Die Etiketten sind fester Teil des Storytellings.

Die Etiketten sind fester Teil des Storytellings. (Bild: Peter Schmidt)

Wer hat das nicht schon selbst erlebt: Der Einkaufswagen ist soweit gefüllt, was jetzt noch fehlt, ist eine Flasche Roter. Vor dem Weinregal angekommen, ist man regelrecht erschlagen von der Masse des Angebots. Trotzdem kommen auch Wein-Nichtkenner in aller Regel schnell zu einer Kaufentscheidung. Ausschlaggebend ist hier in aller Regel – neben dem Preis – das Etikett. Somit kommt diesen wenigen Quadratzentimetern Fläche eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu.

Design als Türöffner in den Einzelhandel

Zwischen 50 und 80 Prozent aller Kaufentscheidungen fallen direkt am Ladenregal, 20 Prozent sind sogar reine Impulskäufe. Eine Statistik besagt sogar, dass in Deutschland nur 38 Prozent der Einkäufer vorab, also bevor sie das Geschäft betreten, entscheiden, aus welcher Kategorie sie einkaufen möchten, welche Marke sie dabei suchen und in welcher Menge sie ein Produkt einkaufen möchten. Bedenkt man mit diesem Hintergrundwissen, dass die Verpackung die einzige Werbung ist, die der potenzielle Kunde von einem Produkt im Regal wahrnimmt, dann erschließt sich, warum das Verpackungsdesign so wichtig ist – auch beziehungsweise gerade in der Kategorie Wein. Dabei kann das Design nicht nur den Kunden verführen, gerade diese eine Flasche Wein mit an die Kasse zu nehmen. Denn bevor es überhaupt zur Verkaufssituation kommt, muss der Weinproduzent eine Listung im Einzelhandel erhalten – auch hier kann das Design der entscheidende Türöffner sein.

Drei Merkmale sind entscheidend

Alleinstellungsmerkmale sind natürlich für alle Markenartikler wichtig. Doch im Segment Wein hat die Bedeutung des Designs noch einmal eine Sonderstellung: Im Jahr 2015 bestanden 12,5 Prozent aller angebotenen Weine aus Neulistungen. Und bis Anfang 2018 kamen 4.200 weitere hinzu. Will ein Winzer also gekauft werden und sich zu diesem Zweck Gedanken über sein Verpackungsdesign machen, so sind laut Aldinger für ihn drei Merkmale entscheidend.

Zum einen wäre da eine fundierte Analyse des Weinsegments und dessen visueller Codes. Die Fragen, die sich der Winzer beziehungsweise Designer stellen sollte, lauten:

  • Wie lässt sich das Weinsegment gliedern?
  • Wie positionieren sich die Wettbewerber?
  • Welche Trends herrschen vor?
  • Was sind die aktuellen und zukünftigen Trends, Entwicklungen und Herausforderungen am Markt?

Bei den visuellen Codes gilt, dass die wichtigsten, für Aufmerksamkeit sorgenden Elemente Form, Farbe und Kontrast des Etiketts sind. Ein dunkles Design beispielsweise steht für eine eher charaktervolle Persönlichkeit. Und: Designs von Marken der höchsten Qualitätsstufe unterscheiden sich in aller Regel am geringsten.

Der Kunde – das unbekannte Wesen

Das zweite entscheidende Merkmal ist das Kundenverständnis. Denn wenig überraschend sind die stärksten Marken und Designs diejenigen, denen es gelingt, die emotionalen Motivatoren von Kaufinteressenten konsequent zu adressieren. Die hier zu stellenden Fragen lauten darum:

  • Wie erreiche ich die relevante Zielgruppe und Käuferschafft?
  • Wie sieht die Lebenswelt der Zielgruppe aus?
  • Welche Erwartungen und Bedürfnisse hat die Zielgruppe an die Marke und das Produkt?
  • Was motiviert den Kunden zum Kauf?

Und – last but not least – das dritte Merkmal: Storytelling, also die emotionale Kundenansprache durch Design. Die Kunst dabei ist es, die Markenbotschaft beziehungsweise das Markenversprechen in ein einzigartiges und schlüssiges Marken- und Designkonzept zu übersetzen. Als Beispiel für gelungenes Storytelling nannte Aldinger die Geschichte der Winehunters.

Mit Pfeil und Angel Kunden jagen

Die Marke wurde von sechs Freunden gegründet, die gemeinsam das Ziel verfolgen, exzellente und charaktervolle Weine in Deutschland zu produzieren. Der Name Winehunters leitet sich dabei vom Begriff Coolhunting ab, also der Jagd und Kommerzialisierung von Trends. Auf Winehunters bezogen heißt das: Auf der Suche nach Trends und Inspirationen aus den unterschiedlichen Weinbauregionen der Welt. Für das Design wählten die Jungwinzer Analogien zur Jagd und unterschiedlichen Jagdmethoden, so ziert das Etikett der Abfüllung „Der Jäger" ein ausgeschnittener Pfeil, der eine Weintraube durchbohrt. Beim „Der Angler" wiederum arbeitet das Design mit einem Angelhaken. Der Erfolg konnte sich sehen lassen: Mit Listungen in der gehobenen Gastronomie und im Weinfachhandel war der erste Jahrgang komplett ausverkauft.

Fazit

Was also macht ein erfolgreiches Verpackungsdesign aus? Laut Creative Director Aldinger muss es vor allem glaubwürdig sein, Identifikation schaffen und die Bedürfnisse des Kunden gezielt ansprechen. Das Design sollte die Produkt- und Markenstrategie des Unternehmens konsequent widerspiegeln. Und vor allem eine gute Differenzierung am POS durch Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit im Auftritt ermöglichen.

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