Gerhard Schubert hat gut lachen:1966 gründete er als junger Konstrukteur im Alter von 28 Jahren sein Unternehmen. Davon hatte er immer geträumt.  Heute blickt er zufrieden auf sein Lebenswerk.

Gerhard Schubert hat gut lachen:1966 gründete er als junger Konstrukteur im Alter von 28 Jahren sein Unternehmen. Davon hatte er immer geträumt. Heute blickt er zufrieden auf sein Lebenswerk. (Bild: Gerhard Schubert)

Was führte zum großen Erfolg dieses Unternehmens? Was macht diesen Unternehmer aus? Es sind diese Fragen, die mich anlässlich des runden Jubiläums bewegen. Gewähren Sie, liebe Leser, mir deshalb einen ganz persönlichen Rückblick: Es muss vor annähernd 16 Jahren gewesen sein, als ich Gerhard Schubert erstmals begegnet bin. Ihm eilte ein großer Ruf voraus. Als neuer Chefredakteur der neuen verpackung sei es eine Pflicht, dorthin zu fahren, sagten die Kollegen. Es ist Mitte März 2001. Die neueste Generation der Toploader soll in Crailsheim im Werk vorgestellt werden. Ich hatte als Redakteur bei diversen Tageszeitungen gearbeitet und war gerade von der Lebensmittel-Zeitung gekommen. Ich hatte berühmte Sportler und Politiker interviewt sowie einigen vermeintlich großen Unternehmenslenkern gegenübergesessen. Ja, ich hatte mir Gerhard Schubert ganz anders vorgestellt. Aber dieser höchst erfolgreiche Mann war anders. Er trug eine Strickjacke und ein einfaches Hemd. Zwischen ihm und seinen Mitarbeitern sowie den Pressevertretern gab es keine Barriere. Die wachen Augen von Gerhard Schubert funkeln vor Freude als er die neuen Errungenschaften seines Unternehmertums vorstellt. Anders als andere wiegt er seine Worte nicht ständig ab, und jeder darf hören, dass er ein Hohenloher ist. Schubert ist froh, dass er diesem Landstrich zwischen Würzburg und Heilbronn entstammt, der so viele Weltmarktführer hervorgebracht hat. Schubert ist gerne einer von ihnen. Und was bei diesem ersten Treffen auch sofort auffällt: Schubert stellt eine neue Maschine vor, denkt aber schon in diesem Moment an die nächste Zukunft. Dieser Konstrukteur ist ein Getriebener, der seine Anlagen immer noch ein Stück besser machen möchte. Dieser Mann agiert während andere reagieren.

Vor wenigen Wochen sitze ich mit Gerald Schubert und Bärbel Beyhl, die seit 1990 für Gerhard Schubert arbeitet, am Tisch. Ich möchte mehr erfahren über den Mann, der als junger Vater zweier Buben und einer Tochter 1966 ins kalte Wasser springt und bis heute ein Unternehmen geformt hat, das 2015 annähernd 300 Mio. Euro Umsatz machte und derzeit etwa 1.100 Menschen beschäftigt. „Wir sind in kleinen Verhältnissen aufgewachsen. Unsere Mutter hat uns immer gut behütet. Mit meinem Bruder Ralf bin ich bis ins Jugendalter in einem gemeinsamen Zimmer aufgewachsen“, sagt Gerald Schubert, der vor wenigen Jahren mit dem Bruder in die Fußstapfen des Vaters getreten ist und nun die Geschicke der Gerhard Schubert GmbH als Geschäftsführender Gesellschafter Verkauf lenkt. Bruder Ralf bekleidet den technischen Part. Bis heute hält die enge Bindung des Bruderpaares, das alles miteinander bespricht und entscheidet. Doch es war nicht immer klar, dass die beiden in das Unternehmen des Vaters eintreten würden. „Unser Vater war sicher nicht der Familienvater, wie man sich den heute vorstellen würde“, sagt Gerald. Die Prioritäten des Vaters galten seinen Leidenschaften, die da Musik, Firma und Fliegerei waren. „Und zwar in dieser Reihenfolge“, fügt er an. „Er war natürlich immer sehr stark auf sein Geschäft fokussiert. Mein Vater ist ein großzügiger Mensch – und hat gleichzeitig strenge Regeln gesetzt. Er mochte es einfach nicht, wenn der Teller nicht aufgegessen wurde.“ Aber, das habe ja nicht geschadet, gibt Gerald Schubert mit einem herzlichen und zufrieden wirkenden Lächeln zu. Der Sohn spricht wie der Vater mit dem gleichen sympathischen Zungenschlag. Auch Gerald Schubert nimmt wie sein Vater kein Blatt vor den Mund.


