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(Bild: Tashatuvango – Adobe Stock)

Speziell bei Serialisierungs-Projekten ist der Aufwand sehr hoch, bei allen betroffenen Packmitteln die technische Voraussetzung für die Informationen von Track and Trace zu schaffen. Passiert es doch sehr häufig bei Massenänderungen, dass zusätzliche Änderungen regulatorischer oder anderer Art gleichzeitig mit umgesetzt werden sollen, welche oft den Freigabeprozess verzögern.

Im ungünstigsten Fall kann es sogar passieren, dass Länder gemeinsame Länderaufmachungen rückgängig machen und somit eine zusätzliche landesspezifische Aufmachung fordern. Genehmigungen der lokalen Behörden und der zunehmende Zeitdruck für die Umsetzung der Änderungen vereinfachen den Prozess für Hersteller nicht. Auch hat die Anzahl der unterschiedlichen Packmittellieferanten zugenommen, was zu einer zusätzlichen Komplexität führt. Waren in den vergangenen Jahren noch lokale Behörden und Marketinganforderungen im Fokus, sehen sich Unternehmen heute vor die Frage gestellt, inwieweit sie in der Lage sind, weltweit zu agieren. Sichere Abläufe und Systeme sind unerlässlich. Das setzt aber voraus, dass Standards geschaffen werden und dass eine eindeutige und offene Kommunikation zwischen allen Beteiligten besteht.

All dies ist aber noch lange kein Grund, zu resignieren. Wurde das Artwork- und Change-Management in den vergangenen Jahren nur halbherzig wahrgenommen, gewinnt es zunehmend an Bedeutung. Spätestens wenn für die In-Marktbringung eines neuen Produktes oder die Umsetzung behördlicher Änderungen die Packmittel-Freigaben fehlen, steht dieser Bereich schnell im Zentrum der Aufmerksamkeit. In den nachstehenden Ausführungen sollen die hier wichtigsten Themen behandelt werden.

Druckdatenerstellung und -transfer

Die Druckdatenerstellung wird über die Druckspezifikationen und das Datenhandling (Software) definiert. Der Begriff der Druckdatenerstellung ist dabei aber weit gefächert, und die Daten entsprechen nicht in jedem Fall echten Druckdaten. So werden heute aufgrund der gleichen Benutzung von Hardware (Mac) und Software (zum Beispiel Adobe-Programme) fälschlicherweise Reinzeichnungen, manchmal auch Layouts, als Druckdaten bezeichnet. Allerdings sind diese Daten für den Druckprozess ungeeignet.

In der pharmazeutischen Industrie kommen neben den Blisterfolien Faltschachteln am meisten zum Einsatz. Faltschachteln werden zum größten Teil im Offset bedruckt. Dieser Druckprozess ist heute standardisiert und kann via Druckereien, Fachverbänden, Druckvorstufenagenturen etc. abgerufen werden. Bei den übrigen Druckprozessen, wie dem Tief- oder Flexodruck, sollten Druckspezifikationen der jeweiligen Druckerei vorliegen. Hier gibt es noch keine Standardisierung; wohl aber Bemühungen. Jede Druckerei definiert eigene produktionsrelevante Spezifikationen. Bei der Druckdatenerstellung ist darauf zu achten, dass jegliche definierten Punkte zu 100 Prozent erfüllt sind, seien es beispielsweise Parameter, Auflösung, Anzahl Farben und Farbreihenfolge, Formate usw.

Wurde die Druckdatenerstellung erfolgreich abgeschlossen, kommt als nächster Schritt der Datentransfer. Neben den Nativdaten, das sind Datenformate der Erstellungsprogramme wie Adobe Illustrator oder Indesign, hat sich das PDF als wichtigstes Austauschformat durchgesetzt. Es kommt bereits im Genehmigungsprozess zum Einsatz und generiert dadurch die Referenz zu den Nativdaten. Beim PDF gibt es auch wiederum Standards, die in den Druckereien anzufragen sind. Der Transfer der Daten kann auf verschiedenen technischen Lösungen erfolgen, sei es über FTP-Server, Email-Anhang, oder auch, wenngleich nicht mehr so gebräuchlich, als CD oder DVD.

Outsourcen von Dienstleistungen: Pro und Contra

Das Artwork- und Change-Management gehört mit zu den sensibelsten Bereichen in einem pharmazeutischen Unternehmen. Hier entstehen die Grundlagen für einen späteren fehlerfreien Druck, der die Basis für einen einheitlichen Farbauftritt der Brands definiert sowie eine eineindeutige Änderungskultur festlegt.

