Bis zu sieben Dosen strömen pro Sekunde aus dem Rundläufer – da spielt das Sicherheitskonzept eine entscheidende Rolle.

Bis zu sieben Dosen strömen pro Sekunde aus dem Rundläufer – da spielt das Sicherheitskonzept eine entscheidende Rolle. (Bild: Pilz)

Die flexibel integrier- und dynamisch fahrbaren Applikatoren des Kölner Unternehmens kommen in der Regel am Ende von Abfülllinien zum Einsatz. Genauer gesagt dort, wo Hersteller von Convenience-Produkten ihren Dosen-, Becher-, Flaschen- oder Kartonverpackungen noch Trinkhalme, Gabeln, Löffel, Gadgets oder Spielzeuge beifügen möchten. Produzenten wie auch der Gesetzgeber geben vor, an welcher Stelle dieser sitzen beziehungsweise nicht sitzen darf: optoelektronisch lesbare Codes, Firmenlogos, Markenzeichen und Inhaltsangaben sind tabu. Die Rundläufer-Applikationsanlagen müssen also sicherstellen, dass die Trinkhalme selbst bei hohen Prozessgeschwindigkeiten immer an der vorab definierten Stelle landen. Das erfordert sowohl maschinenbau-, automatisierungs- als auch steuerungstechnisches Know-how.

Zielsicher Applizieren trotz hoher Drehzahl

Seit 1966 weiß der Sondermaschinenbauer Geyssel, wie das geht: Mit rund 35 Mitarbeitern entwickelt und baut das mittelständische Unternehmen unter anderem Maschinen und Applikatoren für die Verpackungs- und Getränkeindustrie. Je nach Typ können die Anlagen voll- oder teilautomatisiert Objekte wie Trinkhalme, Löffel, Päckchen vertikal, diagonal, horizontal auf die gewünschte Seite respektive oben oder unten auf Packungen, Becher, Flaschen applizieren. Maschinen und Handhabungsanlagen von Geyssel sind weltweit im Einsatz. Wer nachvollziehen will, wie die rund drei mal zwei und in der Höhe circa zwei Meter messende Anlage Trinkhalme auf die Dose klebt, muss den Bediener bitten, in den Slow-Motion-Modus zu schalten. Denn bei maximaler Geschwindigkeit strömen pro Sekunde bis zu sieben Becher oder Dosen aus der gläsernen Zelle – kaum eine Chance für das Auge, den eigentlichen Applikationsprozess nachzuvollziehen.

Hier läuft’s rund

Wahlweise führen ein- oder mehrbahnige Transportbänder die fertig befüllten Behälter zu, Sensoren erfassen die befüllten Produkte berührungslos. Zentrales Element der Anlage ist ein Rundläufer mit 16 Stationen, die um die vertikale Antriebsachse gruppiert sind. Im Eingangsbereich ermöglicht eine Eingangsschnecke gleichmäßige Abstände, ein Einlaufstern befördert das Packgut auf die Plätze rund um die Hauptwelle. Optische Sensoren detektieren die an den Behälter aufgebrachten Druckmarken. Die Anlagensteuerung veranlasst die an jeder der 16 Aufnahmestationen angebrachten Servomotoren, Dose, Becher oder Flasche in die korrekte Ausrichtposition zu drehen. Eine Düse versieht die Gefäßwand mit Leimpunkten, ein Appliziergetriebe bringt die aufzubringenden Objekte auf. In der Regel wird das Applikationsgut gegurtet per Folienband über ein Transportrad zugeführt, ein Messer trennt die einzelnen Teile. Die Konsistenz des Klebers, meistens ein Hotmelt, ist dabei so ausgelegt, dass dieser in kürzester Zeit aushärtet und das Objekt nicht mehr abfallen kann. Das nunmehr packfertige Convenience-Produkt fährt auf der Welle weiter, wird vor der Auswurfstation noch in die gewünschte Position gedreht und läuft über ein Ablaufband zur finalen Packstation. Bis dorthin vollzieht sich der Prozess vollautomatisch, auf Kundenanforderung lässt sich auch das Verpacken mithilfe Handling-Einheit automatisieren.

Doppelte Sicherheit

Im Zuge der Neukonzeption des Applikators stand nicht zuletzt die Frage nach einem leistungsfähigen und flexiblen Sicherheitskonzept an: „Beim Vorgängermodell hatten wir noch klassische Relaistechnik im Einsatz, bei der neuen Maschine sollten diese durch eine leistungsfähige Kleinsteuerung ersetzt werden", erklärt Steffen Bienert, Elektrokonstrukteur bei Geyssel. Konkrete Gefahren gehen insbesondere von der zentralen Antriebswelle und den schnell rotierenden 16 Stationen aus. Vier Türen und eine zuführende Klappe musste der Maschinenbauer so sichern, dass Bediener und Personen im Umfeld des Rundläufers nicht gefährdet werden. Im vorliegenden Fall war eine sichere Verriegelung mit sicherer Zuhaltung gefordert, um jedes mutwillige oder versehentliche Öffnen von Klappen oder Schutztüren im laufenden Betrieb unmöglich zu machen.

