Nach Inkrafttreten der Druckfarbenverordnung dürfen Hersteller von Lebensmittelkontaktmaterialien nur noch Druckfarben und Lacke einsetzen, die den Vorgaben der neuen Verordnung entsprechen.

Nach Inkrafttreten der Druckfarbenverordnung dürfen Hersteller von Lebensmittelkontaktmaterialien nur noch Druckfarben und Lacke einsetzen, die den Vorgaben der neuen Verordnung entsprechen. (Bild: Hubergroup)

 

Am Wortlaut des Entwurfs der „21. Verordnung zur Änderung der deutschen Bedarfsgegenständeverordnung“ bzw. der sogenannten deutschen „Druckfarbenverordnung“ wird sich voraussichtlich nicht mehr viel ändern. Die endgültige Version liegt allerdings noch nicht vor, da die Abstimmung mit den anderen Ministerien noch nicht abgeschlossen ist. Bevor die Verordnung dann vom Bundesrat verabschiedet werden kann, geht der Entwurf zuerst an die EU-Kommission und die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten zur Kommentierung, danach an die Welthandelsorganisation (WTO). Dabei kann der Verordnungstext auf allen Stufen (Kommission, EU-Staaten, WTO, Bundesländer) noch geändert werden. Auch könnte die EU-Kommission beschließen, anstelle einer nationalen Verordnung eine harmonisierte europäische Regelung zu erarbeiten, und das Verfahren an sich ziehen.

Wenn die Notifizierung an die EU-Kommission Anfang 2015 erfolgt und danach alles nach Plan geht, kann die Verordnung ein Jahr später in Kraft treten kann. Die Bestimmungen sind dann ab 2018 anzuwenden, nach Ablauf der Übergangszeit von zwei Jahren.

Druckfarben sind bisher in der EU nicht spezifisch geregelt. Die Schweizer Bedarfsgegenständeverordnung enthält seit 2005 spezifische Bestimmungen für Druckfarben auf der dem Lebensmittel abgewandten Seite von Bedarfsgegen-ständen. Die geplante deutsche Verordnung baut darauf auf, regelt aber, anders als die Schweizer Verordnung, zusätzlich auch Druckfarben- und Lackschichten, die bestimmungsgemäß in direkten Kontakt mit Lebensmitteln kommen oder vorhersehbar kommen können.

Was ändert sich, wenn die deutsche Verordnung in Kraft ist?
Wichtigste Änderung ist, dass Hersteller von Lebensmittelkontaktmaterialien nur noch Druckfarben und Lacke einsetzen dürfen, die den Vorgaben der neuen Verordnung entsprechen.

Positivliste: Anhang 14 der Verordnung enthält eine Positivliste bewerteter Stoffe mit spezifischen Grenzwerten. Ein Übergang dieser Stoffe aus der bedruckten Verpackung in das Lebensmittel ist nur im Rahmen der festgelegten Grenzwerte zulässig. Stoffe, die nicht auf der Positivliste stehen, dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn sie nicht auf das Lebensmittel übergehen; die Nachweisgrenze liegt hier bei 0,01 mg/kg. Für Druckfarben und Lacke, bei denen ein direkter Lebensmittelkontakt vorgesehen oder vorhersehbar ist, gilt die Einschränkung, dass diese ausschließlich mit Stoffen rezeptiert sein dürfen, die auf der Positivliste stehen. Weitere Grenzwerte sind für den Übergang bestimmter Metalle und von Spuren primärer aromatischer Amine festgelegt.

Schriftliche Erklärungen: Um die Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette sicher-zustellen, müssen auf allen Stufen schriftliche Erklärungen ausgetauscht werden, zum Beispiel vom Rohstoffhersteller zum Farbhersteller, von diesem zum Verpackungs-drucker und schließlich zum Abfüller. Die Erklärung muss Angaben enthalten, für welche Lebensmittel die bedruckte Verpackung vorgesehen ist, und eine Liste der enthaltenen Stoffe, deren möglicher Übergang zu prüfen ist. Bislang war dies nur beim Inverkehrbringen von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Kunststoff gefordert. Die geplante Verordnung erweitert diese Anforderung auf alle Lebensmittelbedarfsgegenstände, die bedruckt und/oder lackiert sind, sowie auf Druckfarben und Druckfarbenrohstoffe.