Unabhängig und flexibel

Mich interessiert besonders, wie Gerhard Schubert zum Fliegen gekommen ist? Schließlich erzählt er immer gerne, wie schön das Fliegen, besonders als Pilot, ist. Ein Mitarbeiter aus der Dreherei, der passionierter Segelflieger war, entfachte das Feuer für die Fliegerei beim jungen Selbstständigen, der doch so gerne Musiker geworden wäre. Die Fliegerei wurde für Gerhard Schubert zum Elixier: Hier tankte er die Kraft auf, die er von Montag bis Freitag in der Firma verbrauchte. Diesen Abstand am Wochenende benötigte er, um den Kopf wieder frei zu bekommen für neue Aufgaben. Es schärfte seinen Weitblick. Die Kinder haben die Sams- und Sonntage auf dem Segelflugplatz nicht gemocht. „Haben Sie schon mal ein Segelflugzeug aufgebaut und anschließend gewartet, bis die Gegebenheiten für den Aufstieg günstig waren?“ Die eher rhetorische Frage beantwortet sich von selbst. Gerald Schubert empfindet das noch heute als eher langweilig und viel zu aufwendig. Und auch sein Vater blieb seinen Prinzipien treu und verharrte nicht beim Segelflug. Als Reinhard Mey von der grenzenlosen Freiheit „über den Wolken“ singt, erwirbt Gerhard Schubert den Instrumentenflugschein und erkennt, dass ihm diese Art des Fliegens noch besser gefällt. Jetzt ist er noch unabhängiger und noch flexibler.

Das passt zu den Maschinen, die der Crailsheimer seit 1972 baut. Er hat schon früh auf Toploading-Maschinen gesetzt, obwohl diese bei den Experten im Markt als unflexibel galten, weil für jede Verpackungsaufgabe quasi eine andere Maschine konstruiert werden musste. Widerstände reizen den Konstrukteur bis heute. Den Menschen aus dem Hohenlohischen wird eine gewisse Dickköpfigkeit nachgesagt. Gerhard Schubert nutzt diese Eigenheit im besten Sinne. Er hat Ideen und verfolgt sie beharrlich. Er setzte ein Baukastensystem durch, das durch den Austausch von Aggregaten und Werkzeuge an unterschiedliche Verpackungsaufgaben angepasst werden kann. Auch heute noch spricht eine ganze Branche von Modularität und Flexibilität im Verpackungsmaschinenbau. Aus Crailsheim kommt der Vorreiter.

Anfang der 80er Jahre ist Schubert der erste Aussteller auf der Weltleitmesse Interpack, der einen Roboter zeigt. Noch spielte der nur Mühle, bald aber pickte er Pralinen vom Band und ermöglichte ganz neue Verpackungsperspektiven. Die digitale Revolution beginnt und Schubert ist dabei. Früh trifft der Unternehmer die Entscheidung, eigene hochintelligente Steuerungen herzustellen, die bald für eine bis dato ungeahnte Flexibilität sorgen werden. Er investiert in Bildbearbeitung und treibt weitere Entwicklungen voran.

Gerhard Schubert ist ein Macher, entscheidungsfreudig und konsequent. Er selbst würde sich als Problemlöser bezeichnen. Der Crailsheimer hat ein besonderes Gespür. Er merkt, wenn eine Idee in die Sackgasse führt, kann dann aber loslassen und neu beginnen. Das ist eine besondere Gabe. Krisen sieht er als Chancen. Die Weltwirtschaftskrise 2008 hat er genutzt, um die Idee vom automatischen Werkzeugwechsel, dem Transmodul, entscheidend nach vorne zu bringen. Und wieder war sein Unternehmen einen Schritt weiter als der Wettbewerb.

Obwohl die beiden Söhne zunächst nicht viel von der Fliegerei hielten, machten sie Anfang der 90er Jahre den Flugschein und sitzen heute zur Freude des Vaters gemeinsam am Steuerknüppel des firmeneigenen Jets. Anders als bei ihrem Vater steht bei den beiden der Nutzen des Fliegens im Vordergrund: So verkürzen sie die Anreise zum Kunden und gewinnen Zeit. Im Cockpit sind sie unter sich, können diskutieren und entscheiden. Gerhard Schubert war vielleicht kein herkömmlicher Familienvater, dennoch hat er seine Söhne nachhaltig beeindruckt und geprägt. Auf Umwegen kamen Ralf nach dem Informatikstudium, das Vater Gerhard als nicht gerade zielführend empfand, und Gerald, der nach eigenen Aussagen zunächst ein lausiger Schüler war, sich aber das Maschinenbaustudium erkämpfte, im väterlichen Unternehmen an. Beide mussten sich beweisen.