Flexibler Türwächter im Verbund mit flexibler Steuerung

„Das sichere Schutztürsystem PSEN-M-Lock ist insbesondere für Maschinen mit gefährlichem Nachlauf und rotierenden Gegenständen geeignet, bei denen eine sichere Zuhaltung ein Muss ist. Will der Bediener hier beispielsweise wegen einer Fehlfunktion oder einer nicht korrekt ausgerichteten Dose eingreifen, gibt das System in keinem Fall eine Tür oder Klappe zum Öffnen frei. Öffnen lassen die sich erst dann, wenn die Anlage zuvor per Not-Halt-Funktion in den sicheren Stillstand gefahren wurde. Sollte eine Dose mit einem Gewicht von etwa 250 Gramm aus ihrer Position im Rundläufer gegen Tür oder Klappe schleudern, hält der mechanische Verschluss dem Aufschlag stand", erläutert Ruben Maas, Vertriebsingenieur und ZMSE-Maschinensicherheitsexperte bei Pilz.

Beim Sondermaschinen­bauer Geyssel war maßgeblich, dass Pilz nicht nur qualitativ hochwertige Produkte, sondern faktische Unterstützung in allen Fragen rund um Automation und Sicherheit bietet.
Beim Sondermaschinen­bauer Geyssel war maßgeblich, dass Pilz nicht nur qualitativ hochwertige Produkte, sondern faktische Unterstützung in allen Fragen rund um Automation und Sicherheit bietet. (Bild: Pilz)

Entscheidend für Geyssel war, dass das robuste und kompakte Schutztürsystem das einzige seiner Art mit mechanischem Fehlerausschluss ist: „Wir haben verschiedene Lösungen in Betracht gezogen und uns unter anderem deshalb für PSEN-M-Lock entschieden, weil es Verriegelung und sichere Zuhaltung in einem Gerät bietet. Ein zusätzliches Plus sind ganz klar die komfortablen Einbau- und Diagnosefeatures, die das Gerät vielseitig verwendbar machen", ergänzt Bienert. Schließlich will Geyssel PSEN-M-Lock auch bei anderen Applikations-, Verpackungs-, Prüf- und Sondermaschinen einsetzen.

Bei dem Schutztürsystem sind die LEDs an drei Gehäuseseiten angebracht und damit für Diagnosezwecke unabhängig von der Einbausituation gut ablesbar. Ein flexibel gelagerter Betätiger ermöglicht zudem einen hohen Toleranzausgleich – für den Fall, dass eine Tür mal um ein paar Millimeter absacken sollte. Realisiert wird die sichere Zuhaltung über eine zweikanalige Ansteuerung. Die für ihre Zwecke geeignete Kleinsteuerung fand Geyssel in der konfigurierbaren sicheren Kleinsteuerung PNOZ-Multi 2: Das lediglich 45 mm schmale Basisgerät PNOZ M B0 stellt 20 sichere Eingänge und vier sichere Halbleiterausgänge zur Verfügung und ist bei Bedarf flexibel erweiterbar. Das von Pilz entwickelte Softwaretool PNOZ-Multi Configurator gestaltet die Konfiguration der Kleinsteuerung bedienerfreundlich; alle für die Applikationszelle erforderlichen Funktionen sind bereits in der kleinen Sicherheitssteuerung PNOZ-Multi 2 angelegt. Die Steuerung überwacht Sicherheitsfunktionen zuverlässig mit zertifizierter Hard- und Software und lässt sich modular an die jeweilige Applikation anpassen.

Kooperation auf Augenhöhe

„Maßgeblich für uns war, dass Pilz nicht nur qualitativ hochwertige Produkte, sondern faktische Unterstützung in allen Fragen rund um Automation und Sicherheit bietet. Das kompakte Schutztürsystem PSEN-M-Lock setzen wir standardmäßig dort ein, wo eine sichere mechanische Türverriegelung unabdingbar ist", betont Konstrukteur Bienert. „Als kleines mittelständisches Unternehmen sind wir auf innovative Partner angewiesen, die Kooperation mit Pilz läuft dabei stets auf Augenhöhe. Bei Automatisierung und Sicherheit werden wir daher auch in Zukunft gerne auf die Expertise aus Ostfildern zurückgreifen", fasst Bienert zusammen.

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Pilz GmbH & Co. KG

Felix-Wankel-Straße 2
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