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neue verpackung: Für welche Packaging-Applikationen bietet Beckhoff Lösungen an und wie wichtig sind hierbei Offenheit und Durchgängigkeit?
Frank Würthner: Unsere PC-und Ethercat-basierte Steuerungstechnologie ist optimal geeignet zur Automatisierung der gesamten Prozesskette einzelner Verpackungsmaschinen sowie kompletter Verpackungslinien, vom Füllen und Formen über das Verschließen, Labeln, Sammeln bis zum Umverpacken und Palettieren. Aus dem durchgängigen, modularen Produktportfolio an Industrie-PCs, I/O-Klemmen, Antriebstechnik sowie mit der Automatisierungssoftware Twincat lässt sich für jede Verpackungsmaschine eine in Rechenleistung, Komplexität und Kosten genau skalierbare Steuerungslösung erstellen. Die Durchgängigkeit und Systemoffenheit unserer Steuerungstechnik hilft dem Maschinenbauer, seine Anlage ohne hohen Implementierungsaufwand an die vielfältigen und wechselnden Anforderungen anzupassen sowie neue Funktionalitäten zu integrieren. Beispiele sind die Einbindung von Condition Monitoring und Robotik sowie die Nutzung von PLC-Open- und Omac-Packsoft-Bausteinen oder Visual Studio, Matlab/Simulink bzw. C/C++. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Offenheit ist die einfache Einbindung der Verpackungsmaschine per offener Schnittstelle oder Gateway in das Produktionsumfeld des Endanwenders, sei es vertikal in Richtung ERP-Ebene oder horizontal an andere Steuerungssysteme.

neue verpackung: Welche allgemeinen Trends kennzeichnen derzeit die Packaging-Branche?
Frank Würthner: Die Weltbevölkerung wird in rund zehn Jahren die acht-Milliarden-Marke knacken. Die Verpackungsindustrie profitiert aber nicht nur von der schieren Anzahl Menschen, die beispielsweise mit Nahrungsmitteln und Medikamenten versorgt werden müssen, sondern auch vom Wunsch - gerade in den Schwellen- und Entwicklungsländern - nach einem höheren Lebensstandard. Schließlich ist eine moderne Verpackung neben Transportschutz und Marketinginstrument zudem ein wichtiger Baustein aus Sicht der Hygiene. Aus all diesen Gründen wird die Verpackungsindustrie auf absehbare Zeit eine Wachstumsbranche bleiben und dementsprechend effiziente und leistungsfähige Verpackungsmaschinen benötigen. Hinzu kommt, dass die Märkte und auch einzelne Konsumentengruppen immer individueller angesprochen werden müssen - auch was die Verpackung angeht. Um dies zu erreichen, wird von den Verpackungsanlagen eine immer größere Flexibilität gefordert. Der Trend im Verpackungsmaschinenbau geht also hin zu kleineren, aber flexibleren Anlagen.

neue verpackung: Inwieweit wird die Steuerungstechnik von Beckhoff diesen veränderten Anforderungen gerecht?
Frank Würthner: Grundsätzlich ist unsere Steuerungstechnik dank ihrer guten Skalierbarkeit für Maschinen und Anlagen jeglicher Größe hervorragend geeignet. Und in Bezug auf die wachsende Weltbevölkerung besonders wichtig: Die Extreme Fast Control Technology (XFC) ermöglicht eine extrem genaue Prozesssteuerung und damit eine die Ressourcen maximal schonende Verpackungstechnik. Im Sinne optimaler Flexibilität kommt hinzu, dass PC-Control als Software-basierte Steuerungstechnik die geforderten Produkt- bzw. Verpackungsänderungen sehr erleichtert. Einen einzigartigen Vorteil bietet zudem das Extended Transport System (XTS), weil es genau die gewünschte Flexibilitätssteigerung bringt, indem aufwendige und teure Mechanik durch einfach anpassbare Software ersetzt wird. So benötigt eine heutige Flaschenabfüllanlage zahlreiche Greifer, die einen Großteil der Zeit nichts tun und nur auf die nächste Flasche warten. Dabei sind sie sehr teuer und zudem aufwendig zu warten. Hier lässt sich mit XTS viel einsparen, und das bei einer gleichzeitig deutlich erhöhten Flexibilität.

