1_Stephan Bestehorn.jpg

(Bild: AR Packaging)

neue verpackung: Herr Bestehorn, nach 158 Jahren in Familienbesitz wurde die RLC Packaging Group verkauft – weshalb?

Stephan Bestehorn: Nach wie vor konsolidiert sich der europäische Verpackungsmarkt, und viele unserer großen Kunden erwarten Lieferanten, die hinsichtlich Größe, Leistungsfähigkeit und geografischer Nähe auf Augenhöhe agieren. Wir haben diese Marktkonsolidierung in den letzten Jahren aktiv mitgestaltet und RLC gezielt durch Zukäufe innovativer Verpackungsunternehmen und organisches Wachstum signifikant vergrößert, um diesen Anforderungen bestmöglich gerecht zu werden. Nun waren wir an einem Punkt, an dem ein weiteres Wachstum für RLC aber nicht mehr im gewünschten Umfang realisierbar war. Daher entschied sich der Gesellschafterkreis für den Verkauf des Unternehmens. 

neue verpackung: Aus welchen Gründen wurde an AR Packaging verkauft?

Stephan Bestehorn: Uns ging es darum, einen Käufer zu finden, der für Kunden und Mitarbeiter das bestmögliche Umfeld für eine zukunftsgerichtete Entwicklung bieten kann. Von allen Optionen passte AR Packaging in Sachen Kundenorientierung, Innovationskraft, Unternehmenskultur und Sicherheit am besten zu RLC und bot als strategischer Investor die größtmögliche Perspektive und Zukunftsorientierung. Und in Bezug auf das Portfolio und das vorhandene Know-how hat AR Packaging die Kompetenzen von RLC am besten zu würdigen gewusst. Zudem sind insbesondere die Branchenschwerpunkte Beauty und Healthcare von RLC eine ideale Ergänzung für das Portfolio von AR Packaging. 

neue verpackung: Inwiefern profitiert AR also vom Zukauf der RLC Packaging Group?

Stephan Bestehorn: AR Packaging war bisher mit Karton- und flexiblen Verpackungen in den Branchensegmenten Food, Food Service, Confectionery und Tobacco stark aufgestellt. Diese Expertise ergänzt sich perfekt mit den Kompetenzen von RLC. Darüber hinaus erweitert AR Packaging mit dem Zukauf von RLC und des Schweizer Herstellers K + D sein Portfolio als innovativer Hersteller von Kosmetik- und Pharmaverpackungen signifikant. Beide Zukäufe sind Teil des strategischen Wachstumsplans von AR Packaging, der weiter fortgesetzt wird. AR Packaging gewinnt mit den Zukäufen im deutschsprachigen Markt insgesamt weiter an Präsenz und ist in Europa künftig sogar unter den Top-3-Anbietern. 

neue verpackung: Was verändert sich durch den Verkauf für die Kunden beider Unternehmen?

Stephan Bestehorn: Den Kunden von AR Packaging steht mit der Erweiterung nun ein Verpackungspartner zur Seite, der in den Branchensegmenten Healthcare & Beauty, Confectionery, Food sowie Tobacco insgesamt noch breiter und leistungsfähiger aufgestellt ist, und über zusätzliche Innovationskompetenz sowie signifikant höhere Produktionskapazitäten und eine noch breitere Technologiebasis verfügt. 

Die bisherigen Kunden von RLC können auch unter dem Dach von AR Packaging auf bewährte Konzepte setzen – und profitieren darüber hinaus vom erweiterten Angebot eines führenden europäischen Verpackungsspezialisten für Karton- und Kunststoffverpackungen. Durch die Integration von RLC haben die Kunden in Zukunft einen Verpackungspartner an ihrer Seite, der innovative Verpackungslösungen ohne Materialrestriktionen bietet – dabei steht die jeweils beste Verpackungslösung im Fokus. Und mit 27 Werken in zwölf Ländern ist AR Packaging künftig nicht nur hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit, sondern auch geographisch noch näher an den Kunden.

