Thermogeformte Schalen aus dem biobasierten PLA-Blend Bio-Flex ermöglichen mehr Nachhaltigkeit in der Verpackungsbranche.

Thermogeformte Schalen aus dem biobasierten PLA-Blend Bio-Flex ermöglichen mehr Nachhaltigkeit in der Verpackungsbranche. (Bild: FKUR)

Der Einsatz von Kunststoffen im Verpackungsbereich, der durch teils extrem hohe Stückzahlen gekennzeichnet ist, steht aktuell mehr denn je in der Diskussion. Bewährte Wege zu mehr Akzeptanz führen dabei über den Einsatz recyclingfreundlicher Monolayer-Strukturen sowie eine Verringerung des Materialverbrauchs durch die Reduzierung der Dicke und damit des Gewichts. Was unter diesem Aspekt weniger bekannt ist: Auch biobasierte Thermoplaste eigenen sich für eines der verbreitetsten Herstellverfahren der Branche – das Tiefziehen, auch Vakuum- oder Thermoformen genannt – und verbinden dabei Ästhetik mit Funktionalität und einem signifikanten Plus an Nachhaltigkeit.

Millionen Becherdeckel für Heiß- und Kaltgetränke

Über den erfolgreichen Einsatz eines Tiefziehprodukts aus einem biobasierten anstelle eines herkömmlichen Thermoplasts berichtet Göncay Plastik. Das 1988 gegründete Unternehmen mit Sitz in Istanbul beliefert Kunden in über 50 Ländern, hauptsächlich in Europa. Ein Produktschwerpunkt sind tiefgezogene Kunststoffdeckel für Kalt- und -Heißgetränkebecher internationaler Fast-Food-Ketten. Mit einer Produktionskapazität von sechs Millionen Deckeln pro Tag fertigt Göncay Plastik diese in über 70 unterschiedlichen Formen und Abmessungen für nahezu alle weltweit eingesetzten Bechergrößen. Einen Teil dieser Produktion hat das Unternehmen im Jahr 2018 auf Bio-Flex S 7711 von FKUR umgestellt.

Geschäftsführer Ibrahim Göncay erinnert sich: „Von unseren Kunden, die zu den bekanntesten Markenartiklern der Welt gehören, erhielten wir die Aufgabe, die Umweltverträglichkeit unserer Produkte zu maximieren – durch die Verringerung des Materialeinsatzes und durch die Verwendung nachhaltiger Werkstoffe. Um hier die richtigen Antworten zu finden, wandten wir uns an Mert Kumru von Kumru Kimya, der lokalen Vertretung von FKUR. Wir erhielten daraufhin Mustermaterialien für Pilotversuche und eine umfangreiche anwendungstechnische Beratung während der Abmusterungen.“

Als Ergebnis dieser Zusammenarbeit erwies sich Bio-Flex S 7711 als das bestgeeignete Material für die Herstellung der tiefgezogenen Deckel. Dazu Mert Kumru: „Bio-Flex S 7711 kombiniert die hohe Elastizität, die zum komfortablen Aufdrücken auf den Becherrand erforderlich ist, mit der erforderlichen Steifigkeit für einen festen und sicheren Sitz trotz geringer Wanddicke und natürlich der guten Wärmeformbeständigkeit und Temperaturbeständigkeit. Die vollständige Lösung der Aufgabe ergab sich letztlich jedoch erst in der Kombination dieser vorteilhaften Werkstoffeigenschaften mit diversen Modifikationen am Prozess, die sowohl die Extrusionslinie für die Folienherstellung als auch die Tiefziehstation betrafen.“ Wie Ibrahim Göncay weiter berichtet, läuft die Produktion der auf Bio-Flex umgestellten Deckel seit Beginn ohne jegliche Reklamationen von Seiten der Kunden.

Für jede Aufgabe ein geeignetes Material

Das Thermoformen, auch Vakuumformen oder Tiefziehen genannt, ist ein hoch wirtschaftliches Verfahren zum millionenfachen Herstellen von Produkten, zu denen neben den genannten Becherdeckeln vor allem Blisterverpackungen, Schalen und Trays gehören. In allen Fällen wird dabei zunächst eine flächige Kunststofffolie oder -platte erwärmt und dann unter Vakuum oder druckluftbeaufschlagt an die Konturen eines Werkzeugs angelegt. Dabei entstehen die dreidimensionalen Formteile – vornehmlich für den Verpackungsbereich, aber ebenso für die Spielwaren-, Konsumgüter- und die Kfz-Industrie sowie viele andere Branchen.

Grundsätzlich eignen sich alle Thermoplaste für das Tiefziehen, sodass für jede Aufgabe ein geeignetes Material – von Commodities bis zum Hochleistungskunststoff – erhältlich ist. Den Wunsch nach biobasierten Typen erfüllt FKUR dabei mit bestimmten Bio-Flex PLA-Blends, einem teil-biobasierten PET sowie mit einem biobasierten HDPE.

