Geschäftsführer Moritz Weig begrüßte die Teilnehmer des achten Kartonforums.

Geschäftsführer Moritz Weig begrüßte die Teilnehmer des achten Kartonforums. (Bild: Weig)

Geschäftsführer Moritz Weig ließ es sich nicht nehmen, das bereits achte Weig-Kartonforum persönlich zu eröffnen und kurz in die Themen des Tages einzuführen, die auch gleichzeitig die Trendthemen der (Verpackungs-)Industrie schlechthin sind: No Plastic und die Digitalisierung. Hauptaugenmerk legte Weig dabei auf das Thema No Plastic. Denn dieses sei kein reines Industriethema, sondern auch für den Konsumenten interessant. Müsse es sogar. Dabei gehe es – sowohl allgemein als auch in den Vorträgen des Kartonforums – nicht darum, Plastik zu verdammen, sondern eine nachhaltige Message zu platzieren. Im Anschluss übernahm Weig-Marketing-Director Roland Rex, um die aktuelle Lage der Branche zu umreißen. Fazit: Jede Menge gute Nachrichten; und eine schlechte. So stehen die Wirtschaftsindikatoren überall positiv, in fast allen Ländern ein steigender Absatz der Fast Moving Consumer Goods zu verzeichnen – und die wollen verpackt werden. Die schlechte Nachricht: Noch immer macht Kunststoff 44 Prozent des Wertes aller Packstoffe aus.

Aufmacher_WeigKartonforum_300dpi.jpg
(Bild: Weig)

Paddeln für mehr Achtsamkeit

Zu welchen Problemen dies führt, zeigte Stephan Horch im Anschluss: Horch, Fotodesigner, Künstler und passionierter Kajakfahrer, gründete im Jahr 2012 das Clean River Project, mit dem er auf die steigende Verschmutzung der heimischen Flüsse durch Plastik aufmerksam macht. Mittlerweile, so die Studie „River plastic emissions to the world´s oceans" gelangen jährlich 2,4 Millionen Tonnen Plastikmüll über Flüsse in die Weltmeere. Das größte Problem dieser Art der Verschmutzung ist, dass ihre Bestandteile so klein sind. Denn haben sich die Kunststoffteile genügend zersetzt, sind sie nicht mehr aus dem Wasser herauszufiltern. Mit Aktionen, wie einer Paddeltour entlang des Rheins bis zur Nordsee, Kunstprojekten, bei denen aus Plastikmüll entstandene Motive ausgestellt werden, oder auch Recyclingprojekten mit Schulen, macht Horch seitdem auf die steigende Vermüllung der weltweiten Gewässer aufmerksam. Dabei geht es Horch nicht darum, Kunststoffverpackungen generell abzuschaffen. Sondern für einen achtsamen Umgang mit diesen zu werben. Denn was Horch und seine Unterstützer täglich aus den Flüssen hierzulande fischen, könnte die sprichwörtliche Spitze des Eisberges sein: Es gibt bisher keine Erhebung darüber, wie es unterhalb der Wasseroberfläche aussieht.

Fotokunst aus Plastikmüll: So macht Stephan Horch auf Gewässerverschmutzung aufmerksam.
Fotokunst aus Plastikmüll: So macht Stephan Horch auf Gewässerverschmutzung aufmerksam. (Bild: Clean River Project)

Ethik als Geschäftsmodell

Wichtig ist es zwar festzuhalten, dass Umweltschutz beim Einzelnen anfängt. Aber dass Unternehmen sich diesem Thema auch aus geschäftlicher Sicht annehmen können und sollten, darüber handelte der Vortrag von Christian Thunig, Managing Partner bei Inno­fact. Sein Ansatz lautet dabei aber nicht, wie man vermuten würde, ausschließlich auf das Thema Nachhaltigkeit zu setzen. Denn ob die Zahlungsbereitschaft der Kundschaft für umweltfreundliche Verpackungen wirklich gewachsen ist, wie es häufig kommuniziert wird, bezweifelt Thunig. Vielmehr könne die soziale Verantwortung für Mitarbeiter die Kaufentscheidung von Kunden beeinflussen. Er nennt das „Ethik als USP". Beispiele wie jüngst die VW-Krise haben gezeigt, dass es in der Gesellschaft Tipping-Points gibt; nämlich immer dann, wenn das Gefühl entsteht, dass Unternehmen „nach ihren eigenen Regeln spielen". Die Wirtschaft habe sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr von der Ethik verabschiedet – wobei dies vor allem auf Großkonzerne zutreffe, weniger auf regional verwurzelte Mittelständler. Da aber die nachfolgende Generation einen Sinn für nachhaltiges Handeln entwickelt habe, sei es für Unternehmen wichtig, diesem Trend zu folgen. Oder um Danone-Chef Emmanuel Faber zu zitieren: „Wenn ich in Nachhaltigkeit investiere, ist das keine Wohltätigkeit, sondern eine Business-Entscheidung. Nachhaltigkeit ist die Effizienz von morgen." Dabei spiele auch die Kommunikation eine nicht zu unterschätzende Rolle, denn Unternehmen müssen Wege finden, den Konsumenten die Dinge zu zeigen, die sie tun. Beispielsweise über die Verpackung?

