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Jährlich belastet Warenschwund den deutschen Einzelhandel mit durchschnittlich vier Milliarden Euro. Statistisch betrachtet schreiben Einzelhändler knapp 1 % ihres Umsatzes dem Waren-
schwund zu. Der Begriff „Warenschwund" bezeichnet dabei Inventurdifferenzen, die unter anderem durch interne Fehler wie Fehlbuchungen und fehlerhafte Bestandsaufnahmen, aber auch durch Warendiebstahl seitens Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten entstehen. Auffallend starke Wertausprägungen liefern dabei die Drogerie- und die Baumärkte.

Kunde als größter
Warenschwundverursacher

Es wird angenommen, dass ein potenzieller Ladendieb vor der Tat zunächst den Nutzen aus dem Diebstahlversuch gegen die daraus resultierenden Risiken abwägt. Wird die Aufdeckung des Vorhabens als „wahrscheinlich" eingeschätzt, lässt er in der Regel von seinem Vorhaben ab [2]. Die Aufdeckungswahrscheinlichkeit wird dabei durch verschiedene Einflussfaktoren beeinflusst. Der Täter wiederum versucht, seine Erfolgswahrscheinlichkeit durch Manipulationen an der Verpackung oder am Produkt zu verbessern.

Die grundlegendste Form ist die Manipulationsart „Auspacken", um dadurch das Volumen zu reduzieren und evtl. an der Verkaufsverpackung angebrachte elektronische Artikel-
sicherungssysteme (EAS) zu umgehen. Außerdem gilt das Auspacken als ein Vorbereitungsschritt für die Manipulationsarten „Hinzupacken" (Auffüllen von Hohlräumen) und „Umpacken" (Austausch von Artikeln) [3]. Eine weitere Manipulationsart ist das „Umetikettieren" (Austausch von aufgeklebten Etiketten höherwertiger Produkte gegen Etiketten preisgünstigerer Produkte) [3]. Auffallend ist die hohe Erfolgswahrscheinlichkeit beim Umetikettieren, d. h. dem Täter gelingt der Diebstahl in 60 bis 90 % (im Mittel in knapp 70 %) der Fälle.

Forschungsprojekt:
Manipulationssichere Verpackungen

Am Institut für Distributions- und Handelslogistik (IDH) des VVL e. V. in Dortmund werden derzeit neue Verpackungskonzepte unter Einsatz nachhaltiger Packstoffe angestrebt. Dieses Projekt (IGF-Vorhaben 17160 N/1 der Forschungsvereinigung Gesellschaft für Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik e. V.) wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Im Projekt werden die gängigen verpackungstechnischen Maßnahmen (manipulations- und diebstahlhemmend) hinsichtlich ihrer Diebstahlpräventionswirkung analysiert und bewertet.

Die wesentlichen Nachteile der derzeit eingesetzten verpackungstechnischen Maßnahmen bestehen zum einen in ihrer zugriffshemmenden Funktion (beispielsweise Umreifung von Verpackungen), die einigen Teilaspekten des „Convenience" Gedanken wie dem einfachen Öffnen widersprechen, zum anderen in der ohne technische Hilfsmittel nicht realisierbaren Echtzeitdetektion von Manipulationsversuchen im Verkaufsraum. Folglich ist bei zugriffshemmenden verpackungstechnischen Maßnahmen zur Diebstahlprävention mit Einsatzrisiken wie Umsatzrückgängen infolge unzufriedener Kunden und weiterhin bestehendem Warenschwund zu rechnen, insbesondere bei fachlich unzureichender Auslegung der Maßnahmen.

Akustisches Signal durch menschliche Kraft
Eine Verpackung kann einen besseren Schutz vor Diebstahl bieten als derzeit üblich. So können Packstoffe, Packhilfsmittel sowie verpackungstechnische Konstruktionsmerkmale, die beim Öffnungsprozess oder bei einem Manipulationsversuch ein gut wahrnehmbares Geräusch erzeugen, bei der Verpackungs-
auslegung berücksichtigt werden. Für eine funktionsfähige Verpackung sind schwingfähige Packstoffe, die gewissen Elastizitätseigenschaften oder Spannungszuständen unterliegen, denkbar. Die beim Öffnungsvorgang aufgebrachte menschliche Kraft wird dabei durch das Packmittel in ein akustisches Signal umgewandelt (es sind keine Energieversorgung und keine technischen Hilfsmittel notwendig), welches den Täter abschrecken oder das Umfeld auf die Manipulation aufmerksam machen soll.

Besonders für kleine Verkaufsflächen geeignet

Der Abbildung oben ist weiterhin ein wesentlicher Vorteil zu entnehmen: Bei der Schallausbreitung kommt es zu akustischen Reflexions-, Brechungs- und Beugungserscheinungen, die wahrgenommen werden können, auch wenn keine direkte Sichtverbindung zur Schallquelle (der akustischen Verpackung) besteht. Dieses physikalische Prinzip bringt bei der Schätzung des Täters hinsichtlich seiner Aufdeckungswahrscheinlichkeit neue Variablen hervor und lässt das Vorhaben risikoreicher erscheinen.

Zugriffshemmende Maßnahmen können durch den Indikator „Akustik" ergänzt oder ggf. auch ersetzt werden. Dadurch wird zugleich die effektive Bekämpfung von Diebstählen und der Einsatz kundenfreundlicher Verpackungskonzepte ermöglicht.

Das Einsatzgebiet dieser Technologie ist insbesondere für kleine Verkaufsflächen oder für eine hohe Personaldichte, wie z. B. im Drogeriemarkt, geeignet. Bei größeren Flächen, wie z. B. Baumärkte, sind nach derzeitigem Kenntnisstand alternative Diebstahlpräventionstechniken zu bevorzugen.


Seminarveranstaltung Diebstahlprävention

Aufgrund des hohen Potenzials und der Vielfalt der Diebstahlpräventionstechniken sowie den daraus resultierenden Einsatzrisiken veranstaltet der VVL e. V. am 14. November 2013 in Dortmund ein Fachseminar zum Thema „Warenschwund im Einzelhandel: Praxisrelevante Präventionstechniken“. Im Rahmen des Seminars werden der Stand der Technik dargestellt sowie neueste Erkenntnisse und Visionen auf dem Gebiet der Diebstahlpräventionstechnik behandelt und kritisch hinterfragt. Sichern Sie sich einen Frühbucherrabatt der begrenzten Teilnehmerplätze. Nähere Informationen finden Sie auf der Homepage www.vvl-ev.de unter dem Punkt „Seminare“.

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