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Im direkten Eigenschaftsvergleich zeigen sich die jeweiligen Stärken der für das Tiefziehen geeigneten Bio-Flex-Typen. (Bild: FKUR)

Flexibel, biobasiert und biologisch abbaubar

Bio-Flex sind Blends aus der eigenen Entwicklung von FKUR. Sie basieren auf PLA (Polymilchsäure) und damit ganz oder teilweise auf natürlichen Rohstoffen, und sie sind vollständig biologisch abbaubar (gemäß EN 13432). Durch die Wahl entsprechender weiterer Polymere sind alle Typen deutlich flexibler als das eher spröde reine PLA. Speziell für das Thermoformen eignen sich – neben dem bei Göncay eingesetzten Bio-Flex S 7711 – die Typen Bio-Flex F 6611, F 6711 und F 7510 sowie S 5630 WH, die alle gemäß EN 10/2011 als Verpackungsmaterial mit Nahrungsmittelkontakt geeignet sind.

Bio-Flex S 7711 verbindet eine hohe Steifigkeit und Festigkeit als Voraussetzung für besonders dünnwandige und dennoch stabile Tiefziehteile mit der höchsten Bruchdehnung der Typenfamilie, die große Verformungen bei guten Rückstelleigenschaften ermöglicht.

Bio-Flex F 6611 ist ein zertifiziert GMO-freier Typ. Er zeichnet sich durch eine angenehme Haptik und perlmuttartigen Glanz aus. Zudem erfüllt er die Kriterien der Norm EN 13432 und gilt somit als zertifiziert kompostierbarer Werkstoff. Zu den typischen Anwendungen gehören Food-Trays und Kaffeekapseln. Ergänzend eignet sich der von den Eigenschaften her ähnliche Typ Bio-Flex F 6711 auch für Anwendungen mit sauren Lebensmitteln wie Früchten.

Bio-Flex F 7510 hat eine geringere Dichte als die Typen F 6611 und F 6711. Dementsprechend sind auch seine Steifigkeit und Festigkeit näher an den Werten von reinem PLA. Zu den typischen Anwendungen gehören Becherdeckel für Kaltgetränke.

Bio-Flex S 5630 WH zeichnet sich durch ein ausgewogenes Verhältnis von Dehnfähigkeit und Steifigkeit aus. Darüber hinaus verfügen daraus hergestellte Produkte über eine angenehme und hochwertige Haptik. Neben Trays gehören hier die Deckel für Kaffeekapseln zu den weit verbreiteten Anwendungen.

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Becherdeckel für Heißgetränke, tiefgezogen aus Bio-Flex S 7711. (Bild: Göncay Plastik)

Biobasiert und hoch transparent

Ein zur Herstellung von Tiefziehfolien geeignetes, teilweise biobasiertes PET im Produktportfolio von FKUR ist das von der taiwanesischen Fenc-Gruppe hergestellte Eastlon PET CB-602AB. Es ist chemisch identisch mit herkömmlichem, vollständig auf fossilen Rohstoffen basierendem PET und besteht zu 70 Prozent aus Terephthalsäure und zu 30 Prozent aus biobasiertem Mono­ethylenglycol (Bio-MEG). Die Basis für das hier verwendete Bio-MEG ist jedoch Ethanol, das aus dem nachwachsenden pflanzlichen Rohstoff Zuckerrohr gewonnen wird.

Die Eigenschaften und Verarbeitung von Eastlon entsprechen denen von herkömmlichem PET. Wie dieses lässt es sich bedrucken, stanzen, prägen und kleben, und es verbindet eine hohe optische Klarheit mit guter Resistenz gegenüber einer Vielzahl an Chemikalien und Ölen. Daher bewährt sich Eastlon CB-602AB als „Drop-in“-Lösung in einer Vielzahl von Tiefziehanwendungen, darunter vor allem transparente Verpackungslösungen. In bestehenden PET-Stoffströmen ist es vollständig recyclingfähig.

Polyethylen aus Zuckerrohr

Das für die Herstellung von Folien und das anschließende Tiefziehen geeignete Green HDPE SHE 150 im Portfolio von FKUR ist Teil der biobasierten „I’m green“-PE-Familie von Braskem, die auf der Basis von Zuckerrohr hergestellt wird. Die Recyclingfähigkeit und die mechanischen Eigenschaften entsprechen denen von herkömmlichem HDPE, sodass auch dieses Material ein Drop-in-Produkt sein kann. Der Anteil nachwachsender Rohstoffe in Green HDPE SHE 150 liegt bei 94 Prozent.

Deutlich stärkere Nachfrage zu erwarten

Ibrahim Göncay von Göncay Plastik sieht einen klaren Trend zur Steigerung der Nachfrage nach den entsprechenden Produkten: „Noch bremsen die eingeschränkte Verfügbarkeit und der Preis den Einsatz biobasierter Thermoplaste, aber ich gehe davon aus, dass gerade die Verpackungsbranche auf die aktuelle forcierte Diskussion um die Verwendung von Kunststoffen reagieren und diese schon in naher Zukunft verstärkt nachfragen wird. Und ich denke, dass die Marktverfügbarkeit von biobasierten Kunststoffen eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung der dann anstehenden Umstellung spielen wird.“

Fachpack: Halle 7, Stand 316

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