Blick in den Kartonierer.

Blick in den Kartonierer. (Bild: Optima)

Roboter setzen Behältnisse in  Pucks. Während der gesamten Verarbeitung verbleiben die Flaschen in den Pucks.
Roboter setzen Behältnisse in Pucks. Während der gesamten Verarbeitung verbleiben die Flaschen in den Pucks. (Bild: Optima)

Einzelwünsche in der Massenproduktion, das ist eines von drei zentralen Themen der Siemens-Kampagne. Nicht nur die technische Machbarkeit ist hier die Frage, sondern auch, zu welchen Kosten sich das realisieren lässt. Im übertragenen Sinne: Lassen sich die Flexibilität eines Smarts in der Stadt und die Geschwindigkeit und Effizienz eines ICEs über Land in der Anlagentechnik zusammenführen? Ein bildhafter Vergleich, der sehr gut die Projekt-Anforderungen des Unternehmens Dr. Kurt Wolff (Bielefeld) zusammenfasst.

Der mittelständische Kosmetikhersteller produziert unter anderem Shampoos der Marken Alpecin und Plantur. Hinzu kommen spezielle Shampoos für graue Haare, gegen Haarausfall, für jüngere und ältere Zielgruppen und viele weitere Sorten. Und schließlich erfordert jeder Exportmarkt spezifische Etiketten. So entsteht in der Summe eine immense Produktvielfalt bei den ohnehin vergleichsweise kleinen Losgrößen eines Mittelständlers. Eine Lösung hierfür wurde erst auf Umwegen gefunden, berichtet Walter Bergen, stellvertretender Betriebsleiter bei Dr. Kurt Wolff. Ursprünglich hat das Unternehmen die Anlagen selbst modifiziert und den Anforderungen angepasst. Mit dem Ergebnis, dass diese wohl flexibel, allerdings auch langsam und schwer zu rüsten waren. Bei Produkt- oder Formatwechseln nahmen Mechaniker Schraubenschlüssel in die Hand und passten Bauteile an. Und dies erforderte Spezialisten. Das Kosmetikunternehmen beauftragte daraufhin ein Ingenieurbüro mit einer Ausschreibung. So kam der Kontakt mit Optima zustande – 450 Kilometer südlich von Bielefeld tüftelten die Schwäbisch Haller mit Siemens und Festo zeitgleich an einer neuen flexiblen Transportlösung. Eine perfekte Konstellation: Das Unternehmen Dr. Kurt Wolff begleitete ab sofort die Neuentwicklung im Pilotprojekt bis hin zur Serienreife.

Seit Oktober 2015 ist das Ergebnis dieser gemeinsamen Entwicklung in Betrieb. Das Transportsystem MCS (Multi-Carrier-System), das modulare Konzept der Optima Moduline und des kombinierten Kartonierers und Etikettierers Optima CMF ergänzen sich perfekt. Die Systeme arbeiten Hand in Hand, um derzeit fünf Shampoo-Formate herzustellen. Weitere vier Formate sind bereits eingerichtet. „Neue Formate sind wahrscheinlich“, sagt Walter Bergen. Auch, weil der Kosmetikhersteller in zusätzliche Länder expandiert.

Gesamtansicht der Optima-Anlage bei Dr. Wolff. Der mittelständische Kosmetikhersteller produziert unter anderem Shampoos der Marken Alpecin und Plantur.
Gesamtansicht der Optima-Anlage bei Dr. Wolff. Der mittelständische Kosmetikhersteller produziert unter anderem Shampoos der Marken Alpecin und Plantur. (Bild: Optima)

Shampoos auf der Rennbahn

Zwei Delta-Roboter erkennen die Position der über Bänder zugeführten Shampoo-Flaschen. Mit verschleißfreien Saugern nimmt je ein Roboterarm die gescannten Flaschen auf und setzt diese in Pucks ein. Die Pucks sind mit dem MCS-Transportwagen magnetisch verbunden. Während der gesamten Verarbeitung verbleiben die Flaschen in den Pucks. So erreichen die Behältnisse in Zehnergruppen aneinandergereiht die zehnstellige Dosierstation. Derzeit werden bei Dr. Kurt Wolff Füllmengen von 50 bis 200 ml gefahren. Unter den Dosiernadeln verlangsamen sich die Carrier stark – ohne miteinander zu kollidieren. Jetzt verläuft die Bewegung synchron zu den sich mitbewegenden Füllnadeln des Dosiersystems.

Je nach Produkt wird hier eine Unterspiegelfüllung ausgeführt. Nach dem Dosieren fährt eine Abtropfleiste unter die Dosiernadeln, um außen anhaftendes Produkt aufnehmen zu können. Der zweistellige Verschließer greift die Schraubkappen, setzt diese im Pick-&-Place-Verfahren auf die Flaschen auf und schraubt diese vor. Nach einer Anwesenheitskontrolle folgt das zweistellige Nachverschrauben mit definiertem Drehmoment.

Etiketten kommunizieren die Vielfalt an Produktvarianten, und das natürlich in allen Sprachen. Da Dr. Kurt Wolff sowohl runde Flaschen als auch kombiniert rund/eckige Formen verwendet, unterscheiden sich die verarbeiteten Etikettentypen. Die sogenannten Andrücketiketten werden nach dem Aufspenden von zwei Andrückstationen fixiert. Hierfür stoppen die Carrier kurz ab. Bei den Wickeletiketten sind diese Stationen inaktiv. Die in Rotation versetzten Flaschen erhalten ihr Etikett im Durchlauf. Bei beiden Etikettentypen wird zusätzlich die aktuelle Chargennummer aufgedruckt. Entsprechend gruppieren sich die Carrier an dieser und an anderen Stellen je nach Bedarf.

