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(Bild: He2 – Adobe Stock)

Nachwachsende Rohstoffe wie Cellulose, Kohlenhydrate, Proteine, Stärke und Zucker sind die Basis für die sogenannten Biokunststoffe PHA (Polyhydroxbutyral), PLA (Polylactid) und seltener CA/CAB (Cellulose und Stärkederivate). Und auch bei bioabbaubaren Kunststoffen sind die nachwachsenden Rohstoffe Cellulose, Kohlenhydrate, Proteine, Stärke und Zucker, aber auch Erdöl. Daraus entstehen dann ebenfalls CA/CD, PHA, PLA und die eher exotischeren Kunststoffe PBS (Polybutylsuccinat) sowie PBAT (Polybutylenadipat).

Wichtige Gemeinsamkeit beider Kunststoffe: Sie können nur dann zu Verpackungen, Abdeckfolien, Partygeschirr oder anderen Gegenständen verarbeitet werden, wenn ihnen, wie bei den klassischen Massenkunststoffen auch, zusätzlich Additive wie Gleitmittel, Stabilisatoren, UV-Schutzmittel, Farben etc. bis zu einer Höhe von vier bis fünf Prozent zugesetzt werden. Diese sind jedoch nicht generell abbaubar und somit für unsere Umwelt, die Erde und das Grundwasser belastend. Wie hoch, ist bisher noch nicht erforscht und damit unklar.

Nochmals: Biokunststoffe lösen sich nicht einfach nur in Luft auf „und sind dann weg“.

Definition von Bioabbaubarkeit

Das Umweltbundesamt definiert: Nach DIN EN 13432 (und 14995) bedeutet Bioabbaubarkeit, dass sich ein Material nach einer festgeschriebenen Zeit unter definierten Temperatur-, Sauerstoff- und Feuchtigkeitsbedingungen in Anwesenheit von Mikroorganismen oder Pilzen zu mehr als 90 Prozent zu CO2 und Biomasse abgebaut haben muss.

Vorgang beim biologischen Abbau

Nicht deutlich genug kann betont werden, dass nur dann ein biologischer Abbau geschieht, wenn zusammen mit Wasser und Wärme Pilze und Bakterien, Mikroorganismen, also sogenannte Exo-Enzyme, eine Kürzung der Polymere hervorrufen, sodass aus den Polymeren Monomere entstehen.

Werden diesen Monomeren Energie in Form von Wärme von 60 °C zugesetzt und stehen dann noch andere Zellmassen wie Mulch zur Verfügung, dann erst zersetzen sich Biokunststoffe und bioabbaubare Kunststoffe am Ende zu CO2 und Wasser. 

Das wäre der Fall, hätten diese Kunststoffe nicht noch die zusätzlich erforderlichen oben beschriebenen Additive.

Kompostierer weigern sich

Alle acht Verbände der deutschen Entsorgungswirtschaft lehnen offiziell in einem Statement vom 06.06.2019 die „Entsorgung von biologisch abbaubaren Kunststoffen über die Bioabfallbehandlung/Kompostierung“ ab:

  • Die Kunststoffe hätten für Kompost und Gärprodukte keinen Nutzen.
  • Es bestünden Risiken der Qualität der Endprodukte, und es sei nicht sichergestellt, dass innerhalb des verfügbaren Zeitraums keine Partikel > 1mm mehr vorhanden sind.
  • Eine gemeinsame Erfassung dieser Kunststoffe mit klassischen Bioabfällen sei unzulässig.
  • Bisher gibt es keine Großanlagen ausschließlich zur Kompostierung von Biokunststoffen und bioabbaubaren Kunststoffen.

