Mensch und Produkt müssen durch geeignete Containment-Lösungen voreinander geschützt werden. Im Bereich flüssiger Pharmazeutika kommt Isolatoren eine immer wichtigere Bedeutung zu.

Mensch und Produkt müssen durch geeignete Containment-Lösungen voreinander geschützt werden. Im Bereich flüssiger Pharmazeutika kommt Isolatoren eine immer wichtigere Bedeutung zu. (Bild: Bosch)

Der Markt für Pharmazeutika wächst unaufhaltsam weiter. Laut aktuellem Marktbericht des Quintiles IMS Institute werden die Ausgaben für Medikamente im Jahr 2021 weltweit bei 1,5 Billionen US-Dollar liegen. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von vier bis sieben Prozent in Ausgaben für Medikamente oder drei Prozent in Dosierungen. Allen voran werden die USA – trotz derzeit unsicherer politischer Lage hinsichtlich der allgemeinen Gesundheitsversorgung – in den kommenden Jahren das stärkste Wachstum verzeichnen, während die sogenannten Pharmerging Markets rund zwei Drittel des gesamten Medikamentenvolumens benötigen.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die Weltbevölkerung wächst (bis 2030 um 1,24 Prozent pro Jahr) und wird parallel immer älter. Die weiterhin zunehmende Urbanisierung und eine wachsende Mittelschicht machen Medikamente für immer mehr Menschen zugänglich und bezahlbar und sorgen ebenfalls für einen höheren Medikamentenbedarf.

Megatrend Biologics

Während in den Pharmerging Markets zunächst der Bedarf an herkömmlichen Medikamenten, wie Schmerzmitteln und auch verschreibungspflichtigen Antibiotika, steigt, eröffnen sich parallel in Industrieländern ganz neue Behandlungsmöglichkeiten durch den Zugang zu komplexeren Wirkstoffen. Im Bereich der biologischen Wirkstoffe vollziehen sich bahnbrechende Veränderungen, etwa in der Behandlung von Krebs, Autoimmunerkrankungen und seltenen Krankheiten, die nur kleine Patientengruppen betreffen.

In der noch jungen Krebsimmuntherapie beispielsweise wird das eigene Immunsystem ertüchtigt, gegen Tumorzellen vorzugehen. Ein weiterer, sehr vielversprechender Forschungs- und Anwendungsbereich beschäftigt sich mit Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten (ADC). Diese hochwertigen Biopharmazeutika koppeln bestimmte Wirkstoffe an einen Antikörper, der an eine Zielstruktur bindet, beispielsweise ein Antigen auf der Oberfläche der Tumorzelle. So gelangen etwa Zytostatika wie in einem trojanischen Pferd ins Innere der Krebszelle und können dort sehr gezielt ihre chemotherapeutische Wirkung entfalten.

Mehrere Jahre sah die pharmazeutische Industrie der Biopharma-Patentklippe mit einer gewissen Sorge entgegen. Jetzt sind die Patente einiger großer biotechnischer Moleküle abgelaufen – und die Herstellung von Biosimilars hat begonnen. Für Patienten bedeutet diese Entwicklung einen enormen Fortschritt, da viele Medikamente jetzt in größerem Umfang produziert und zu deutlich niedrigeren Preisen erhältlich sind.

Auch bei Impfstoffen macht die Medizin große Fortschritte; gezielte Kampagnen werden unter anderem von der WHO und Unicef stark gefördert. Pharmahersteller engagieren sich ebenfalls mit kostengünstigen Lösungen für die Entwicklung neuer Impfstoffe zur Bekämpfung von Malaria, HIV, Zika oder Ebola – Krankheiten, die mittlerweile auch in industrialisierten Nationen auftreten.