Die weitere Verarbeitung erfolgt ebenfalls in Varianten. Abhängig vom Produkttyp werden die Flaschen sammelverpackt oder inline kartoniert. Der Optima-CMF-Kartonierer zieht die Zuschnitte aus einem Magazin ab, richtet diese auf und verschließt an der Unterseite. Synchron dazu dreht eine Wendestation die Flaschen auf den Kopf.

Der Ovalläufer setzt daraufhin die Flaschen – zusammen mit zugeführten Prospekten – in die Faltschachteln ein und verschließt diese an ihrer Oberseite. Die Anlage erreicht eine Ausbringung von 120 Flaschen pro Minute. Den SAT hat die Optima Moduline unter regulären Produktionsbedingungen mit 98 Prozent Maschinenverfügbarkeit bestanden.

Boxenstopp: Gantry wechselt die Pucks

Für den Formatwechsel fahren die Carrier zu einer multifunktionalen Gantry-Roboterstation. Die Carrier selbst verbleiben in der Anlage, nur die formatspezifischen Pucks werden ausgehoben und vom Gantry-System in Formatschränke ein- und ausgelagert.

Formatwechsel sind in maximal 45 Minuten erledigt. Füllnadeln und Produktzuleitungen werden in dieser Zeit automatisch gespült und gereinigt. Mit der Formatauswahl am HMI erhalten sämtliche Module der Anlage, einschließlich der Roboter, die neuen, passenden Parameter übermittelt. Die wenigen manuellen Tätigkeiten werden beispielsweise durch Bajonettverschlüsse vereinfacht, sodass Werkzeuge, wie Schraubenschlüssel, der Vergangenheit angehören.

Zahlreiche Kontrollen prüfen die Verarbeitung: So finden optische Anwesenheitskontrollen der Kappen auf den Gebinden sowie Schrägsitzkontrollen statt. Vom Verschließer wird das Drehmoment gemessen und registriert. Kameras registrieren den Sitz der Etiketten und lesen die Chargencodes. Um die Füllgewichte stichprobenartig zu überprüfen, entnimmt das Gantry-System Behältnisse und setzt diese auf eine Band-Kontrollwaage außerhalb des Rundläufers. Identifiziert werden fehlerhafte Gebinde mit einem RFID-System – jeder Carrier enthält einen RFID-Tag.

Nach den Prozesskontrollen signalisiert die Maschinensteuerung der Ausschleusstation, welches Gebinde zu entfernen ist. Dies ist zugleich die dritte Funktion des Gantry-Systems. Es entnimmt Gebinde aus dem Füll- und Verschließprozess, die nicht den Vorgaben entsprechen. Im Kartonierer sind weitere Prozesskontrollen enthalten. Eine zweite Ausschleusfunktion ist nach dem Kartonieren eingerichtet.

Im Ziel: Vorsprung ausgebaut

Dr. Kurt Wolff sieht sich für die Zukunft gut gerüstet, auch für noch kleinere Chargen und individuellere Produkte. Alle Parameter, die zu solchen Produkten führen,  sind spezifisch einrichtbar. Berechnungen haben zudem ergeben, dass die neue Anlage sehr viel ökonomischer arbeitet als mit den herkömmlichen Methoden.

Rainer Feuchter, Geschäftsführer der Optima Consumer GmbH: „Je flexibler sich eine Maschine einsetzen lässt, umso weiter reduziert sich die Lagerhaltung. Damit ist weniger Kapital in Form von Rohmaterialien und Fertigprodukten gebunden. Wird der Markt schnell beliefert, fließt das Kapital zudem schneller wieder zurück ins Unternehmen.“
Rainer Feuchter, Geschäftsführer der Optima Consumer GmbH: „Je flexibler sich eine Maschine einsetzen lässt, umso weiter reduziert sich die Lagerhaltung. Damit ist weniger Kapital in Form von Rohmaterialien und Fertigprodukten gebunden. Wird der Markt schnell beliefert, fließt das Kapital zudem schneller wieder zurück ins Unternehmen.“ (Bild: Optima)


Rainer Feuchter, Geschäftsführer der Optima Consumer GmbH: „Je flexibler sich eine Maschine einsetzen lässt, umso weiter reduziert sich die Lagerhaltung. Damit ist weniger Kapital in Form von Rohmaterialien und Fertigprodukten gebunden. Wird der Markt schnell beliefert, fließt das Kapital zudem schneller wieder zurück ins Unternehmen.“

 

Für Sie entscheidend
Synchronisierung und neue Freiheitsgrade
Das Multi-Carrier-System von Siemens und Festo erreicht in der Optima Moduline Geschwindigkeiten von 4 bis 5 m/Sek. Dabei liegt die Präzision der erreichten Position bei +/- 1/10 mm. Es können erstmals variable Abstände bis hin zum Verbund in unterschiedlichen Gruppierungen gefahren werden – sogar rückwärts und immer so, wie es die Verarbeitungsstationen und die Abläufe einer Maschine erfordern.

Für die Synchronisierung des Transportsystems mit den Funktionsmodulen und Materialfluss-Analysten setzte Optima Simulationssoftware von Siemens ein. Die Inbetriebnahme dauerte zwei Wochen. Sollte sich die Varianz bei Dr. Kurt Wolff in Zukunft noch weiter erhöhen, ließe sich die Anlage mit neuen Modulen erweitern. Das Transportsystem passt sich den Anforderungen an.

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