neue verpackung: Welche Vorteile bietet die durch XTS gewonnene Flexibilität ganz konkret?
Frank Würthner: Bleiben wir beim Beispiel der Abfüllanlage. Ist bei einer konventionellen Anlage einer der Füller defekt, muss die Maschine komplett abgeschaltet werden. Fehlt beispielsweise in der Nacht der Wartungstechniker oder ein Ersatzteil, kann hierdurch eine komplette Produktionsschicht ausfallen. Wird hingegen XTS eingesetzt, lässt sich das Problem ohne großen Aufwand per Softwareanpassung lösen, das heißt XTS transportiert einfach keine Flaschen mehr unter den defekten Füller. Das reduziert zwar die Produktionsleistung, die Nachtschicht kann aber immerhin vielleicht noch 80 Prozent ihrer Sollleistung erreichen. Ein weiterer sehr großer Vorteil liegt im wesentlich reduzierten Footprint, also in der kleineren von der Maschine benötigten Fläche. Deutlich wird dies anhand der beim Verpacken beispielsweise von Schokoriegeln notwendigen Beschleunigungs- und Verzögerungsbändern. Diese mechanisch aufwendigen, viel Platz beanspruchenden und entsprechend teuren Bänder sind erforderlich, um zwischen den Schokoriegeln einen gleichmäßigen Abstand zu erreichen, bevor diese in eine getaktete Maschine zum Verschließen der Verpackung eingeführt werden. Dank XTS mit seinen synchronisierbaren Movern können die Bänder entfallen, was die Kosten und den Footprint der Maschine immens verringert. Mit teilweise um bis zu 50 Prozent kleineren Anlagen entfällt beim Endkunden entweder die Notwendigkeit einer neuen Maschinenhalle oder es lassen sich auf der gleichen Produktionsfläche mehr Maschinen aufstellen.

neue verpackung: Gibt es weitere Packaging-Funktionalitäten, die XTS revolutionieren kann?
Frank Würthner: Ideen gibt es schier ohne Ende - gerade seitens der Maschinenbauer selbst, die XTS für immer neue Anwendungen entdecken. Ein gutes Beispiel ist die Mehrzugtechnologie zum Gruppieren sequenziell zugeführter Teile. Ein Problem besteht insbesondere bei mehr als zwei Transportriemen - also Zügen - in der Platzierung des für jeden einzelnen Riemen erforderlichen Servomotors. Je ein Motor auf beiden Seiten der Zuführung ist noch einfach unterzubringen, ab dem dritten wird es aber schwierig. Zumal die aufwendige Verkabelung hinzukommt, die nicht im Bereich der laufenden Riemen verlaufen darf. XTS ist daher als Ersatz für die Mehrzugtechnik ein wahrer Quantensprung. Es wird einfach mit der passenden Anzahl Mover um die Maschinenapplikation herumgebaut und je nach Länge des Systems lediglich mit einem oder zwei Kabeln angeschlossen. Neben dem immens reduzierten maschinenbaulichen Aufwand ergibt sich wiederum mit Blick auf die zunehmend geforderte Anlagenflexibilität ein großer Vorteil: Dank des Ersetzens mechanischer Elemente durch Softwarefunktionalität kann XTS zum Beispiel die Lücken zwischen den zu verpackenden Einheiten ganz nach Bedarf variieren. Und auch die immer häufigeren Sonderaktionen „Ein Teil gratis" werden immens vereinfacht. Werden beispielsweise standardmäßig vier Beutel Kräutermischung verpackt und soll nun ein fünfter Beutel hinzukommen, ist bei einer konventionellen Anlage mit enormem Aufwand die gesamte Applikation umzustellen. Bei XTS genügt ein einfacher Mausklick, um statt vier nun fünf Mover mit dem Verpackungsgut, dem Beutel Kräutermischung, zur Packstation zu schicken.

neue verpackung: XTS ist ohne die leistungsfähige Ethercat-Kommunikation undenkbar. Wie wichtig ist Ethercat insgesamt für Lösungen in der Verpackungsindustrie?
Frank Würthner: Ethercat ist ein Schlüsselelement, einerseits wegen seiner Schnelligkeit und der Durchgängigkeit bis hin zu Motion Control und Safety. Andererseits schätzen die Anwender vor allem das breite Angebot an Ethercat-Produkten, wie Frequenzumrichter, Ventilinseln, Gateways zu anderen Steuerungswelten und auch unser eigenes Ethercat-Portfolio: vom über 300 Typen umfassenden Ethercat-Klemmen-Spektrum bis zur Servoantriebstechnik. Egal, welches spezielle Modul ein Maschinenbauer benötigt, er kann sicher sein, dass es selbst von kleineren Anbietern inzwischen Ethercat-Slaves und teilweise auch Master-Anbindungen gibt. Nicht umsonst ist die Ethercat Technology Group inzwischen die größte Feldbus-Nutzerorganisation weltweit, mit über 2.400 Mitgliedsunternehmen.