Von einer, die auszog, das Scheitern zu lernen

1 Woche, 0 Plastikmüll. In Zahlen ein kleines Vorhaben, in der Praxis ein Ding der Unmöglichkeit: Simone Zippel, Klimaschutzmanagerin der Stadtverwaltung Wedel, berichtete in Koblenz von ihrem Versuch, für eine Woche ohne Plastikmüll auszukommen. Schon vorher hatte Zippel bewusst „Bio" gekauft, die verwendete Verpackung hatte allerdings keine Rolle gespielt. Nun also der Selbstversuch, der bereits am ersten Tag um 8 Uhr morgens scheiterte: Das Tütchen des Teebeutels war aus Kunststoff. Die Folgetage gestalteten sich nicht einfacher, und so stand am Ende das Fazit: „Ganz ohne Plastik geht es nicht." Wichtig ist es Zippel trotzdem, über ihren Selbstversuch zu reden, denn am Ende des Tages gehe es nicht darum, zwingend eine 100-Prozent-Lösung zu finden, sondern Wege, den täglich anfallenden Müll zu reduzieren: Obst nach Möglichkeit unverpackt einkaufen, eigene wiederverwendbare Behältnisse in den Supermarkt mitbringen(optimalerweise gleich einen Unverpackt-Laden wählen), statt Flüssig- besser Stückseife benutzen – es ist, wie oft, die Masse der Kleinigkeiten, die den Unterschied machen und den persönlichen CO2-Abdruck reduzieren können.

Barriere neu gedacht

Ganz praktisch wurde es dann auch noch einmal zum Abschluss der Veranstaltung, als Weig den Teilnehmern des Kartonforums aktuelle Entwicklungen des Unternehmens präsentierte. Den Anfang machte Dr. Boris Rotter, Leiter des Bereichs Technologie. Er und sein Team tüfteln gerade an einer neuen Lösung gegen Mineralöl-Migration. Neu, weil das Unternehmen mit Unifood zwar bereits über ein Produkt verfügt, das mehr als 99 Prozent der Mineralöle zurückhält, nun aber eine überarbeitete Version vorstellt. Der Unterschied zwischen der bisherigen und der nun vorgestellten Lösung ist, dass der Karton in einem integrierten einstufigen Prozess entsteht. Hierdurch erhöht sich die Freiheit bei der Verarbeitung, beispielsweise das Einbringen von Sichtfenstern, ohne die Barrierewirkung negativ zu beeinflussen. Weiterer Charme des neuen Herstellungsprozesses aus Kundensicht ist, dass der Hersteller damit nur teilweise Neuland betritt, sondern eine Kombination bewährter und neuer Technologien darstellt. Und da es sich um kein Verbundmaterial handelt, ist der Karton voll recyclingfähig.

Das Weig-Entwicklungsteam arbeitet gerade an einer Barrierelösung, die in einem einstufigen Prozess entsteht.
Das Weig-Entwicklungsteam arbeitet gerade an einer Barrierelösung, die in einem einstufigen Prozess entsteht. (Bild: Weig)

Doch nicht nur Mineralöle machen Produzenten aus dem Lebensmittelbereich das Leben schwer: Weig verzeichnete gleich mehrere Kundenanfragen bezüglich eines Recyclingkartons mit Fett- und Ölbarrieren für die Ziel- (und Wachstums-)Märkte Tierfutter und Foodservice. Eine echte Herausforderung für das Entwicklungsteam, denn der Karton sollte frei von per- sowie polyflourierten Alkylsubstanzen sein, ohne zusätzliche PE-Beschichtung auskommen und voll recyclingfähig sein. Ein finales Produkt zu dieser Problemstellung konnte Rotter den Teilnehmern des achten Kartonforums noch nicht präsentieren, doch gibt es bereits vielversprechende Laborergebnisse, auf die nun weitere Tests im Produktionsmaßstab folgen sollen. „Vorstellbar ist natürlich auch, künftig die Barrierelösungen für Mineralöle sowie Fette und Öle in einem Produkt zu vereinen", schließt Rotter mit einem kleinen Ausblick auf künftige Entwicklungen.

Der Karton wird digital

Ganz zum Ende wurde es dann digital: Leila Kaddatz, Projektmanagerin IT, stellte die Weig Online Services vor. Ziel dieser browserbasierten Plattform ist es, Geschäftsprozesse zu beschleunigen und Kunden rund um die Uhr einen Verkaufs- und Servicekanal zur Verfügung zu stellen – und dabei eine intuitive Bedienung zu ermöglichen. Das Ganze ist zwar aktuell noch ein Work-in-Progress, doch bereits in diesem Jahr will das Unternehmen zehn Kunden vollständig per EDI an Weig online anbinden, wo diese dann ihre Bestellungen aufgeben, Abrufe tätigen, Lieferscheine einsehen sowie Auftragsbestätigungen und Rechnungen abrufen können. Dabei will Weig das Portal in Abstimmung mit den Nutzern iterativ weiter entwickeln; ähnlich wie man es heute bereits bei Apps kennt. Welches Produkt dann am Ende steht, wissen daher selbst die Entwickler bei Weig (noch) nicht.

Sie möchten gerne weiterlesen?