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(Bild: Bosch Packaging Technology)

neue verpackung: Herr Pichler, welche Herausforderungen stellt der Markt an die Hersteller und welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für den Produktionsprozess?

Roland Pichler: Zu den größten Herausforderungen zählt natürlich der zunehmende Wettbewerb und damit im Zusammenhang stehender Kostendruck. Jedes Unternehmen strebt danach maximale Gewinne mit minimalem Aufwand zu erzielen. Eine steigende Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Produkten erfordert von den Herstellern diese nicht nur schnell zu liefern, sondern gleichzeitig die Produktionskosten möglichst gering zu halten. Daher ist es für Hersteller wichtig, die Effizienz und Produktivität ihrer Maschinen laufend zu steigern. Diese Zielsetzung können sie beispielsweise durch die Verringerung von Stillstandzeiten und die Minimierung von Materialverschwendung erreichen. Eine weitere wichtige Herausforderung sind knappe Ressourcen. Der zentrale Ansatzpunkt ist der optimale Ressourceneinsatz. Dabei geht das Handlungsfeld über die Optimierung der Maschinenverfügbarkeit hinaus. Der gesamte Produktionsprozess muss reibungslos funktionieren um eine maximale Effektivität der gesamten Anlage erzielen zu können. Neben den Maschinen und Anlagen gilt es den Einsatz der Arbeitskräfte, Arbeitsabläufe und -strukturen sowie Arbeitsmittel zu analysieren und anschließend zu optimieren.

neue verpackung: Bei der Produktion zählt jede Minute, weshalb Strategien zur Effektivitätssteigerung höchste Priorität zukommt. Welche Rolle spielt dabei die OEE-Kennzahl?

Roland Pichler: Wichtig an der OEE-Beratung ist, dass das Vorgehen transparent und messbar ist. Die OEE-Kennzahl deckt diesen Aspekt ab. Sie dient der Identifikation der Linieneffizienz zu Beginn des Prozesses sowie der regelmäßigen Überprüfung der Zielerreichung.

Jeder Verlust in der Produktion ist für Hersteller teuer. Daher ist es unerlässlich, die genauen Ursachen von Leistungsverlusten zu kennen, um so eine maximale Effektivität der Anlage erzielen zu können. OEE steht für Overall Equipment Effectiveness, also Gesamtanlageneffektivität, und ist eine Leistungskennzahl, die das Verhältnis der tatsächlichen zur theoretischen Ausbringung unter Berücksichtigung der häufigsten Gründe für Produktivitätsverluste angibt.

Die Berechnung der Gesamtanlageneffektivität ist in Abbildung 1 zusammengefasst. Sie besteht aus drei Kategorien: Verfügbarkeit, Leistung und Qualität. In Prozentzahlen ausgedrückt dienen diese Faktoren als Vergleichswerte, mithilfe derer die umgesetzten Verbesserungsmaßnahmen verifiziert werden können.

neue verpackung: Sie haben die drei Kennzahlen Verfügbarkeit, Leistung und Qualität genannt, die in der OEE Berechnung ermittelt werden. Was sagen diese konkret über die Anlage aus?

Roland Pichler: Die Verfügbarkeit bezieht sich auf Maschinen und Arbeitskraft, die eine Produktion nach Zeitplan ermöglichen. Einfach gesagt: eine Maschine erzeugt nur Wert, wenn sie läuft. Egal ob Stillstandszeiten durch Mensch oder Maschine verursacht werden, sie kosten den Hersteller Geld. Die Kennzahl der Verfügbarkeit errechnet sich über den Vergleich der geplanten mit der realen Maschinenlaufzeit, beziehungsweise ergibt sich aus der Länge der ungeplanten Stillstandszeit der Maschine.
Der Effektivitätsverlust bezeichnet die Verschwendung von Ressourcen, die eintritt, wenn die Maschine nicht mit optimaler Geschwindigkeit läuft. Dabei wird die reale Maschinenlaufzeit mit der theoretisch nötigen Maschinenlaufzeit für die produzierte Menge verglichen, um die aktuelle Leistung der Anlage zu bestimmen. Damit sind beispielsweise auch Zeitverluste miterfasst, die beim Anfahren der Anlage nach einem Stillstand entstehen.

