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Fujifilm Anwenderforum Lebensmittelverpackungen 2011 | Mit dem sukzessiven Inkrafttreten neuer gesetzlicher Auflagen wird die rechtliche Situation in der Herstellung von Verpackungen für den
Lebensmittelsektor zunehmend komplexer. Die Konsequenzen für Verpackungsdruckereien liegen auf der Hand: Sie müssen mehr denn je auf Nummer sicher gehen. Wie sie das tun können, stand im Fokus des Anwenderforums Lebensmittelverpackungen von Fujifilm in Düsseldorf.

Seit der ersten Veranstaltung des Unternehmens zu dieser Thematik im Mai 2010 wurde die Rechtsprechung insbesondere im Hinblick auf Kunststoffe entscheidend geändert: So gilt seit 1. Mai 2011 in Teilen die neue Verordnung (EU) Nr. 10/2011 der Kommission über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen (Plastic Implementation Measure PIM). „Unternehmen, die Kunststoffe verarbeiten oder verwenden, müssen prüfen, ob ihre Produkte auch nach der neuen Verordnung rechtskonform sind", legte Johann Zauner, Head of Environment & Compliance Corporate Division bei der Fujifilm Europe GmbH, in seiner einführenden Präsentation zu den aktuellen rechtlichen Veränderungen und den Gesetzgebungsvorhaben den Finger in die Wunde.

Unter anderem bezieht die neue Kunststoff-Verordnung auch so genannte Multimaterial-Mehrschichtmaterialien ein. Die Rede ist hier von Materialien oder Produkten, die aus zwei oder mehr Schichten verschiedener Materialien bestehen, davon mindestens eine Schicht aus Kunststoff. Zudem limitiert die neue Verordnung den Einsatz verschiedener Stoffe hinter funktionalen Barrieren. Stoffe in Nanoform dürfen nur eingesetzt werden, sofern sie von der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA ausdrücklich als sicher eingestuft und in der Gemeinschaftsliste im Anhang der neuen Kunststoffverordnung ausdrücklich in Nanoform aufgeführt sind.

Neue Verordnung für Druckfarben und Lacke in Arbeit

Während die Verordnung (EU) Nr. 10/2011 europaweite Gültigkeit besitzt, wird hierzulande derzeit die 21. Verordnung zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung erarbeitet. Sie ist auch unter dem Begriff Druckfarbenverordnung bekannt und wird die nächste große Veränderung in der Gesetzgebung rund um die Herstellung von Lebensmittelverpackungen sein. Das allerdings nur auf nationaler Ebene, da von Brüssel aus bislang keine Verordnung für Druckfarben und Lacke auf den Weg gebracht worden ist. Die genauen Inhalte der Druckfarbenverordnung sind noch nicht bekannt. Doch soviel ist sicher: Sie wird eine extreme Limitierung von der stofflichen Seite her mit sich bringen.

In den Präsentationen des Anwenderforums wurde alsbald deutlich: Die jüngst in Kraft getretene Verordnung PIM und der jüngste Entwurf der Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung weisen eine ganze Reihe von Mankos auf. Zauner: „Die Verordnung (EU) Nr. 10/2011 sagt in verschiedenen Bereichen nicht klar aus, was zu machen ist."

Weitgehend ungeklärt ist etwa die Lage bei den so genannten Non Intentionally Added Substances (NIAS). Die Rede ist hier von allen Stoffen, die unbewusst bzw. unbeabsichtigt in den Vorprodukten, aus denen Verpackungen für den Lebensmittelsektor hergestellt werden bzw. in den im Produktionsprozess eingesetzten Hilfsmitteln enthalten sein können. Für Formulierer stellen aber gerade diese Stoffe - und nicht die beabsichtigt zugegebenen Substanzen - ein Problem dar, das selbst bei Einhaltung der Good Manufacturing Practice (GMP) nicht einfach in den Griff zu bekommen ist.

Beispielsweise deckt die Druckfarbenverordnung neben den Druckfarben auch Lacke und Feuchtmittel ab, Fehlanzeige dagegen bei Druckhilfsmitteln wie zum Beispiel Waschmitteln. Diese basieren in aller Regel auf Kohlenwasserstoffen, die wiederum grundsätzlich nicht mit Lebensmitteln in Berührung kommen dürfen. Damit stellt sich die Frage, ob Verschleppungen bei Waschvorgängen per se auszuschließen sind. Dieter Zang, Technical & Marketing Manager Pressroom Chemicals bei der Fujifilm Europe NV, zog die logische Schlussfolgerung: „Die Gute Herstellungspraxis muss in allen Prozessschritten sowie bei der Produktion aller Komponenten und Hilfsmittel, die bei der Produktion von Verpackungen für den Food-Sektor eingesetzt werden, den Ausschlag geben."

Die gesamte Zulieferindustrie müsse sich im Hinblick auf die NIAS auf ein gemeinsames Vorgehen einigen und sich von der Vielzahl unterschiedlicher Zertifikate verabschieden, die im Markt kursieren. Zauner: „Diese Zertifikate bringen nur Scheinsicherheit. Schon gar nicht mag ich das Wort Unbedenklichkeitserklärung." Vor diesem Hintergrund will zum Beispiel der europäische Verband Imaging & Printing (I&P Europe) in Zusammenarbeit mit dem Testinstitut FABES Forschungs-GmbH aus München untersuchen, ob bei sachgerechtem Einsatz von Waschmitteln in Migrationstests noch unerwünschte Substanzen nachgewiesen werden können. Die Industrie soll anschließend mit einer übergreifenden Erklärung arbeiten, nach der bei beschriebenen Produkten und bei beschriebener Anwendung ein Grenzwert von 10 ppb (10 µg /kg Lebensmittel oder ein Teil auf 1 Mrd. Teile) nicht überschritten wird.

„Spannend ist die Frage, ob die nationale Gesetzgebung bei den unklaren Punkten schlussendlich doch mehr Klarheit bringen wird", so Zauner. In diesem Zusammenhang warte man auf die zweite Runde der Anhörungsbesprechungen im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, um auf die bisherigen Unwägbarkeiten des aktuellen Gesetzgebungsvorhabens hinweisen zu können. Letztlich seien aber europäische Verordnungen gefragt.

Zwar enthält die Verordnung (EU) Nr. 10/2011 keine Vorgaben für die Prüfung direkter Kontakte von Lebensmitteln mit Lacken, dennoch hat sie weit reichende Konsequenzen für den Prozess der Migrationsprüfung, also der Simulation von Kontakten mit Lebensmitteln unter definierten Bedingungen. Hier gilt ab 1. Januar 2016 ausschließlich nur noch Artikel 18 dieser Verordnung, der die Bedingungen sowohl im Hinblick auf die bislang eingesetzten Simulanzien als auch auf die vorgeschriebene Dauer und Temperatur der Prüfungen drastisch verschärft.

Schon mit den Veränderungen bei den Simulanzien sei sein Institut wenig glücklich. Doch die „extrem harten Prüfbedingungen im Hinblick auf die Temperatur entsprechen nicht der Realität. Manche Produkte werden regelrecht zerprüft", kritisierte Dr. Alexander Kalisch, Projektleiter bei FABES, die Vorstellungen des Gesetzgebers. Bei Verbundstoffen decke die PIM wiederum nur die enthaltenen Kunststoffschichten, nicht aber den gesamten Verbundstoff ab. „Die migrierenden Stoffe tragen aber keine Fähnchen ‚ich komme aus dem Karton' oder ‚ich komme aus dem Kunststoff'", so Kalisch.

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