3a_Gruppe Beauty.jpg
Insbesondere die Branchenschwerpunkte Beauty und Healthcare von RLC sind eine ideale Ergänzung für das Portfolio von AR
Packaging. (Bild: AR Packaging)

neue verpackung: Sie agieren also künftig mit Großkunden auf Augenhöhe – aber was ist mit den Mittelständlern?

Stephan Bestehorn: Auch die mittelständischen Kunden profitieren von dem Zusammenschluss. Sie werden auch weiterhin von ihrem bekannten Lieferanten versorgt, der ihren Ansprüchen gerecht wird. Die Kundenstrukturen von AR und RLC sind sehr ähnlich – auch AR Packaging hat über Konzerne hinaus mittelständische Unternehmen im Kundenstamm und kennt deren Anforderungen gut. Daher können sich mittelständische Markenartikler auch als Kunde von AR Packaging weiterhin darauf verlassen, wie gewohnt sehr kundenorientiert betreut zu werden.

neue verpackung: Was ändert sich technologieseitig?

Stephan Bestehorn: Durch den Zusammenschluss wächst die Auswahl nicht nur bei den Substraten, sondern auch bei den Drucktechnologien. AR Packaging bietet beispielsweise mit einer eigenen Digitaldruck-Unit umfassende Ressourcen für die Individualisierung und das Late Stage Customizing. Wie schon erwähnt, kommen materialseitig über Karton hinaus flexible Substrate hinzu, und auch die Tiefdruck-Kompetenz von AR dürfte für weitere Kunden interessant sein.

neue verpackung: Sie selbst werden künftig als Vice President Sales das neue Branchensegment  Healthcare & Beauty leiten. Welche Aufgaben bringt diese Rolle mit sich?

Stephan Bestehorn: Künftig wird Healthcare & Beauty das zweitgrößte Branchensegment von AR Packaging sein. Meine Erfahrungen und die ausgeprägte Pharma- und Beauty-Kompetenzen von RLC spielen beim Ausbau dieses Branchengeschäfts eine wichtige Rolle. Darüber hinaus spielt aus meiner Sicht der weitere Ausbau der Vernetzung entlang der Wertschöpfung eine zentrale Rolle. RLC hat hier teils jahrzehntelange Erfahrungen, etwa im Bereich Lean Management, bei Just-in-time und mit Vendor-managed-Inventory-Konzepten. Produkt­innovationen gelangen immer schneller in den Markt, und die Aufgabe liegt immer öfter darin, aus diesen Bausteinen agile, effiziente Wertschöpfungsnetzwerke zu entwickeln. Ich werde daher auch in meiner neuen Rolle den Fokus darauf richten, uns in einem immer volatileren Umfeld effizient aufzustellen und die Flexibilität und Geschwindigkeit entlang der Supply Chain zu garantieren. Als Teil von AR Packaging werden wir nach wie vor mit digitalen Technologien wie der webbasierten Artwork-Management-Lösung PAS Media die digitale Vernetzung aller Partner entlang sämtlicher Schritte der Supply Chain ermöglichen.

neue verpackung: Trotz allem: Als Inhaber eines familien­geführten Unternehmens in der fünften Generation war ein Verkauf doch keine leichte Entscheidung. Stimmt Sie der Abschied nicht wehmütig?

Stephan Bestehorn: Die Entscheidung fiel uns sicherlich nicht leicht. Aber letztendlich konnte nur ein Verkauf des gesamten Unternehmens die gewünschte Zukunftsorientierung bieten und eine Aufstellung, die der zunehmenden Marktdynamik gerecht wird. Verschwinden wird nur der Name RLC Packaging Group – die Kompetenzen, Werke und Mitarbeiter bleiben ja unter dem Dach von AR Packaging bestehen. Es gibt also meiner Meinung nach keinen Anlass für Wehmut, und ich sehe das auch nicht als Abschied. Vielmehr ist dies der Beginn einer neuen Etappe. Ich begrüße diese Entwicklung, weil sie die Möglichkeit birgt, noch bessere Antworten auf die Bedürfnisse des Marktes zu bieten.

Sie möchten gerne weiterlesen?