Die Qualität ist der dritte Faktor für die OEE-Berechnung. Mit diesem Faktor wird ermittelt, wie viele Produkte nicht den Qualitätsansprüchen entsprechen und daher aussortiert werden. Für den Hersteller bedeutet dies, dass zu viel Ausschuss oder eine Nachbearbeitung zusätzlich Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen.

Die drei Kennzahlen werden über einen längeren Zeitraum von circa vier Wochen erfasst und ausgewertet. Diese Phase wird auch als OEE-Audit bezeichnet und schafft die Grundlagen für eine anschließende OEE-Beratung. Sollte ein Hersteller keine eigene Datenerfassung besitzen, können externe Messgeräte genutzt werden.

neue verpackung: Wie genau funktioniert die OEE-Beratung? Gibt es ein bestimmtes Verfahren, das Anwendung findet?

Roland Pichler:
Der OEE-Beratung liegt ein strukturiertes Vorgehen zugrunde das sich in fünf Schritte unterteilen lassen kann (Abbildung 2). Im Rahmen eines Verbesserungsprojektes werden die folgenden Phasen durchlaufen: Planung und Vorbereitung, Entwicklung und Identifizierung, Datenerfassung, Analyse und Verbesserung sowie Überprüfung.

Diese fünf Schritte, die auch als „DMAIC" oder Six Sigma Methode bekannt sind, bilden das Kernelement unserer OEE-Beratung.

Als Einstieg in das Projekt wird in der Planungs- und Vorbereitungsphase die betriebsspezifische Problemstellung erfasst und in ein strukturiertes Verbesserungsprojekt überführt. Dazu werden in Zusammenarbeit mit dem Hersteller das Projektziel sowie das Projektteam festgelegt. Im Idealfall sind im Projektteam die Produkt- und Prozesskompetenz vom Hersteller sowie die Methoden- und Maschinenkompetenz vom OEE-Consultant vereint. In dieser Phase entsteht der Projektplan mit Meilensteinen die jeweils vom Management freigegeben werden.

Anschließend wird in der Entwicklungs-Phase anhand der OEE-Analyse und der vorhandenen Kennzahlen jede einzelne Maschine bewertet und mögliche Ursachen für die Verluste gesucht. Dies geschieht in einem Workshop, der gemeinsam im Team abgehalten wird. Die möglichen Ursachen werden dabei aufgelistet, nach Wahrscheinlichkeit bewertet und nach dem Pareto-Prinzip abgearbeitet.

In der Phase der Datenerfassung werden komplexe Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung mittels statistischer Analysenmethoden wie beispielsweise Hypothesentests überprüft, bevor sie in geeignete Maßnahmen- und Lösungsansätze überführt werden. Das heißt, komplexe Zusammenhänge mit mehreren Ursachen wie zum Beispiel Temperatur, Material und Produkt werden mithilfe der Statistik zuerst verifiziert, bevor man Maßnahmen oder Lösungen ergreift.

Auf Basis der Ergebnisse erarbeit der OEE-Consultant, in der Phase Analysieren und Verbessern, einen detaillierten Maßnahmenplan. Dieser zeigt die Ursachen der Effektivitätsverluste auf und beinhaltet Arbeitspakete mit welchen eine Verbesserung der Gesamtanlageneffektivität erreicht werden kann. Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden im Projektteam diskutiert, bewertet und vom Hersteller zur Umsetzung freigegeben.

neue verpackung: Wie stellen Sie denn sicher, dass ihre Maßnahmen nachhaltig den vom Hersteller gewünschten Erfolg bringen?

Roland Pichler: Da sprechen Sie einen sehr wichtigen Punkt an. Wichtig für die Nachhaltigkeit der Verbesserungsmaßnahmen ist die konsequente Überprüfung dieser mittels der OEE- Kennzahl. Das geschieht in der Phase 5, dem Review. Hier wird ersichtlich, ob die geplanten Ziele erreicht wurden und die Lösungen zur Verbesserung beigetragen haben. Es findet also ein Vorher-Nachher-Vergleich statt, der die erreichten Verbesserungen aufzeigt.