Noch jeden Tag im Betrieb

Es ist Mittagszeit. Gerhard Schubert kommt zu meiner Überraschung und großen Freude in den Besprechungsraum. Die Augen wach wie eh und je, grüßt er mit einem freundlichen Lächeln. Wir gehen in die firmeneigene Kantine. Es gibt drei Gerichte zur Auswahl, das Kalbsschnitzel auf meinem Teller ist viel zu groß, das Gemüse reicht für zwei. Zudem soll ich unbedingt die Quarkspeise als Nachtisch probieren.

Noch immer ist der Chef jeden Tag in seinem Betrieb. Operativ ist er nicht mehr involviert, wenngleich es ihn schon noch fast täglich interessiert, was die Auftragsbücher sagen. Ich frage, ob es ihn erfüllt, wenn er auf sein Lebenswerk schaut. „Ja“, sagt er, „mein Leben war genau so sehr schön. Ich würde alles wieder so machen!“ Schon mit 22 Jahren hatte Gerhard Schubert eine Familie gegründet. Als ihm sein damaliger Chef eine Gehaltserhöhung verweigert, wechselt er das Unternehmen und arbeitet nebenbei freiberuflich. 1966 folgte der Sprung in die Selbstständigkeit mit einem Partner, dessen Familie er 30 Jahre später mit einem hohen zweistelligen Millionenbetrag in D-Mark abfindet. Das Unternehmen wächst schnell. 1968 fällt der Handwerkskammer auf, dass der Gründer ja gar keinen Meisterbrief hat. Die Bürokraten drohen mit Schließung des Betriebes, es sei denn Gerhard Schubert drückt nochmals die Schulbank. Aber er hat keine Zeit, denn die Auftragslage ist schon sehr gut. Damit es weitergehen kann, belassen es die Bürokraten bei einer Befragung der Schubert-Kunden. Die waren äußerst zufrieden mit ihrem Lieferanten und so bekam er den benötigten Eintrag in die Handwerksrolle mit der Einschränkung, nicht ausbilden zu dürfen.

„Wir schaffen das, wir können das!“

Während wir unser Essen weiter genießen, kommt mir der langjährige Mitarbeiter Peter Schneider in den Sinn. Im Januar 2015 ist er, der 40 Jahre ein enger Vertrauter Gerhard Schuberts war, in den Ruhestand gegangen. Ich hatte den stets herzlichen Schneider im Oktober 2015 auf der Fachpack getroffen und ihn irritiert gefragt, was er denn in Nürnberg mache? Strahlend antwortete er, das sei doch um die Ecke, da müsse er seine Kollegen und sein Unternehmen doch besuchen. Ein schöneres Kompliment kann es von einem Ruheständler doch eigentlich nicht geben. Schneider war als Student in den Semesterferien zur Schubert GmbH gestoßen und verließ das Unternehmen als Leiter der Materialwirtschaft. „Wir schaffen das, wir können das!“, habe der Chef immer gesagt und damit stets Recht behalten. Mit jedem seiner Worte kommt die Wertschätzung für das Unternehmen zum Ausdruck, das Gerhard Schubert geschaffen hat. Besonders aber eben auch die Verehrung für den Chef. Der sei anfangs auch mit auf Montage gefahren und sich nicht zu schade gewesen, für die Mannschaft die Pizza zu besorgen.