Sebastian Gierisch, Chemiker und seit 1989 bei Michael Huber München in verschiedenen technischen Funktionen tätig. 
Seit 2005 leitet er die Abteilung Produktsicherheit der MHM Holding GmbH, zuständig für die europäischen Unternehmen der Hubergroup, die er auch in den technischen Gremien des deutschen und des europäischen Druckfarbenverbands vertritt.
Sebastian Gierisch, Chemiker und seit 1989 bei Michael Huber München in verschiedenen technischen Funktionen tätig.
Seit 2005 leitet er die Abteilung Produktsicherheit der MHM Holding GmbH, zuständig für die europäischen Unternehmen der Hubergroup, die er auch in den technischen Gremien des deutschen und des europäischen Druckfarbenverbands vertritt. (Bild: Hubergroup)

Das wird einen enormen zusätzlichen Prüf- und Dokumentationsaufwand erzeugen: Konformitätsprüfungen müssen durchgeführt, Erklärungen erstellt, Unterlagen bereitgehalten, entsprechende Spezifikationen in der Lieferkette vereinbart und geeignete Informationssysteme eingerichtet und gepflegt werden.

Wo kann es schwierig werden?
Die Lieferketten in der Druck-, Verpackungs- und Lebensmittelindustrie sind vielfältig und verlaufen häufig kreuz und quer durch Europa und darüber hinaus. Wenn die Verpackung oder das verpackte Endprodukt in Deutschland auf den Markt gebracht wird, müssen auf jeder Stufe der Lieferkette entsprechende Informationen nach Maßgabe der deutschen Bedarfsgegenständeverordnung vorliegen, auch für jeden Produktionsschritt außerhalb Deutschlands, wo die deutsche Verordnung gar nicht gilt. Informationen von Lieferanten aus dem außerdeutschen Teil der Prozesskette werden oft nur mit viel Papierkrieg beizubringen sein. Hier wäre eine harmonisierte europäische Regelung auf EU-Ebene anstelle einer nationalen Verordnung sehr von Vorteil.

Es ist damit zu rechnen, dass viele Markenartikler die Einhaltung der deutschen Verordnung in ihre Verpackungsspezifikationen aufnehmen werden. Dadurch werden die Anforderungen der Verordnung praktisch EU-weite Gültigkeit erlangen. Eine behördliche Überwachung durch nationale Vollzugsbehörden ist allerdings nur in Deutschland möglich.

Auch für Lebensmittelbedarfsgegenstände aus Papier und Karton, die bisher in der EU nicht spezifisch geregelt sind, müssen jetzt schriftliche Erklärungen ausgestellt werden, wenn diese bedruckt oder lackiert sind. Zur Bestätigung der Konformität mit der deutschen Verordnung muss der Inverkehrbringer des Endprodukts ggf. Migrationstests durchführen.
 
Die deutsche „Druckfarbenverordnung“ ist auf dem Weg. Der Verordnungsgeber schreibt vor, dass zur Herstellung bedruckter Lebensmittelverpackungen nur noch entsprechend formulierte („migrationsarme“) Druckfarben eingesetzt werden dürfen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass keine unerwünschten Stoffe aus der Farbschicht auf das Lebensmittel übergehen.

 

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Hintergrund Druckfarbenverordnung
In Lebensmitteln konnten in der Vergangenheit Druckfarbenbestandteile festgestellt werden, die nach Angaben des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft über der gesundheitlich vertretbaren Grenze lagen. Die in Druckfarben verwendeten chemischen Stoffe können auf Lebensmittel übergehen und dann von Konsumenten aufgenommen werden. So konnten beispielsweise Benzophenon, 4-Methylbenzophenon, primäre aromatische Amine und Mineralölkohlenwasserstoffe in Lebensmitteln nachgewiesen werden, die zu Gesundheitsschäden führen können (etwa Schäden an Leber, Niere, Lymphknoten oder auch Krebs).

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat daher im Juli dieses Jahres zwei Entwürfe für Verordnungen vorgelegt, die die Migration von chemischen Stoffen aus Druckfarben sowie aus Recycling-Papier behandeln: die sogenannte Druckfarbenverordnung sowie die Mineralölverordnung.

Auch für Lebensmittelbedarfsgegenstände aus Papier und Karton, die bisher in der EU nicht spezifisch geregelt waren, müssen Erklärungen ausgestellt werden, wenn sie bedruckt oder lackiert werden.
Auch für Lebensmittelbedarfsgegenstände aus Papier und Karton, die bisher in der EU nicht spezifisch geregelt waren, müssen Erklärungen ausgestellt werden, wenn sie bedruckt oder lackiert werden. (Bild: Hubergroup)

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