Da aber manche Verbesserungsmaßnahmen wie beispielsweise die Ausbildung und Weiterbildung erst viel später zum Erfolg beitragen, ist es wichtig, dem Hersteller geeignete Management-Werkzeuge, zum Beispiel Regelkarten, zur Verfügung zu stellen, die dem Hersteller zeigen wo er steht, beziehungsweise eine Entscheidungshilfe bieten um zu reagieren, bevor es zu Effizienzverlusten kommt.

Zudem führt die OEE-Messung und Beratung zu Erfahrungswerten, die auf andere Maschinen und auf zukünftige Projekte übertragen werden können. Damit wird ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess gestartet.

neue verpackung: Wie unterscheidet sich Boschs OEE-Beratung von dem Angebot anderer Anbieter?

Roland Pichler: Der OEE-Consulting Service von Bosch Packaging Technology bietet dem Kunden ein ganzheitliches Paket. Neben der OEE-Beratung im engeren Sinne werden auch Lösungskonzepte und deren Umsetzung angeboten. Mit diesem umfassenden Leistungsspektrum sind wir bislang der einzige Anbieter auf dem Markt. Im gesamten Beratungszeitraum befinden sich Bosch-Experten vor Ort, um dem Kunden bei der Effizienzsteigerung seiner Verpackungslinien zur Seite zu stehen. Mithilfe der gesammelten Daten können Bosch-Ingenieure Systemschwächen ermitteln und für jeden Kunden individuelle Verbesserungsmöglichkeiten entwickeln. Wichtig bei der Beratung ist vor allem Boschs Fachwissen auf dem Gebiet der Verpackungstechnik gekoppelt mit Marktexpertise. Diese Kombination ermöglicht eine Rundum-Beratung zu allen Gesichtspunkten.

Wie bereits erwähnt, ist die Zielsetzung eines jeden Herstellers alle Ressourcen optimal zu nutzen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Bosch nimmt sich mit der neuen Servicedienstleistung, dem OEE Consulting, diesem Bedürfnis der Kunden an, indem wir kundenspezifisch kritische Faktoren im Produktionsprozess, die zu ungeplanten Stillstandzeiten, Ausbringungseinbußen und Materialverschwendung führen können, ermitteln.

neue verpackung: Wie hat sich die OEE-Beratung in den vergangenen Jahren verändert und was bietet die OEE-Beratung der Verpackungsindustrie in Zukunft?

Roland Pichler: Die OEE-Beratung wurde auf der Basis der OEE-Kennzahl für die Gesamtanlageneffektivität entwickelt, welche bereits im Jahr 1951 vom Japan Institute of Plant Maintenance erstellt wurde. Heutzutage ist dies die gängige Kalkulation, die in der Industrie verwendet wird, da sie individuell auf jedes Unternehmen zugeschnitten werden kann und alle wichtigen Verlustfaktoren beinhaltet. In Zukunft wird die OEE-Beratung für die Neuentwicklung von Maschinen an Bedeutung gewinnen. Verbesserungsvorschläge können in Forschung und Entwicklung einfließen und nachhaltig garantieren, dass Herstellern Maschinen zur Verfügung gestellt werden, die den Marktanforderungen gerecht werden.

"In Zukunft wird die OEE-Beratung für die Neuentwicklung von Maschinen an Bedeutung gewinnen. Verbesserungsvorschläge können in Forschung und Entwicklung einfließen und nachhaltig garantieren, dass Herstellern Maschinen zur Verfügung gestellt werden, die den Marktanforderungen gerecht werden."

Roland Pichler

 

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Über Bosch Packaging Services
Bosch Packaging Services entwickelt und vertreibt Dienstleistungen für Verpackungsmaschinen. Das Produktportfolio erstreckt sich von rein verfügbarkeitssteigernden Standard-Dienstleistungen, wie Ersatzteilen, Modernisierungen und dem entsenden von Service Technikern, über diverse, die Gesamtanlagen-Effizienz steigernde Dienstleistungen. Ein weltweites Netzwerk garantiert Service-Partner von Bosch vor Ort. Für weitere Informationen besuchen Sie www.boschpackagingservices.com.

 

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