Dr. Johannes Rauschnabel, Chief Pharma Expert, Bosch Packaging Technology.
Dr. Johannes Rauschnabel, Chief Pharma Expert, Bosch Packaging Technology. (Bild: Bosch)

Der nächste Schritt hin zu einer noch zielgerichteteren Behandlung besteht in der Anwendung stratifizierter Medizin. Sie richtet sich gezielt an Patientengruppen mit den gleichen genetischen Voraussetzungen. Mithilfe von molekularer Diagnostik lässt sich der Genotyp des Patienten bestimmen und so die Wirksamkeit und Verträglichkeit des jeweiligen Arzneimittels vorhersagen. Das erhöht nicht nur die Effektivität. Durch eine entsprechende Anpassung der Dosis an den Genotyp sind auch geringere Nebenwirkungen die Folge.

Verändertes Rollenverständnis

All diese pharmazeutischen Innovationen erfordern intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie entsprechende Produktionsbedingungen, um eine schnelle Time-to-Market zu erzielen. Pharmazeutische Hersteller müssen sich strikt an bestehende gesetzliche Vorgaben halten und dabei potenzielle Veränderungen bestehender Richtlinien stets im Blick haben. Sie müssen ihre Produktionsumgebung an die Anforderungen hochpotenter Wirkstoffe anpassen und dabei neue Verfahren und die fortschreitende Digitalisierung miteinbeziehen.

Im Zuge dieser Veränderungen hat sich auch das Rollenverständnis in der Zusammenarbeit zwischen Pharmaherstellern und Anlagenanbietern gewandelt – von der reinen Geschäftsbeziehung von Auftraggeber und Zulieferer hin zu einer partnerschaftlichen Kooperation, in der dem Maschinenbauer eine größere Verantwortung zukommt. Der Zulieferer wird zum Partner, der vor, während und nach dem Projekt mit profunder Markt- und Technologiekompetenz den Gesamtprozess begleitet und so eine schnelle Time-to-Market neuer Pharmazeutika ermöglicht.

 

 

Vom Labor zur Produktion

Ehe pharmazeutische Neuentwicklungen im Markt eingeführt werden, durchlaufen sie langwierige und teure Forschungs- und Entwicklungsprozesse. Gleichzeitig sind Hersteller an einer schnellen Marktreife des Produkts interessiert, um dessen Exklusivität während des zeitlich limitierten Patentschutzes maximal nutzen zu können. Das Stichwort für eine zügige Markteinführung lautet „Scale-up", also der Transfer vom Labor- zum Produktionsmaßstab. Dabei müssen Parameter und Rezepturen exakt und gemäß der guten Herstellungspraxis (GMP) vom Laborequipment auf größere Anlagen übertragen werden. Hier helfen neueste Simulationswerkzeuge, die die erforderlichen Prozessbedingungen berechnen und so erheblich Zeit zu sparen. Neben dem Scale-up ist aktuell insbesondere bei kleinen Losgrößen zielgerichteter Pharmazeutika ein neuer Trend hin zu „Scale-out" zu beobachten: Um Produktionskapazitäten zu erhöhen, wird das vorhandene Equipment exakt für andere Standorte oder Lohnhersteller nachgebildet. Dafür bedarf es sehr klar definierte Prozesse, sowie erschwingliche und robuste Maschinen mit einem hohen Automatisierungsgrad.

Schnelligkeit ist bei der Produktion von Generika besonders wichtig, und das sowohl in den Schwellenländern als auch in den Industrienationen. Letztere sehen sich einem stetig steigenden Kostendruck im Gesundheitswesen gegenüber, die Pharmerging Markets benötigen günstige Medikamente für große Bevölkerungsgruppen. Grundvoraussetzung dafür sind ausgereifte, robuste Technologien, die eine einfache Bedienung, schnelle Reinigung und kurze Umrüstzeiten bieten. Auch bei den Biosimilars gibt es nicht nur die klein-, sondern auch die großvolumige Herstellung. Bei häufigen Produktwechseln bieten sich vorsterilisierte Einweg-Systeme an, da diese kaum Vorbereitungszeit benötigen und hohe Füllgenauigkeit mit maximaler Sicherheit kombinieren – und den zeitaufwendigen Prozess der Reinigung, Sterilisierung und Validierung produktberührender Teile überflüssig machen.