neue verpackung: Welche Vorteile bietet die Ethercat-Technologie dem Maschinenbauer und Endkunden ganz konkret?
Frank Würthner: Ethercat und insbesondere XFC sind wegen der im Verpackungsbereich geforderten Geschwindigkeit und Präzision von immensem Vorteil. XFC basiert auf einer optimierten Steuerungs- und Kommunikationsarchitektur, die aus einem modernen Industrie-PC, ultraschnellen Ethercat-Klemmen, Ethercat und der Automatisierungssoftware Twincat besteht. Mit diesem abgestimmten Gesamtsystem lassen sich I/O-Response-Zeiten unter 100 ?s realisieren und dementsprechend völlig neue Möglichkeiten zur Prozessoptimierung erschließen. Konkret heißt das: Mit Ethercat und präziser, schneller Steuerungstechnik lassen sich, verglichen mit konventioneller Technik, die Verpackungen exakter und damit aus weniger Ausgangsmaterial herstellen sowie das zu verpackende Gut viel genauer an die nicht zu unterschreitende Mindestfüllmenge annähern. Auf diese Weise kann man gerade bei Volumenprodukten enorme Kosten sparen, ein großer Vorteil für den Endkunden und ein hervorragendes Verkaufsargument für den Maschinenbauer.

neue verpackung: Gibt es neben der reinen Schnelligkeit der Datenübertragung weitere Ethercat-Vorteile?
Frank Würthner: Ein Vorteil sind die Funktionen Distributed-Clocks (synchronisierte, verteilte Uhren) und Time-Stamp (Zeitstempel). Damit lässt sich im wichtigen Packaging-Bereich der Papier- und Folienverarbeitung eine deutlich schnellere und exaktere Druckmarkenerkennung realisieren. Und dies führt letztendlich zu kleineren, schnelleren und präziser arbeitenden Maschinen. Zudem ist das Label ein teurer Bestandteil einer Verpackung. Wenn dieses sehr genau und in hoher Qualität aufgebracht wird, erhöht sich die Wertigkeit des gesamten Produkts. Besonders wichtig sind die beiden Funktionen bei den häufig sehr langen Verpackungslinien. Denn dank der Distributed-Clocks und der Ergänzung der Prozessdaten um einen Zeitstempel kann auch bei längeren Prozessabläufen noch sehr präzise auf ein voriges Ereignis reagiert werden. Zumal in Verpackungsmaschinen - typischerweise mit 5 bis 20 Servoachsen - in der Regel alle Achsen synchronisiert laufen müssen. Hierbei erweisen sich die Distributed-Clocks- und die Time-Stamp-Funktion in Ethercat ebenfalls als wesentlicher Vorteil.

neue verpackung: Inwieweit profitiert der Maschinenbauer in diesem Umfeld von Twincat 3?
Frank Würthner: Twincat 3 bietet zahlreiche grundlegende Vorteile, wie die Integration in die Softwaresuite Visual Studio sowie die Unterstützung der Multicore-Technologie und der objektorientierten Programmierung. Aus Sicht des Verpackungsmaschinenbaus ist außerdem die Einbindung der Sprachen C/C++ und Matlab/Simulink von besonderer Bedeutung. So lässt sich aus vorab durchgeführten Simulationen per Matlab/Simulink hervorragend entsprechender Steuerungscode beispielsweise für den Einsatz von XTS generieren. Das ist ein immenser Vorteil für den Maschinenbauer, ebenso wie die Möglichkeit zur Nutzung der Hochsprache C. Denn im antriebsorientierten Verpackungsbereich werden sehr häufig spezielle Motion-Bausteine in C geschrieben, die sich dann ohne großen Aufwand direkt verwenden lassen.

neue verpackung: Gerade aufgrund ihrer wachsenden Flexibilität erfordern Verpackungsmaschinen eine einfache Bedienung. Welche Rolle spielen hierbei die modernen Multitouch-Panel?
Frank Würthner: Multitouch wird auch in der Verpackungsindustrie zunehmend akzeptiert bzw. gefordert. Mit einem der breitesten Produktspektren im Markt ist Beckhoff hier optimal aufgestellt. Die neuen Control-Panel- und Panel-PC-Serien CP2xxx und CP3xxx decken den weiten Displaybereich von 7 bis 24 Zoll ab und sind durch die Verwendung von Aluminium zudem robust und industrietauglich. Dank der Projective-Capacitive-Touchscreen-(PCT)-Technologie verfügen sie über eine hohe Touchpunktdichte, die eine akkurate, und auch in kleinsten Schritten ruckfreie Bedienung ermöglicht. Damit sind die aus der Smartphone- und Touchpad-Welt bekannten Funktionen, wie Zoomen, Blättern und Objekte drehen, nun auch für industrielle Anwendungen nutzbar.

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