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Lassen Sie mich ein paar Behauptungen aufstellen: Sommerlöcher müssen gefüllt werden.
Themen, die eigentlich gar nicht so groß aufgehängt gehören, müssen dann herhalten und sorgen für Arbeit in Ministerien, bei Lobbyisten und Juristen. Aktuell ist der Fachverband Faltschachtel-Industrie (kurz FFI), Frankfurt, seit zwei Jahren mit einem - meiner Meinung nach - „Sommerlochthema" beschäftigt. Christian Schiffers, FFI Geschäftsführer, sagt: „Der über Jahre eher überschaubare Aufwand des FFI bei der Interessenvermittlung zu Themenkomplexen wie etwa DiBP, Blindenschrift, Nachhaltigkeit und Carbon Footprint veränderte sich dramatisch mit der seit 2009/2010 stetig wachsenden Diskussion um die Faltschachtel als Lebensmittelbedarfsgegenstand, nachdem geringe Mengen des Photoinitiators 4MBP und Spuren von Mineralölen in verschiedenen Lebensmittel gefunden wurden."

Was war passiert: Im April 2010 stellt das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMLEV) die Faltschachtel als sichere und ökologisch vorteilhafte Verpackung für Lebensmittel in Frage.
Untersuchungen aus der Schweiz zeigen damals, dass Recyclingkartons hohe Mineralölanteile enthalten können. Ursprung der Mineralöle sind Druckfarben, wie sie üblicherweise im Zeitungsdruck verwendet werden. Werden Lebensmittel wie zum Beispiel Reis in derartige Kartons verpackt, können Mineralöle aus dem Karton in das Lebensmittel übergehen. Wegen des hohen Anteils an Mineralölfraktionen mit kürzerkettigen und aromatischen Kohlenwasserstoffen sind derartige Kontaminationen von Lebensmitteln unerwünscht. Kürzerkettige Kohlenwasserstoffe werden vom Körper leicht aufgenommen, so dass bei häufigerem Verzehr derart belasteter Lebensmittel die toxikologischen Grenzwerte überschritten werden können, meldet das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Der schwarze Peter liegt nun bei der Faltschachtelindustrie.
Das BfR empfiehlt Verwendungsbeschränkungen für Recyclingpapiere (dabei sollen wir uns doch alle nachhaltig verhalten!), Ausschluss des direkten Kontaktes von Recyclingpapier und -karton mit trockenen Lebensmitteln mit großer spezifischer Oberfläche durch die Verwendung von Frischfasererzeugnissen und die Verwendung von Innenbeuteln (z. B. PET-Folien) mit Barrierewirkung. Aber: Dabei sei zu beachten, dass wasserdampfundurchlässige Folien zu einem erhöhten Keimwachstum im Lebensmittel führen können. Die Faltschachtel-Industrie reagiert sofort. Ein Unternehmen nach dem anderen setzt ausschließlich migrationsunbedenkliche Farben beim Bedrucken der Schachteln ein, M-Real, der große finnische Produzent, stellt inzwischen sogar nur noch Karton aus Frischfaser her. Dennoch pocht das BMLEV, das Ministerium der CSU-Frau Ilse Eigner auf massive regulative Maßnahmen. Der FFI kritisiert den Referentenentwurf zur Verordnung, weil der sich nur auf den unmittelbaren Übergang von Mineralölen aus der Verpackung stürzt, ohne die anderen Quellen, die zu einer Vorbelastung von Lebensmitteln führen, zu berücksichtigen. Zudem nennt der Referentenentwurf zur Mineralölverordnung zwar Grenzwerte, die zu ihrer Bestimmung notwendigen Analysemethoden fehlen jedoch. Verbraucherschutzpolitik nennt sich das, was Unternehmen der Faltschachtel-Industrie in den Ruin bringen kann. Im Gegensatz zu den lieben Bankenvertretern haben die FFI-Mitglieder ein Problem gelöst, das sie nur bedingt mitverschuldet haben. Trotzdem werden sie weiter von der Politik beschäftigt, obwohl sie Wichtigeres zu tun hätten.

 

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