und der Einkaufslogistik, sind die hohen Qualitätskriterien der „Good Manufacturing Practise" (GMP) zu berücksichtigen. Nun kommen neue Sicherheitsanforderungen hinzu: Sind Fragen zur Sicherheitsfertigung und -lagerung sowie Distribution geklärt? Sind Anforderungen an Geheimhaltung und Freigabeprozess etabliert? Manipulations- und Fälschungsschutz fordern das Sicherheitsmanagement bis ins Detail und erfordern ein strategisches Vorgehen aller involvierten Stakeholder. Da die Übergangsfrist nur bis Februar 2019 läuft, sollten sich die Hersteller und Verpacker von Humanmedizin nun zeitnah mit den neuen Anforderungen an ihre Verpackungslinien und Lieferanten auseinandersetzen.

Für Sie entscheidend

Falsified Medicine Directive und Verschlusssiegel
Bis zum 9. Februar 2019 müssen Pharmahersteller die EU-Direktive 2001/62/EU, die sogenannten Falsified Medicine Directive, umsetzen. Verschlusssiegel verhindern gemäß der Norm EN 16679:2014 „Packaging – Tamper Verification Features for Medicinal Product Packaging" den unbemerkten Austausch von Arzneimitteln oder eine Manipulation anderer Art. Für die sichere Anzeige der Erstöffnung und Manipulation von Faltschachteln haben sich in der Praxis verschiedene Siegellösungen etabliert.

 

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