Gerade der eineindeutigen Änderungskultur kommt eine hohe Bedeutung zu. Es ist deshalb von großer Notwendigkeit, jeder Änderung, unabhängig welcher Art und welchen Packmittel-Typs, eine neue Packmittel-Komponentennummer beziehungsweise eine neue Versionsnummer zu verleihen. Genau dieser neuen Komponente werden die Packmittelspezifikationen als auch das später freigegebene PDF und das daraus erstellte Nativfile zugeordnet.

Mit dieser Packmittel-Komponentennummer werden Bestellungen bei den Lieferanten platziert, Stücklisten beschrieben und nicht zuletzt die Produkt-Endfreigabe erteilt. In diesem Zusammenhang sei noch einmal darauf hingewiesen, dass einmal erteilte Druckfreigaben im Nachhinein nicht verändert werden dürfen. Es ist stellenweise immer noch geübte Praxis, dass dieser Prozess umgangen wird, um noch schnell nachträglich gewünschte Änderungen auf das bereits freigegebene Artwork umzusetzen. Sicherlich ist das die unkomplizierteste und im ersten Moment schnellste Methode, eventuell Versäumtes zu korrigieren. Diese Vorgehensweise stellt ein Risiko sowohl für das Satzstudio, als auch für den Freigabeprozess der verantwortlichen Länder und nicht zuletzt für den Packmittel-Lieferanten selbst dar. Sobald einer der Beteiligten in dieser Prozessgruppe das bereits freigegebene Artwork (OFP) durch das neu erstellte Artwork nicht ersetzt, ist der Fehler vorprogrammiert. Auch wenn es arbeits- und zeitaufwendig ist, einen neuen ArtworkChange-Prozess zu starten, ist dies die einzig sichere Methode, Fehler in der Kommunikation zu vermeiden. Gerade in Zeiten, in denen die Komplexität immer mehr zunimmt, sollte dieser Verfahrensweise der Vorzug gegeben werden. Aber was tun, wenn der Arbeitsaufwand im eigenen Hause zu groß wird, die Fachkräfte fehlen, die Arbeitsinstrumente nicht mehr auf dem neusten Stand der Entwicklung sind, Engpässe durch Massenänderungen entstanden sind und die gesamte Supply-Chain-Kette gestört wird? Ist es opportun für ein Unternehmen, diesen sensiblen Bereich der Druckdatenerstellung outzusourcen?

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Tests sollten Auftraggeber mit allen im Unternehmen eingesetzten Packmittelarten durchführen. (Bild: Planet Earth – Adobe Stock)

Die pauschale Antwort: ja.

Änderungen am Artwork können sowohl von dem pharmazeutischen Unternehmen inhouse als auch von externen Satzstudios durchgeführt werden. In diesem Fall sind externe Satzstudios den Anforderungen an Packmittel-Lieferanten gleichgesetzt. Wichtig ist, dass externe Satzstudios als Dienstleister definiert sind und den Anforderungen der EN ISO 9001entsprechen. Für das internationale Umfeld ist auch die FDA (Food and Drug Administration) Guidance for Industry „ Safety considerations for Container Labels and Carton Labeling Design to Minimize Medication Errors“– Draft Guidance zu erwähnen. Ebenso ist die European Commission Guideline on the Readability of the labelling and Package Leaflet of Medicinal Products for human use – Revision 1 von Bedeutung.

Der Inhalt beider Regularien ist nahezu identisch. Beide Richtlinien weisen darauf hin, dass Design und Marketing-Aspekte zurückzustellen sind, wenn diese einen negativen Einfluss auf die Lesbarkeit haben oder zu Irritationen führen. In diesem Zusammenhang sei auch die Norm 21 CFR Part 11 der FDA aufgeführt, welche den Umgang mit elektronischen Daten im pharmazeutischen Umfeld regelt. Auch die Guideline Good Automated Manufacturing Practice, kurz GAMP, aus dem Jahre 1994 zur Validierung automatisierter Systeme regelt, wie alle Bereiche der papierbasierenden Dokumentation in die elektronische Dokumentation umgesetzt werden können.


Vorteile durch Outsourcing

Externe Satzstudios sind oft wirtschaftlicher und effizienter, da sie am freien Markt agieren und dem Wettbewerb ausgesetzt sind. Spezialisierte Satzstudios haben sich zudem über die Jahre ein großes Know-how angeeignet, haben gute interne und externe geregelte Prozesse und kennen die neusten Entwicklungen am Markt – sei es regulatorischer oder technischer Art. Grundvoraussetzung für ein Satzstudio ist, dass dieses über ein hohes Maß an drucktechnischen Kenntnissen verfügt, dass deren technisches Equipment sich auf dem neusten Stand der Entwicklung befindet und dass es über langjährige Erfahrungen bei der Druckdatenerstellung verfügt. Ein offener und vertrauensvoller Umgang zwischen pharmazeutischem Hersteller und dem externen Satzstudio ist unabdingbar. Die Erstellung eines Pflichtenheftes, welches unter anderem Fragen der Marktpräsenz, verfügbare Kapazitäten, drucktechnische Detailkenntnisse, mögliche IT-Anbindungen, das Agieren im internationalen Umfeld sowie Fragen der Datenintegrität enthält, ist zu empfehlen.

