10692.jpg

Die Hochdruckbehandlung (High Pressure Processing, HPP) von verpackten Lebensmitteln gilt weltweit als eine der vielversprechendsten Technologien, um schädliche Keime auf Fleisch- und Geflügelprodukten, Fertiggerichten sowie anderen Lebensmitteln zu reduzieren. Damit lässt sich die Haltbarkeit und Sicherheit der Lebensmittel ohne den Einsatz von Hitze oder Konservierungsstoffen verbessern, was für Hersteller und Verbraucher gleichermaßen Vorteile hat. Dabei bleiben der ursprüngliche Nahrungswert und der Geschmack bei der Hochdruckbehandlung nahezu vollständig erhalten.

Druck vergleichbar mit Meerestiefe von 60 Kilometern
Bei der Hochdruckbehandlung wird ein verpacktes Lebensmittel in einem speziellen Behälter (Autoklav) ausreichend lang einem hohen Druck von bis zu 6.000 bar ausgesetzt. Die Anlagen bestehen üblicherweise aus einer Druckkammer, einem Beladesystem mit sogenannten Beladekörben, Hochdruckpumpen, einem Wasserkreislauf sowie einem Steuerungssystem mit intelligenter Sensorik.
Die zu behandelnden Produkte werden in den Beladekorb gelegt. Dieser wird dann in die Druckkammer eingefahren. Anschließend wird die Kammer geschlossen und mit Wasser befüllt. Durch die Pumpen wird in der Kammer ein Druck von circa 600 Millionen Pascal (= 6.000 bar) erzeugt. „Dies entspricht theoretisch dem Druck, der sechzig Kilometer unter der Meeresoberfläche herrschen würde, wenn es einen so tiefen Ozean gäbe", veranschaulicht Tobias Richter, Produktmanager im Geschäftsbereich Systeme und verantwortlich für Hochdruckbehandlungsanlagen bei Multivac. Nach Ablauf einer festgelegten Haltezeit - diese kann von vierzig Sekunden bis zu drei Minuten variieren - wird die Druckkammer entspannt und entleert und die Beladekörbe aus der Kammer gefahren. Damit ist der Zyklus beendet.

Herkömmliche Prozessführung schädigte MAP-Packungen
Mit den am Markt verfügbaren Lösungen war es bislang allerdings nicht möglich, Schutzgasverpackungen mit Hochdruck zu behandeln. Deshalb reduzierte sich der Anwendungsbereich dieser innovativen Behandlungstechnologie weitestgehend auf vakuumverpackte Lebensmittel. Durch die herkömmliche Prozessführung wurde das Verpackungsmaterial bei Schutzgasverpackungen oft beschädigt: Bei mehrschichtigen Packstoffen kam es beispielsweise zu unerwünschten Ablösungen einzelner Schichten (Delaminierung); bei Folien traten Knickbrüche oder Verformungen auf. Da schon Mikrodefekte zu einer Reduzierung der Barrierefunktion des Verpackungsmaterials führen, kann Sauerstoff in die Packung eindringen. „Diese Schäden sind unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Schadensursachen und die unter Hochdruck ablaufenden Mechanismen bislang nicht ausreichend bekannt waren", erläutert Multivac-Spezialist Richter.

Multivac hat sich dieser Herausforderung gestellt. Basierend auf dem verfügbaren Wissen im Bereich der Hochdruckbehandlung von Vakuumverpackungen und auf seinem fundierten Verpackungs- und Material-Know-how hat der Allgäuer Verpackungsspezialist zusammen mit der ThyssenKrupp-Tochter Uhde High Pressure Technologies GmbH in Hagen ein Konzept zur HPP-Behandlung von MAP-Verpackungen entwickelt und hierzu mehrere Patente angemeldet. Hierbei ist eine durchgängige Verpackungslösung entstanden, die aus den drei Säulen Verpackungstechnologie, Verpackungskonzept (Form und Material) und Prozessführung besteht.

Kontrollierter Druckauf- und abbau
Multivac hat die Prozessführung auf eine optimale Kombination aus Packgut, Verpackungsmaterial und Verpackungskonzept, d. h. Verpackungsform abgestimmt. „Mit Hilfe so genannter Verhaltemomente schaffen wir kurze Ruhepausen, in denen sich das Polymer regenerieren kann. Auf diese Weise wird das Verpackungsmaterial wesentlich geringer beansprucht und behält auch nach der Hochdruckbehandlung seine Funktionalität. Zugleich kontrollieren und regeln wir die Prozessparameter kontinuierlich", sagt Tobias Richter. So ist auch die stufenlose Regelung der Druckentspannungsraten Bestandteil einer Patentanmeldung. Die Parameter für die unterschiedlichen Produkte und Verpackungen werden in der Steuerung der Hochdruckanlage hinterlegt.

„Die geregelte Prozessführung für MAP-Packungen führt unterm Strich zwar zu einer minimalen Verlängerung der Zykluszeiten; die großen Vorteile der HPP-behandelten MAP-Verpackungen und der hohe Durchsatz der Multivac HPP Anlagen wiegen dies allerdings wieder auf. So lassen sich am Markt oftmals höhere Preise für optisch attraktive Produkte mit längeren Haltbarkeiten erzielen", sagt Richter.

Bisher wurde der HPP-Prozess losgelöst vom Verpackungsprozess (offline) durchgeführt. Multivac bietet die Möglichkeit, diesen Prozess in eine automatisierte Verpackungslinie zu integrieren. Hierfür hat der Verpackungsspezialist unter anderem Beladekörbe und Transportkonzepte entwickelt und zum Patent angemeldet, die durch den Einsatz von Handhabungsmodulen automatisch beladen werden können. Damit lässt sich erstmals ein quasi-kontinuierlicher Produktfluss verwirklichen.

