Die Teilnehmer des Wettbewerbs für Schmuckverpackungen.

Die Teilnehmer des Wettbewerbs für Schmuckverpackungen. (Bild: HS PF)

Die Modelle mit technischen Kniffen wie einer textilen Wickelung und außergewöhnlichen Materialien wie 3D-Folie wurden von einer Jury gekürt und während der Inhorgenta der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Inhorgenta ist Europas wichtigste Schmuckfachmesse und fand vom 16. bis zum 19. Februar 2018 in München statt.

Ungewöhnliche Herausforderung

Eigentlich beschäftigen sich Schmuck-Studierende mit dem Inhalt von Verpackungen und nicht mit der Verpackung selbst – eine ungewöhnliche Herausforderung also für die angehenden Designer. Susanne Kappis, Spartenleiterin für den Bereich Facheinzelhandel bei Dahlinger, hat die Kooperation ins Leben gerufen. Die Firma mit Sitz im Schwarzwald produziert Verpackungen für Schmuck, Uhren, Kosmetik und Spirituosen. „Bei vielen Produkten ist die Verpackung der Verkaufstrigger, über sie transportieren wir die Wertigkeit des Inhalts“, erklärt Benjamin Holch, Leiter der Designabteilung bei Dahlinger. Ein gutes Design ist auch in diesem Bereich ein Alleskönner: Eine schöne Verpackung weckt Emotionen und beschert ein Auspackerlebnis – „out of box experience" im Fachjargon genannt. Die Studierenden aus Schmuck und Visuelle Kommunikation haben sich zunächst vor Ort in Lahr mit dem Thema Schmuckverpackung auseinandergesetzt und sich mit den funktionalen Aspekten beschäftigt: Material, Haptik, Herstellbarkeit, Seriencharakter gehören neben einem anregendem Äußeren zu den wichtigen Merkmalen.

Positive Rückmeldungen erhielten die Verpackungsideen der Studierenden auf der Inhorgenta.
Positive Rückmeldungen erhielten die Verpackungsideen der Studierenden auf der Inhorgenta. (Bild: Dahlinger)

Vier Studierende ausgezeichnet

Zwölf Studierende vom dritten bis sechsten Semester haben an dem Projekt teilgenommen, ausgezeichnet wurden vier von ihnen. Den 3. Platz dotiert mit 600 Euro belegte Silvia Bogatzki. Ihr Entwurf der Schmuck-Verpackung ist von japanischen Lunch-Boxen inspiriert, die in Stoffe gehüllt und mit einem kunstvollen Knoten versehen werden. Die unterschiedlichen Stofflagen sind schneckenförmig gefaltet und verhüllen den Inhalt. „Simpel mit hohem Effekt“, so das Urteil der Jury. Die Verpackung von Silvia Bogatzki ist flexibel einsetzbar für unterschiedliche Schmuckstücke. Sie kann je nach Saison, Ereignis oder Firmenbrand mit verschiedenen Stoffen umgesetzt werden. Ann-Kathrin Grether wurde in ihrer Gestaltung vom magischen Moment des Heiratsantrags inspiriert. Ihre Verpackung „Oui“, französisch für „Ja“, gleicht der Form eines geschliffenen Diamanten, der sich wie ein Etui öffnen lässt. Der Schmuck ‚springt’ dem Beschenkten sprichwörtlich entgegen. Für ihren Entwurf erhielt sie den 2. Preis in Höhe von 800 Euro. „Mir war es wichtig, die Verpackung gleichzeitig als Präsentationsobjekt nutzen zu können, mein Modell sollte keinen Deckel haben, den man abnehmen kann.“

Gewinner mit 3D-Effekt

Der 1. Platz wurde sogar zweimal vergeben: Viktoria Schumann und Elina Karitonov konnten sich beide über ein Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro freuen. Die Studentin aus der Visuellen Kommunikation Elina Karitonov hat mit 3D-Folie experimentiert. Sie nennt ihr Konzept „Ice Cube“, Eiswürfel. Die 3D-Folie wirkt transparent, ohne den Inhalt preiszugeben. Viele Formen habe sie ausprobiert, die zündende Idee kam dann in einem Papiergeschäft: Mit der 3D-Folie nutzt sie den Lichteinfall für ihre Zwecke, denn die Lichtstrahlen werden in der Folie gebrochen und schaffen den 3D-Effekt. „Meine Schatulle ist auch gut für Schaufenster verwendbar. Wenn die Lichtspots von hinten auf den aufgeklappten Deckel strahlen, sieht der Betrachter von vorne den Effekt wie in einem Kaleidoskop“, so die 24-Jährige. Nicht nur Form und Material spielen im Verpackungsdesign eine große Rolle, sondern auch die Produktionskosten, die nachhaltige Verwendung und die Möglichkeit zum Versand. Gut gelöst hat dies die Schmuck-Studentin Viktoria Schumann: „Eine Verpackung mit Wow-Effekt“, urteilte Geschäftsführer Bernd Dahlinger. Viktoria Schumann ist fasziniert vom Volumenwunder von Girlanden und experimentierte in ihrem Model mit der Bewegung vom Zweidimensionalen ins Dreidimensionale. Ihre Verpackung ist im geschlossenen Zustand ganz flach, beim Öffnen entfaltet sich eine Wabenstruktur aus Seidenpapier wie eine Ziehharmonika. Die vielen Lagen Papier halten den Schmuck in Position und bieten ihm Schutz.

Balance zwischen Freiheit und Marktanforderungen

Professorin Christine Lüdeke, die das interdisziplinäre Projekt an der Hochschule betreut hat, begrüßt die Chance, auch einmal diesen Aspekt der Schmuckwelt zu betrachten. „Die größte Aufgabe ist es, eine gute Balance zwischen der Freiheit, neuen Ideen Raum zu geben, und den Ansprüchen eines Verpackungsherstellers und dem Markt zu finden“, so die Schmuck-Professorin. Die Studierenden mussten ihre Konzepte für eine typische Palette von sechs verschiedenen Schmuckarten und -größen durchdeklinieren und dafür die entsprechenden Prototypen bauen. „Eine sehr gelungene Mischung – auch Dank der Offenheit der Firma Dahlinger. Eine innovative Idee muss genügend Zeit haben zu reifen; wird sie organisch weiterentwickelt, behält sie den innovativen Geist auch in der Markttauglichkeit. Alle Studierenden haben sich mit dem Moment des Schenkens auseinandergesetzt – dieser Fokus bereitet Gestaltungsansätze, die neuen Wind in den Schmuckverpackungsmarkt bringen können“, kommentiert Lüdeke, die zum zweiten Mal auch Jury-Mitglied des Inhorgenta-Awards war.

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