Lebensmittel-Transparenz: Die meisten Verbraucher nutzen die existierenden Informationen nicht oder kaum, zum Beispiel Informationen zu Herkunft, Inhalt oder Zusatzstoffen.

Lebensmittel-Transparenz: Die meisten Verbraucher nutzen die existierenden Informationen nicht oder kaum, zum Beispiel Informationen zu Herkunft, Inhalt oder Zusatzstoffen. (Bild: Ralf Baumgarten)

„Die Diskussion um ‚Mehr Transparenz bei Lebensmitteln‘ geht am Verbraucher vorbei“, sagt Stephan Becker-Sonnenschein, Geschäftsführer des Vereins Die Lebensmittelwirtschaft. „Die Studie zeigt deutlich, dass es nur eine Minderheit ist, die aktiv mehr Transparenz fordert, während die Mehrheit die zur Verfügung gestellten Informationen gar nicht oder kaum nutzt. Deshalb müssen sich die Akteure die Frage stellen, ob ein Mehr an Detailinformationen eigentlich zu mehr Transparenz oder zu mehr Verunsicherung beiträgt. Transparenz sollte komplexe Zusammenhänge erklären und Sinn und Vertrauen stiften.“

Wie der Verein mitteilte, fordern laut Studie 77 Prozent der Verbraucher keine zusätzlichen oder umfangreicheren Informationen aktiv ein, da sie sich entweder ausreichend informiert fühlen (53 Prozent) oder bereits Überlastung empfinden und kein Interesse haben (24 Prozent). Dabei zeigt die Studie einen Widerspruch zwischen Präferenzen und tatsächlichem Verhalten der Verbraucher auf: „Die Mehrheit der Verbraucher möchte gerne Informationen über Herkunft, Inhalte, Zusatzstoffe und ähnliche Aspekte von Lebensmitteln erhalten können. Gleichwohl werden die bereits vorhandenen Informationen von der Mehrheit der Verbraucher nicht genutzt oder als entscheidungsrelevant für den Einkauf wahrgenommen“, sagt Achim Spiller, Professor an der Georg-August-Universität in Göttingen.

Die Studie zeigt zudem, dass Verbraucher in Deutschland Transparenz sehr unterschiedlich definieren und ihre Informationsbedürfnisse stark voneinander abweichen. „Generell gilt: Verbraucher wollen nicht mehr Informationen, sondern ein besseres Verständnis komplexer Prozesse und Vorgänge, das zu einem tatsächlichen Wissenszuwachs führt. Eine Flut an Details verwirrt und führt nicht zu mehr Verständnis“, so Becker-Sonnenschein. Bei knapp der Hälfte der Deutschen richtet sich der Transparenzwunsch vor allem auf Produkte tierischer Herkunft wie Fleisch, Eier, Fisch und Milch(-produkte). Zudem ist nur ein Fünftel der Verbraucher bereit, für ein Mehr an Information einen höheren Preis zu bezahlen.

„Die Politik darf nicht darüber entscheiden, was ich essen darf“, das fordern 70 Prozent der Befragten. Dem Verbraucher muss in Bezug auf Transparenz seine Selbstbestimmung gelassen werden. „Statt Bevormundung des Verbrauchers in seinem Ernährungsverhalten stehen wir für Aufklärung und Information. Das ist unsere Überzeugung“, fasst Markus Mosa, Vorsitzender des geschäftsführenden Vorstands der Lebensmittelwirtschaft, das Verständnis der Branche zusammen.

Zur Tranzparenzstudie:

Die von Prof. Achim Spiller, Universität Göttingen, erstellte Studie untersucht Verständnis, Erwartungen und Informationsbedürfnis der Verbraucher in Bezug auf Transparenz bei Lebensmitteln. Diese erste repräsentative, prozesskettenübergreifende Grundlagenstudie liefert Einblicke in das Verständnis von Transparenz und eine Typologisierung der Verbraucher in Bezug auf ihre Transparenzbedürfnisse. Sie liefert damit neue Erkenntnisse für die aktuelle gesellschaftspolitische Debatte.

Im Rahmen der Studie wurde eine repräsentative Verbraucherbefragung (Online-Erhebung) mit 1.009 Teilnehmern durchgeführt. Drei qualitative Fokusgruppen-Diskussionen mit je neun Teilnehmern fanden in München, Leipzig und Göttingen statt. Der Erhebungszeitraum war von Juni bis August 2014.

(Quelle: Die Lebensmittelwirtschaft / Georg-August-Universität Göttingen)

(mns)

 

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