Höchste Sicherheit für Mensch und Produkt

Im Bereich der Biologics werden Prozesse immer komplexer und Sicherheitsbestimmungen immer strikter. ADCs beispielsweise sind hochpotente, für den Maschinenbediener giftige Produkte, die aus einem Biologika-Teil (dem Antikörper), einem Linker und einem kleinen Wirkmolekül bestehen. Gleichzeitig ist der Mensch die höchste Gefahrenquelle für Produktkontamination. Daher gilt es, Mensch und Produkt durch geeignete Containment-Lösungen voreinander zu schützen. Im Bereich flüssiger Pharmazeutika kommt Isolatoren eine immer wichtigere Bedeutung zu. Dabei bleiben Vials die am häufigsten in Isolatoren verarbeiteten Behältnisse, während besonders in Europa die Nutzung vorgefüllter Spritzen schnell zunimmt. Die Entwicklung neuer füllfertiger steriler Primärpackmittel, wie vorsterilisierte Spritzen, Vials und Karpulen im Nest, hat den Weg für die Entwicklung neuer Linienkonzepte geebnet.

Um ADCs auch vor anderen äußeren Einflüssen, wie etwa Sauerstoff, Feuchte oder Sonnenlicht, zu schützen, werden diese meist nach der Abfüllung in Vials gefriergetrocknet. Die Wirkstoffe werden bis zur Anwendung konserviert und sind deutlich länger haltbar als ihr flüssiges Pendant. Voraussetzung dafür ist eine sehr genaue Dichtigkeitsprüfung des Packmittels.

Container Closure Integrity (CCI) spielt eine wichtige Rolle, um die Sterilität und Stabilität – und somit Qualität und Sicherheit – auch von lyophilisierten Produkten zu gewährleisten und erfordert die Überprüfung einer Vielzahl an Parametern. Die United States Pharmacopeia (USP) hat deshalb ihr Generalkapitel 1207 überarbeitet und fordert mehr quantitative, nicht-destruktive CCI-Testverfahren. Beispiele sind etwa die mittels Hochspannung durchgeführte Dichtigkeitsprüfung (High-Voltage Leak Detection, HVLD) oder die Headspace-Analyse (HSA). Auch bei der Revision der „EU GMP Guideline for Manufacture of Sterile Medical Products Annex 1" (kurz Annex 1) wird die CCI-Inspektion von sterilen Produkten ein Thema sein. Mit der Revision von Annex 1 steht auf jeden Fall die größte und umfangreichste Änderung seit der ersten Veröffentlichung im Jahr 1972 bevor.

Ein bekanntes regulatorisches Thema genießt derzeit hohe Priorität, da sie die Sicherheit der Patienten vor Fälschungen zum Inhalt hat. Die Rede ist von der eindeutigen Serialisierung von Pharmaverpackungen. Dabei reicht es längst nicht aus, einen Data-Matrix-Code auf Faltschachteln aufzudrucken. Eine vollumfängliche Serialisierungslösung sollte in der Lage sein, das verpackte Produkt massenweise zu serialisieren, die Codes zu verifizieren und mit Etiketten oder Unversehrtheitssiegeln zu versehen.

Pharma auf dem Weg zu Industrie 4.0?

Die Serialisierung in der Pharmaindustrie ist ein erster Schritt hin zu einer zunehmenden Vernetzung von Produktionsabläufen. Prinzipiell sollten Softwarelösungen in der Lage sein, nicht nur die Vergabe der Seriennummer bis hin zur letzten Aggregationsstufe zu managen, sondern auch einzelne Komponenten und Fremdmaschinen, Verpackungslinien, eigene oder fremde IT-Systeme und ganze Fabriken miteinander zu vernetzen. Im Vergleich zu anderen Industrien befindet sich die Pharmabranche hier – wie auch beim Thema Continuous Processing – noch im Anfangsstadium. Aber die Entwicklungen in der Digitalisierung lassen sich auch in der Pharmaindustrie nicht aufhalten.

