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Die deutsche Druckmaschinenindustrie kommt einfach nicht mehr aus dem tiefen Tal heraus. Während sich die Politiker in Berlin für das neue Jobwunder in Deutschland abklatschen lassen, spielt manroland derzeit nur auf Augenhöhe mit dem Karlsruher SC. Das Geld fehlt, gewaltige Einschnitte stehen bevor. Und auch das Aushängeschild und einstige Bayern München dieser Branche, die Heidelberger Druckmaschinen AG, ist derzeit wie der Hamburger SV nur im Mittelfeld der Tabelle anzutreffen. Doch woran liegt es? Warum bekommen Karlsruher und Hamburger die sicherlich vorhandenen PS nicht auf den grünen Rasen?

Überspannt, einfach nur überspannt, haben die Verantwortlichen in den Klubs. Erwartungen wurden geweckt, sie konnten aber nicht erfüllt werden, weil der Druck kein gutes Spiel mehr zulässt. Das ist die schlichte Diagnose, die nach sorgfältiger Anamnese getroffen werden muss. Auf die Druckbranche trifft das irgendwie auch zu. „Die deutschen Druckmaschinenhersteller haben ihren eigenen Markt zerstört. Ohne Rücksicht auf das Marktwachstum ihrer Kunden, haben sie immer mehr produktivere Druckmaschinen verkauft und sie dann mit ihren Überkapazitäten allein gelassen", sagt Michael Apenberg, Geschäftsführer bei Apenberg + Partner in unserem Drei-Fragen-Interview auf Seite 6. Nun, dem wird wohl kein Branchenkenner widersprechen. Was Apenberg von sich gibt, trifft auf die gesamte deutsche Druckmaschinenbranche zu. Citius, altius, fortius: Pierre de Coubertin hätte als Begründer der olympischen Spiele seinen Spaß an Heidelberg, manroland und Koenig & Bauer gehabt. Der Fußballtrainer Lucien Favre nicht. Dieser Stratege hätte analysiert, gewartet, Entwicklungen beobachtet, gedeutet und dann entschieden. In Mönchengladbach hat er die Borussen völlig neu ausgerichtet und zu neuen Höhen geführt. Der Schweizer hat mit Geschick das bestehende Personal so aufgestellt, dass aus potentiellen Absteigern ein möglicher Meister wurde. Den deutschen Druckmaschinenherstellern fehlt jedoch bis heute eine Strategie.

Ganz besonders fehlte der Weitblick aber dem Konzernchef Gerd Finkbeiner bei manroland. Obwohl das Unternehmen in Offenbach den Namen der ersten dort gefertigten Bogenoffsetmaschine „Roland" trägt, hatte Finkbeiner mehr Gefallen an Rollenmaschinen. Und Finkbeiner war es auch, der weder die Fusion mit dem Branchenprimus Heidelberg noch die im Sommer 2010 angebotene Liaison mit Koenig & Bauer unter Dach und Fach bringen konnte. Die FAZ nennt ihn in einem Kommentar deshalb auch einen „Looser".

Dabei sind die Chancen für den Bogenoffsetbereich doch nicht mal so schlecht. Während die Rolle, der Zeitungsdruck, im knallharten Wettbewerb mit dem viel schnelleren Nachrichtenkanal Internet und den dortigen Kleinanzeigenmärkten steht, gibt es für die Bogensparte einen Silberstreif am Horizont. Packmittel - und immer öfter auch Werbebroschüren - werden hochveredelt hergestellt. Dieser Markt wächst quantitativ und auch qualitativ rund um den Globus. Allerdings lauert hier nicht mehr nur bei Kleinstauflagen der stets besser werdende Digitaldruck als beinharte Konkurrenz. Digital ist crossmedial und genau hier müssen die Druckmaschinenhersteller auch beim Bogenoffset ansetzen. Wie gelingt es mit dieser Technologie den Weg in die digitale Welt mitzugehen, wo können neue Märkte aufgetan werden? Spannende Fragen, die schon bald auch auf der Drupa in Düsseldorf erste Antworten erfahren werden. Spannend bleibt es auch, die nächsten Züge bei manroland und Heidelberg zu beobachten: Ob es beiden gelingt, endlich der selbstgestrickten Abseitsfalle zu entgehen?

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