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(Bild: IKV)

Für Kunststoffverpackungen soll das neue Verpackungsgesetz die geeigneten Regularien schaffen. Dort ist auch festgeschrieben, dass der Mehrweganteil von Getränkeverpackungen von bislang circa 45 Prozent auf 70 Prozent erhöht werden soll. Also müssen mehr Getränke in Mehrwegflaschen abgefüllt werden. Für sauerstoffempfindliche Getränke wie Fruchtsäfte ist dies allerdings derzeit technisch nur begrenzt möglich, weil diese Getränke besondere Anforderungen an die Sauerstoffbarriere der Flasche stellen. Dazu werden diese Flaschen mithilfe von Plasmaprozessen innen beschichtet. Für den Einwegsektor ist dieses Problem bereits seit einigen Jahren gelöst, für den Mehrwegsektor kommt jedoch der Aspekt hinzu, dass diese Beschichtungen dem Waschprozess nicht standhalten können. Hier müssen daher Lösungen geschaffen werden, um den Kreislauf schließen zu können. 

Musterbeispiel PET-Flasche

In der Kreislaufwirtschaft von PET-Flaschen muss zwischen Einwegflaschen und Mehrwegflaschen unterschieden werden. Der Großteil der Einwegflaschen wird zu PET-Flakes verarbeitet und nach einem Waschprozess der Produktion von PET-Produkten, meist wieder PET-Flaschen (Bottle-to-Bottle), zugeführt. 1 t recycelter PET-Flakes entspricht 1,5 t vermiedenen CO2-Emissionen. Die Herstellung einer Kunststoffflasche mit recyceltem PET anstelle von neuem PET reduziert die CO2-Emissionen um 70 Prozent. PET-Mehrwegflaschen werden nach Gebrauch mit Natronlauge gewaschen und erneut befüllt, was unter vielen Rahmenbedingungen die umweltfreundlichste Variante darstellt. Das Ifeu-Institut in Heidelberg legte bereits 2008 die Studie „Ökobilanz der Glas- und PET-Mehrwegflaschen der Genossenschaft Deutscher Brunnen (GDB) im Vergleich zu PET-Einwegflaschen“ vor, in der PET-Einweg, PET-Mehrweg und Glas-Mehrweg hauptsächlich für kohlensäurehaltiges Wasser und Erfrischungsgetränke hinsichtlich ihrer Ökobilanz verglichen werden. Am besten schneiden demnach PET-Mehrwegflaschen ab, die nach den Kriterien dieser Studie im Verhältnis zu PET-Einweg- und Glas-Mehrwegflaschen einen deutlich geringeren Ausstoß von klimaschädlichem CO2 verursachen.

Die Gründe für diese Einsparungen sind vielfältig. Im Vergleich zu PET-Einwegflaschen verbraucht das Spülen und Reinigen von Mehrwegflaschen deutlich weniger Energie und Rohstoffe als die Neuproduktion von PET-Einwegflaschen. Der größte Vorteil der PET-Mehrwegflaschen gegenüber Glas-Mehrwegflaschen ist ihr deutlich geringeres Gewicht, woraus ein niedrigerer Energieverbrauch beim Transport resultiert.

Um dieses Einsparungspotenzial bei der CO2-Emission durch den Einsatz von PET-Mehrwegflaschen voll ausschöpfen zu können, bedarf es innovativer Lösungen. PET ist im Gegensatz zu Glas nicht gasdicht, was die Haltbarkeit von in PET-Flaschen abgefüllten Säften oder karbonisierten Getränken wie Softdrinks oder Bier im Vergleich zur Glasflasche deutlich herabsetzt. Trotz der ökologischen Vorteile betrug daher der PET-Mehrweganteil beispielsweise bei Säften in Deutschland 2018 gerade einmal 0,5 Prozent. Im Bereich der PET-Einwegflaschen ist es bereits Stand der Technik, diesen Nachteil des PET durch eine mittels Plasmatechnologie applizierte Barrierebeschichtung auszugleichen.

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Aufbau des Versuchsreaktors zur Innenbeschichtung von Flaschen. (Bild: IKV)

Plasmatechnologie erweitert Einsatzspektrum

Bereits 1986 wurde am IKV ein Verfahren zur Beschichtung von Hohlkörpern entwickelt und zum Patent angemeldet, welches heute vor allem im Bereich der Barriere­ausstattung von PET-Einwegflaschen für Getränke Anwendung findet. Mittels plasmagestützter chemischer Gasphasenabscheidung werden Gasbarrierebeschichtungen (heutzutage häufig Siliziumoxid-Schichten, Siox) auf die Innenseite von PET-Flaschen aufgebracht.

Hierbei wird zunächst die gesamte Vakuumkammer zusammen mit der zu beschichtenden Flasche auf den notwendigen Arbeitsdruck evakuiert. Daraufhin werden die Prozessgase in das Flascheninnere eingeleitet und von mehreren Fenstern ausgehend Mikrowellen in die Vakuumkammer eingekoppelt. Das Plasma zündet innerhalb der Flasche und bildet damit den Plasmareaktor. Auf diese Weise wird eine Beschichtung auf der inneren Flaschenoberfläche appliziert.