Ungelöste getrennte Erfassung

Gebrauchte Verpackungen aus Kunststoffen werden bekanntlich über den Gelben Sack beziehungsweise die Gelbe Tonne entsorgt und später über Sortieranlagen von den Verpackungen aus Nichtkunststoffen getrennt. Das Trennen der heute verwendeten Massenkunststoffe für Verpackungen wie PE, PS, PP, PET etc. funktioniert einwandfrei. Nicht hingegen funktioniert bei den meisten Sortierern das Heraustrennen von Biokunststoffen. Denn die extrem geringen Mengen von Biokunststoffen im Verpackungsabfall rentieren sich nicht, durch besondere Installationen bei den Sortieranlagen herauszufischen.

Schlechte Eignung für Verpackungen

Biokunststoffe und bioabbaubare Kunststoffe sind für Verpackungen insbesondere von Lebensmitteln aber auch anderen Konsumgütern des täglichen Bedarfs nicht geeignet. Denn diese Packstoffe eignen sich nicht für Warmabfüllungen, sie besitzen keine Wärmestandfestigkeit. Ihre Barriereeigenschaften gegen Sauerstoff, Wasserdampf und Aromadurchlässigkeit, die Hauptverursacher des Verderbs, sind ausgesprochen schlecht, sie sind den heutigen Standard-Massenkunststoffen sehr weit unterlegen.

Daraus hergestellte Tragetüten sind in der EU nicht (mehr) erlaubt. Dazu kommt: Biokunststoffe und bioabbaubare Kunststoffe sind heute zwischen 30 und 50 Prozent teurer als herkömmliche jungfräuliche Massenkunststoffe für Verpackungen.

Das große Defizit: Fehlende Aufklärung

Solange solches Unwissen wie eingangs geschildert, selbst bei solchen Influencern wie dem Moderator, besteht und weit verbreiteter Glaube in unserer Bevölkerung herrscht, dass „Biokunststoffe“ die Lösung des „Plastikproblems“ sind; der Glaube, dass Biokunststoffe gut auf Komposthaufen hinter dem Haus verrotten und sich einfach auflösen, ohne darüber nachzudenken, dass es in Großstädten überhaupt keine Komposthaufen gibt, mangelt es an intensiver Aufklärung über Pro und Contra. Das muss Aufgabe der Inverkehrbringer dieser Kunststoffe sein, nicht der Verwender.

Aus der Traum? Kurze Antwort: Nein.

Es gibt für die genannten Kunststoffe durchaus Nischenanwendungen wie Gartenbau, Abdeckfolien, Blumentöpfe, Müllbeutel, Cateringbereich, Gartenmöbel. Bestimmt nicht jedoch dort, wo Lebensmittel und länger haltbare Konsumartikel des täglichen Bedarfs im Spiel sind – also dort, wo die allergrößte Menge an Kunststoffen zum Einsatz kommt. Ungelöst sind die Abbauprodukte beim Kompostieren. Ungelöst ist, wo die Kompostierung stattfinden soll. Einer energetischen Nutzung nach Gebrauch steht jedoch nichts im Wege.

Über die BFSV

Der Ursprung des Hamburger Verpackungs­instituts liegt im Hafen. Hier wurde 1954 die Beratungsstelle für seemäßige Verpackung (BFSV) gegründet: Reeder und verladende Unternehmen brauchten qualifi­zierte Hilfe, um Transport­schäden in den Griff zu bekommen. Die enge Ver­bindung zwischen praktischen Anforde­rungen und wissenschaftlicher Arbeit ist bis heute Markenzeichen des Instituts.

Dabei hat das Institut die Entwicklung über die Kernthemen hinaus voran­getrieben. Die Vernetzung mit den Departments Verfahrenstechnik und Öko­tropho­logie der HAW Hamburg wurde intensiviert. So kann die BFSV die Stärken der am HAW-Standort Bergedorf etablierten Wissenschaften stärker nutzen.

Die Arbeit der BFSV stützt sich auf vier Säulen:

 

  • die Verpackungsforschung,
  • die Beratung für die Praxis,
  • die Verpackungsprüfung,
  • und die wissenschaftliche Lehre.

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