Grundsätzlich sollte nicht allein der Preis das ausschlaggebende Argument für die Entscheidung sein. Wichtig ist das Gesamtpaket.

Etablieren eines externen Satzstudios

Auftraggeber sollten sich die Produktionsabläufe, das Qualitätsmanagement und das Dokumentensystem infrage kommender Satzstudios beschreiben lassen. Wichtig sind außerdem Fragen über ein etabliertes Risk- und Änderungsmanagement, Personalschulungen und Qualifizierungen, elektronisches Datenmanagement und das Vorhandensein eines CAPA-Systems.

Und nicht zuletzt: Hat das Unternehmen Erfahrungen mit den Anforderungen der pharmazeutischen Hersteller?

Sofern Auftraggeber anhand der aufgeführten Punkte eine Vorauswahl getroffen haben, kann die Testphase beginnen. In jedem Fall empfiehlt sich, einen Test mit allen Packmittelarten durchzuführen. Die Anforderungen an das Erstellen oder die Änderung eines Artwork für eine Folie, eine Tube oder eine Faltschachtel etc. sind sehr unterschiedlich. Deshalb sollten Änderungen bei allen im Unternehmen eingesetzten Packmitteln erfolgen. Anschließend sollte der jeweilige Packmittellieferant kontaktiert und sichergestell werden, dass die erstellten Druckdaten verarbeitet werden können.

Bevor jedoch eine finale Freigabe für ein Satzstudio erfolgt, ist die Frage nach der Durchführung eines Audits zu stellen.

Externe Satzstudios auditieren?

Ein Satzstudio ist ein Dienstleister. Somit ergibt sich auch die Notwendigkeit, diesen zu auditieren. Dies gleicht einem Theaterstück in drei Akten:
Vorbereiten: Hier ist das Erstellen eines Fragebogens speziell für das Auditieren von Satzstudios, Check und gegebenenfalls Nachfrage von großer Wichtigkeit. Diesem Punkt sollte Bedeutung beigemessen werden und nicht pauschal die bereits für andere Packmittel Lieferanten zur Anwendung gebrachten Audit-Fragebögen verwendet werden. Die Durchführung eines Audits für ein Satzstudio unterscheidet sich von der Audit-Durchführung anderer Packmittellieferanten. Die Audit-Frequenz legt der Auftraggeber fest. Es wird allerdings aufgrund der Sensibilität des Themas empfohlen, die Audit-Frequenz der eines Primär-Packmittellieferantens anzugleichen.

  • Durchführung: Nachfolgend einige gesetzliche Audit-Schwerpunkte, welche beachtet werden sollten:
    1. Quality Management System ISO 9001
    2. Regularien 21 CFR Part 11 der FDA-Umgang mit elektronischen Daten im pharmazeutischen Umfeld Good Automated Manufacturing Practice (GAMP)
    3. Validierung automatischer Systeme, Möglichkeiten der Anbindung/Schnittstellen an Oracel, SAP, LIMS etc.
    4. In USA müssen nur Unterschriften, die in 21CFR210 und 211 erwähnt sind, den Anforderungen des 21CFR1 entsprechen. Alle anderen Unterschriften können, müssen aber nicht CFR11-konform sein.
  • Nacharbeiten: Wichtig ist die terminliche und inhaltliche Kontrolle der CAPA-Maßnahmen. Grundsätzlich sei noch gesagt, dass ein bestandenes Audit den pharmazeutischen Hersteller nicht von der Pflicht entbindet, Textfreigaben zu erteilen. Die Bestätigung der Richtigkeit eines Textes, geprüft über ein Textvergleichssystem bei einem Satzstudio, ist nicht ausreichend für eine Textfreigabe des pharmazeutischen Herstellers. Der pharmazeutische Hersteller hat in jedem Fall die Pflicht, Texte, Design, Farben etc. zu prüfen und freizugeben. Er alleine ist verantwortlich für die inhaltliche Richtigkeit.

Vertragsabschluss bei externen Satzstudios

Einer der wesentlichen Punkte für den Abschluss eines Vertrages zur Erstellung von Druckunterlagen durch externe Satzstudios ist die Frage nach den Eigentumsverhältnissen der Druckdaten. Der Eigentümer der Druckdaten muss immer der pharmazeutische Hersteller sein. Zudem muss juristisch geregelt sein, wann und wer auf die Daten zugreifen darf, respektive wie sie zur Verfügung gestellt werden. Andere Details wie beispielsweise die Sicherheit, QS-Standards, Archivierung/Aufbewahrungszeiten etc. sollten mit aufgenommen werden.

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