Rainer Thiele, Beiratsvorsitzender der Kathi Rainer Thiele GmbH, und Hans-Georg Böcher, Direktor des Deutschen Verpackungsmuseums in Heidelberg (von links).

Rainer Thiele, Beiratsvorsitzender der Kathi Rainer Thiele GmbH, und Hans-Georg Böcher, Direktor des Deutschen Verpackungsmuseums in Heidelberg (von links). (Bild: Deutsches Verpackungsmuseum)

Den Anfang machte Unternehmer Rainer Thiele, Beiratsvorsitzender der Kathi Rainer Thiele GmbH. Er referierte über das Paradoxon des Unternehmertums im Sozialismus am Beispiel seiner von den Eltern im Jahre 1951 in Halle gegründeten Firma. Der Name Kathi geht auf die Gründerin Käthe Thiele zurück. Die Zuhörer erfuhren, wie trotz permanenten Mangels und staatlicher Gängelung unternehmerischer Geist eine Marke weiterentwickeln konnte, die sich bis heute im harten Wettbewerb behaupten kann. In Zeiten des, wie es Thiele beschrieb, „latenten Mangels" im SED-Staat hatte der elterliche Betrieb die allererste Backmischung überhaupt im deutschen Markt entwickelt, da der Hausfrau damals die benötigten Zutaten nicht sicher zur Verfügung standen. Im Westen folgten 1970 mit Kraft und 1972 mit Dr. Oetker auch Hersteller der Marktwirtschaft dem östlichen Vorbild. Kathi ist heute mit über 42 Prozent souveräner Marktführer im deutschen Osten und belegt bundesweit mit etwa zwölf Prozent immerhin einen beachtlichen dritten Platz. Zentrales Thema des Familienunternehmers war die Bedeutung von Logo und Verpackung für die Entwicklung einer Marke.

Unternehmen startet Recyclat-Initiative

Verpackung als politisches Statement für mehr Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit stand im Mittelpunkt des Vortrages von Reinhard Schneider, geschäftsführender Gesellschafter und Alleininhaber der Werner & Mertz GmbH, Mainz. Hauptumsatzträger des rheinhessischen Traditionsunternehmens ist die ökologisch orientierte Marke Frosch, die mittlerweile souveräner Marktführer auf dem deutschen Reinigungsmittelmarkt ist. Ausgehend von der Perspektive, dass es bald mehr Plastik als Fisch in den Weltmeeren gäbe, stellte Schneider die auf eine Kreislaufwirtschaft hin ausgerichtete Recyclat-Initiative seines Unternehmens vor, das hierin unter anderem mit dem Grünen Punkt und Rewe zusammenarbeitet. Wenn die Kosten beherrschbar blieben, könne technologisch der Anteil von Recyclat in der Packungsproduktion, von derzeit 20 sogar auf 40 Prozent gesteigert werden. Nach Angaben des Unternehmers wurden zudem bereits über drei Millionen Flaschen komplett aus Altkunststoff produziert. Die nötige Technologie stelle sein Unternehmen als „open standard" auch Wettbewerbern zur Verfügung, ja suche sogar nach Mitstreitern. Auf dem G7-Gipfel in Berlin hatte Schneider Gelegenheit, seine Initiative ausländischen Experten vorzustellen. Zum Thema Preispolitik betonte der Unternehmer, sich konsequent aus dem „Rotstiftmilieu" des Discounts fernhalten zu wollen.

Konservativer Umgang mit Logo und Verpackung

Was eine Kultmarke ausmacht und wie man eine Marke gänzlich ohne Werbung dennoch mit Inhalten aufladen kann, war das Thema von Christian Rasch, Alleinvorstand der Badischen Staatsbrauerei Rothaus AG, Grafenhausen-Rothaus. Der Brauereichef identifizierte neben immer gleichbleibender höchster Produktqualität vor allem den konservativen Umgang mit Verpackung und Logo seiner Marke Tannenzäpfle als Schlüsselelement des großen Erfolges. Starke Marken zeigten sich ihrer Kundschaft auch dadurch als gefestigt, dass man ein etabliertes Design nicht unnötig verändere. Den Widerspruch, eine Marke ohne klassische Werbung zu führen, löste Rasch durch seine Ansicht auf, dass für Kultmarken der Kunde beziehungsweise der Konsument selbst werben würde. Seine Marke solle ihren Kunden eine „Leinwand" für deren eigene Projektionen sein: Keinesfalls wolle man festgelegte Motivwelten werblich aufs Gleis setzen, welche die Konsumerfahrung nur unnötig einschränken würden. Das Kultpotenzial seiner Marke sah der Redner weniger durch die branchenuntypisch hohe Gewinnmarge bestätigt. Für das emotionale Engagement der Verwenderschaft spräche vielmehr, dass dem auf der Packung abgebildeten „Schwarzwald-Maidle" die Kundschaft einen erfundenen Namen verliehen habe: Birgit Kraft. Dies sei eine im alemannischen Dialekt versteckte Botschaft, dass Bier eben Kraft gebe. Kult könne man nicht kaufen, man müsse ihn nur zulassen.

Obsession als Erfolgselement

Einen Parforceritt durch 165 Jahre Markengeschichte demonstrierte im vierten und letzten Vortrag Stephen Leroux, Executive Director von Champagne Charles Heidsieck aus Reims. Auch er qualifizierte die bedingungslose Orientierung oder, wie der Vortragende es nannte, Obsession einer Fokussierung auf Spitzenqualität als wesentliches Erfolgselement der Marke. Eindrücklich erfuhr das Auditorium, wie die Firmengeschichte selbst die Marke über mehr als anderthalb Jahrhunderte stringent aufgeladen hat. Der Markengründer war eine in den USA legendäre Figur, der in Zeiten des Bürgerkriegs mit beiden Amerikas Geschäfte machte.

Erneut wurde auf diesem 19. Deutschen Verpackungsdialog in Heidelberg die Verpackung des Jahres gekürt. In Würdigung ihrer Rolle als Klassiker"des internationalen Verpackungsdesigns und zugleich als Anerkennung für die bewiesene Beständigkeit im Umgang mit der etablierten markanten Flaschenform ging die Auszeichnung an Maggi. Die legendäre Langhalsflasche hatte 1886 Julius Maggi persönlich gestaltet. Im 130. Jahr des Markenbestehens erhielt seine Schöpfung nun den Preis Verpackung des Jahres 2016.

 

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