Nachdem ich in Crailsheim war, habe ich bei Peter Schneider angerufen, um Anekdoten in Erfahrung zu bringen. „Ja, der Chef ist schon ein echter Mittelständler. Für ihn gibt es nichts Schlimmeres, als dass seine Leute nichts zu arbeiten haben!“, berichtet der ehemalige Schubert-Mitarbeiter. Was er damit meint, zeigt eine Momentaufnahme sehr gut: Im Krisenjahr 2008 konnte Gerhard Schubert nur die Hälfte des Urlaubsgeldes an seine Mitarbeiter zahlen. Mit bedrückter Stimme hat er das seinen Mitarbeitern gesagt und zugleich versprochen, dass er auf keinen Fall auch nur einen Beschäftigten entlassen werde. Und sobald er könne, werde er das Urlaubsgeld nachzahlen. Natürlich hat er Wort gehalten. Auch in der Krise hat Gerhard Schubert keine Bank benötigt. Diese Unabhängigkeit genießt er. Er hat sein Team mit Entwicklungsarbeiten beschäftigt, die jetzt noch Früchte tragen. Gerhard Schubert zählt zu den Unternehmern, die sich für die Familien ihrer Beschäftigten verantwortlich fühlen. Ihm geht es nicht um bloße Rendite, sondern darum, ein gesundes und lebensfähiges Unternehmen dauerhaft auch im Sinne der Beschäftigten zu erhalten. Bei ihm gibt es Familien, die bereits in dritter Generation in der Hofäckerstraße arbeiten.

Schneider sagt: „Oft habe ich vor einem Berg gestanden und gedacht, das schaffen wir nicht. Aber dann kam der Chef, wir haben überlegt und es durchgezogen.“ Anschließend habe Schubert zu ihm gesagt: „Siehst Du, es klappt doch!“ Plötzlich erhebt sich die Stimme Schneiders: „Es hat Spaß gemacht, für Gerhard Schubert zu arbeiten. Und er hat auch immer gesagt, dass Arbeit Spaß machen muss. Wenn ich heute die Jungs (Anmerkung der Redaktion: Peter Schneider hat Ralf und Gerald als kleine Buben kennengelernt) sehe, kann der Chef sehr zufrieden sein. Es gibt selten Firmen, die in der Nachfolge so viel Glück haben. Bei Schubert geht es auf jeden Fall gut weiter! Das freut mich sehr!“ Schneider hat viele Geschichten parat. Eine davon gebe ich hier zum Besten: „Wissen Sie, die Schuberts können richtig feiern“, sagt er. Besonders Fasching war immer was los. Dann habe der Chef die Quetsche in die Hand genommen, sei durch die Hallen gelaufen und alle hätten mitgemacht.

„Die besten Verpackungsmaschinen der Welt!“

Meine Gedanken am Tisch werden unterbrochen. Zwei Männer mittleren Alters treten an den Tisch. Es sind Kunden aus Italien. Sie fragen, ob das Gerhard Schubert sei. Gerald Schubert kennt die beiden und stellt seinen Vater vor. Die Italiener drücken ihre Freude darüber aus, dass sie den Mann kennenlernen dürfen, der nach ihren Aussagen die besten Verpackungsmaschinen der Welt baut. Gerhard Schubert freut sich ganz bescheiden und kehrt zu seinem Essen zurück.

Gerhard Schubert ist ein Visionär und Kämpfer. Er denkt immer einen Schritt voraus und lässt sich auch durch Rückschläge nicht zurückwerfen. Dem Schlaganfall vor vier Jahren hat er getrotzt und sich eisern in sein Leben zurückgekämpft. Der kreative und kommunikative Crailsheimer, der auch gerne schreibt, ist ein Mann alter Schule, der von Mitarbeitern viel verlangt, aber auch gerne gibt. Er ist pflichtbewusst und als Hohenloher auch schon ein bisschen Schwabe – da müssen die Teller eben leer gegessen werden. Das hat er auch schon mal von Lehrlingen eindringlich verlangt.

Die zweite Generation hat das Ruder übernommen und es gefällt ihm, wie die Jungen das machen. Die nächste Zukunft ist wohl auch schon gesichert. Auf Johannes (Sohn von Gerald) und Peter (Sohn von Ralf) kann Gerhard Schubert bereits zählen. Johannes ist zurzeit für zwei Jahre in der Schubert-Niederlassung in den USA. Der Opa hat ihn nur ziehen lassen, weil er versprochen hat, dass er zurückkommt. Gerhard Schubert hatte einst seine Tochter zum Studium in die USA geschickt und sie blieb bis heute dort. Das sollte ihm wohl kein zweites Mal passieren. Zumal er es für eine Pflicht der Familienmitglieder hält, sein Unternehmen weiterzuführen.

Mein Teller war an diesem Tag natürlich leer, auch die vorzügliche Quarkspeise habe ich, obwohl der Bauch schon drückte, noch aufgegessen. Gerhard Schubert hat großen Respekt für diese Lebensleistung verdient. Ich freue mich schon auf das nächste Treffen mit ihm, denn er hat immer was zu sagen.

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Unternehmen

Gerhard Schubert GmbH

Hofäckerstraße 7
74564 Crailsheim
Germany