Im Vergleich zu konkurrierenden Verfahren zur Permeationsminderung mithilfe von Barrierekunststoffen sind Plasmabeschichtungen nicht nur günstig und transparent, sondern vor allem auch umweltfreundlich, da sie aufgrund ihrer nanoskaligen Schichtdicke unter anderem die Rezyklierbarkeit des Produktes nicht einschränken. Zu ihrer Herstellung ist nur ein geringer Energie- und Materialeinsatz notwendig, und auf Lösemittel oder andere bedenkliche Chemikalien kann verzichtet werden. Dies gilt aufgrund ihres geschlossenen Reaktionsraums und minimaler eingesetzter Prozessgasmengen insbesondere für Niederdruckplasmaprozesse.

Heutzutage können Siox-Schichten für Flaschen qualitativ hochwertig und im industriellen Maßstab hergestellt werden. Der Beschichtungsprozess selbst benötigt nur wenige Sekunden, sodass auf marktgängigen Anlagen heute mehr als 46.000 PET-Flaschen pro Stunde mittels mikrowellenangeregtem (MW) Niederdruckplasma in-line beschichtet werden, um die Barrierewirkung gegenüber gasförmigen Medien zu erhöhen.

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Mit der aufgebrachten Resistenzschicht übersteht die Barriereschicht auch die Reinigung mit Natronlauge. (Bild: IKV)

PECVD-Gasbarrierebeschichtung für PET

PET-Einwegflaschen konnten sich durch die PECVD-Barriereausrüstung auch für sensible Getränke durchsetzen. Die für PET-Einwegflaschen entwickelten und gebräuchlichen Barrierebeschichtungen aus Siliziumoxid (Siox-Schichten) können dem Reinigungsvorgang mit Natronlauge (Naoh) im Mehrwegprozess allerdings nicht standhalten und werden ganz oder teilweise abgetragen. Auch das PET wird durch die aggressive Waschlauge in Mitleidenschaft gezogen, was die Anzahl an Nutzungszyklen der Mehrwegflaschen begrenzt und eine Wiederbeschichtbarkeit verhindert. Glas-Mehrwegflaschen können bis zu 50-mal, PET-Mehrwegflaschen aktuell nur bis zu 20-mal wiederbefüllt werden.

In einem Transferprojekt aus dem Sonderforschungsbereich SFB-TR 87 wird seit Juni 2018 daher am IKV in Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum und KHS Corpoplast ein Schichtsystem entwickelt, das den Waschvorgang mit Naoh übersteht.

Hierzu wird unter anderem eine Resistenzschicht benötigt, die auch den aggressivsten Waschlaugen mit pH-Werten > 14 standhält. Dazu muss die Beschichtung chemisch stabil, dicht und defektfrei sein sowie homogen auf der gesamten Fläche aufgebracht werden können. Dies ist durch Plasmaprozesse grundsätzlich möglich, allerdings spielt die Wahl der Prozessgase und der Prozessparameter eine große Rolle. Zu den prozessseitig einstellbaren Parametern zählen neben der Wahl der Prozessgase auch die Gasflüsse, der Prozessdruck, die eingebrachte Energie zur Zündung des Plasmas sowie die Beschichtungsdauer. Nur durch eine gute Abstimmung dieser Stellgrößen können die gewünschten Plasmaeigenschaften erreicht und die Funktionalität erzeugt werden. Im Rahmen der Forschungen am IKV konnten Beschichtungen abgeschieden werden, deren Laugenbeständigkeit die der klassischen Barriereschichten für PET-Einwegflaschen um circa das 30fache übersteigen.

Diese Schichten, appliziert in PET-Mehrwegflaschen, haben nicht nur das Potenzial, die Vorteile der PET-Mehrwegflaschen auch sensiblen Füllgütern zugänglich zu machen, sondern auch die Anzahl möglicher Wiederbeschichtungen der Flaschen zu erhöhen. So werden Kreisläufe geschlossen und die Kreislaufwirtschaft in Deutschland weiter gestärkt.

Wissensaustausch zur Plasma- und Oberflächentechnik

Über die genannten sowie weitere aktuelle Themen und ihre Anwendung in der Industrie wird im Rahmen der Fachtagung „Plasma- und Oberflächentechnik für Kunststoffprodukte“ am 26. und 27. Mai 2020 in Aachen berichtet. Ein wichtiger Schwerpunkt der Fachtagung werden Beiträge zur Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft für Kunststoffverpackungen sein, in denen praktische Anwendungsgebiete aus Plasma- und Oberflächentechnik vorgestellt werden. Weiterhin werden Barriereanwendungen für rigide und flexible Verpackungen, Charakterisierungsmethoden, Prozesssteuerung sowie -simulation thematisiert.

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Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV)an der RWTH Aachen

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