Hochdruckstabile MAP-Packungskonzepte
In der Zwischenzeit wurde darüber hinaus wissenschaftlich belegt, dass die Hochdruckbehandlung von Verpackungen mit modifizierter Atmosphäre bei einer Reihe von Lebensmitteln zu Synergien bezüglich der Inaktivierung von Keimen, wie zum Beispiel Salmonellen oder Listerien, führt. „Damit wurde gezeigt, dass durch den Einsatz von HPP bei MAP-Verpackungen die Lebensmittelsicherheit und der Verbraucherschutz nochmals deutlich erhöht werden kann", betont Richter.

Als führender Hersteller von Tiefziehverpackungsmaschinen hat Multivac eine langjährige Erfahrung in der Herstellung von Verpackungen mit modifizierter Atmosphäre (MAP) und hat jetzt auch hochdruckstabile MAP-Packungskonzepte entwickelt. MAP-Verpackungen erhöhen die Haltbarkeit der verpackten Produkte, verbessern die Convenience für den Verbraucher und steigern die Attraktivität der Produkte. Durch eine individuelle Packungsgestaltung bieten sie deutlich mehr Möglichkeiten zur Differenzierung der Produkte am Markt.

Gerade die Verpackungsgestaltung ist ein wichtiger Ansatzpunkt, um einen höchstmöglichen Maschinendurchsatz zu erzielen. „Da die Hochdruckbehälter aus Gründen der optimalen Spannungsverteilung rund sein müssen, ist die Beladung der Behälter mit eckigen Packungen oft eine Herausforderung", verrät Tobias Richter. Eine möglichst intelligente Raumausnutzung in den Behältern sei deshalb eine bedeutende Optimierungsgröße, um den Raum in den Autoklaven möglichst intelligent auszunutzen und damit die Behandlungskosten pro Packung drastisch zu senken.

Bei günstiger Formgebung ist es möglich, zwei bis vier Tonnen verpackte Lebensmittel pro Stunde in der Hochdruckanlage zu behandeln, die Multivac gemeinsam mit Uhde High Pressure Technologies für Verpackungslinien entwickelt hat. Multivac und Uhde High Pressure Technologies haben hierfür Testkapazitäten aufgebaut und können Kunden bei ihrem Verpackungskonzept individuell beraten.

HPP stark im Kommen
Die Verlängerung der Haltbarkeit eines Produktes ist sowohl vom Ausgangsprodukt als auch vom Verpackungskonzept und der Prozessführung abhängig. Das von Multivac entwickelte Konzept zur HPP-Behandlung von MAP-Verpackungen ist u. a. deshalb wegweisend, weil diesem eine ganzheitliche Betrachtung der Verpackungslösung zugrunde liegt (Produkt, Material, Verpackungsdesign und HPP-Prozess).

Die Reproduzierbarkeit der Prozessführung wird durch das Anlagenkonzept gewährleistet. Multivac unterstützt seine Kunden in Zusammenarbeit mit deutschen akkreditierten Prüfinstituten bei der Bestimmung der optimalen HPP-Prozessparameter und der hieraus resultierenden Inaktivierungsraten für die unterschiedlichen Lebensmittel.

Obgleich die Hochdruckbehandlung von Lebensmitteln seit Jahren praktiziert wird, erlebt sie seit 2010 in den USA, Europa und Asien einen wahren Boom. Gründe sind u. a. die gestiegenen Wünsche der Verbraucher nach natürlichen und sicheren Lebensmitteln und diverse politische Initiativen zum Verbraucherschutz.

In Deutschland fördert das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz den Einsatz von Hochdrucktechnologie in der Lebensmittelerzeugung. „Viele Verbraucher sind aufgrund ihrer Lebensumstände auf Lebensmittel angewiesen, die länger haltbar sind. Gleichzeitig stellen sie hohe Anforderungen an die Qualität der Waren. Um dies zu gewährleisten benötigen wir hochwertige Verpackungen", sagte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner anlässlich der Übergabe eines Zuwendungsbescheids im Dezember 2009 in Berlin. „Oberstes Gebot ist die Sicherheit der Verbraucher, um gesundheitliche Gefährdungen durch mikrobiologische Kontaminationen bei Lebensmitteln auszuschließen. Dafür brauchen wir moderne Technologien", betonte Aigner.

Über Multivac

Spitzentechnik aus dem Allgäu
Multivac ist nach eigenen Angaben einer der weltweit führenden Anbieter von Verpackungslösungen: globaler Marktführer bei Tiefzieh-Verpackungsmaschinen und Hersteller eines umfangreichen Portfolios an Traysealern, Vakuum-Kammermaschinen, Kammerbandmaschinen, Etikettierern, Qualitätskontrollsystemen und Automatisierungslösungen, bis hin zu schlüsselfertigen Linien.

Die Multivac Gruppe beschäftigt weltweit über 3.000 Mitarbeiter, am Hauptsitz in Wolfertschwenden sind etwa 1.300 Mitarbeiter beschäftigt. Mit mehr als 60 Tochtergesellschaften ist das Unternehmen auf allen Kontinenten vertreten. Über 800 Berater und Service-Techniker in aller Welt stellen ihr Know-how und ihre Erfahrung in den Dienst des Kunden und sorgen für eine maximale Verfügbarkeit aller installierten Multivac Maschinen.

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Multivac Sepp Haggenmüller SE & Co.KG

Bahnhofstr. 4
87787 Wolfertschwenden
Germany