Unter anderem helfen Software-Module dabei, Produktions- und Qualitätsdaten sowie Logistikprozesse flexibel nach Kundenanforderungen zu steuern und zu überwachen. Leicht zu verstehende Bedienoberflächen unterstützen die Arbeit an der Maschine. So lässt sich beispielsweise eine Übersicht des Maschinen- und Produktionsstatus von der globalen Ebene bis hin zur Einzelmaschine übersichtlich visualisieren. Auch über Rezept- und Zählerwerte einer Maschine können Pharmahersteller schnelle Informationen erhalten. Die Übertragung der Daten auf mobile Endgeräte und über Apps sorgt für einen transparenten Überblick.

Kompetenz in Linie

Bei all diesen Themen kommt dem Zulieferer, also dem Partner der Pharmaunternehmen, eine bedeutende Rolle zu. Welche Regularien müssen bis wann umgesetzt sein? Welche Gesetze werden sich in den kommenden Jahren verändern, und wie wirkt sich das auf den Produktionsprozess aus? Welche Technologien sind erforderlich, um diese Anforderungen umgehend zu erfüllen – und wie lassen sie sich nahtlos in den Gesamtprozess integrieren? Wer diese Fragen beantworten kann und gleichzeitig die entsprechenden technischen Lösungen im Portfolio hat, kann genau diese partnerschaftliche Rolle übernehmen.

Aus diesem Grund richtet Bosch Packaging Technology das Augenmerk nicht ausschließlich auf die einzelnen Technologien und Maschinen. Vielmehr stehen bei allen Projekten die pharmazeutische Linienkompetenz und Systemintegration im Fokus, die Technologie, Dienstleistungen, Beratung und fundierte Branchenkenntnis aus einer Hand beinhalten. Dazu gehört auch, den Markt sorgfältig zu analysieren, künftigen Bedarf abzuleiten und Kundenerfahrungen in Neuentwicklungen einfließen zu lassen. Denn der Schlüssel zu höchster Patientensicherheit sowie Prozess- und Produktqualität liegt in der wirkungsvollen Kombination all dieser Anforderungen.

Für Sie entscheidend

Über Bosch Packaging Technology, Produktbereich Pharma
Der Produktbereich Pharma von Bosch Packaging Technology ist einer der führenden Anbieter von Prozesstechnologie und Verpackungslösungen für die pharmazeutische Industrie. Das Portfolio reicht von einzelnen Maschinen über komplette Linien bis hin zu integrierten Systemen für die Herstellung und Verarbeitung flüssiger und fester Pharmazeutika. Prozesstechnik, Primärverpackung, Inspektionstechnologie für unterschiedlichste Anwendungsbereiche und Packmittel sowie Sekundärverpackungslösungen werden durch Dienstleistungen wie Qualifizierung & Validierung, Softwarelösungen unter anderem für Track & Trace sowie einen technischen Kundendienst abgerundet. Die folgenden Produktmarken sind im Portfolio für die Pharmaindustrie von Bosch enthalten: Hüttlin, Klenzaids, Manesty, Moeller & Devicon, Pharmatec, SBM Schoeller-Bleckmann Medizintechnik, Sigpack und Valicare.

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Track & Trace & More in München

Am 11. Oktober veranstalten die Redaktionen von Pharma+Food und neue verpackung die Praxistagung Serialisierung. Bei der branchenübergreifende Veranstaltung rund um das Thema Track & Trace lernen Sie nicht nur, wie die technische Umsetzung funktioniert. Sondern auch, wie Sie mit den erhaltenen Daten echten Mehrwert generieren.

 

 

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