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(Bild: Elnur – Adobe Stock)

In mittelständischen Unternehmen ist Liquidität eher das, was übrig bleibt, wenn man Aufträge akquiriert, Waren produziert und Umsätze schreibt. Vielfach wird Liquidität als das automatische Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit gesehen und – zumindest bei gut gehenden Branchenunternehmen – bisher nicht unbedingt als eine Aufgabe, um die man sich aktiv bemüht.

Dabei ist „Cash is King“ keine neue Erkenntnis, sie wird gerne dem langjährigen Volvo-CEO Pehr G. Gyllenhammar zugeschrieben, der sie 1988 nach dem mit dem „Schwarzen Montag“ eingeleiteten Börsencrash prägte. In der Corona-Krise gewinnt der Satz wieder ganz besonders an Bedeutung.

Unmittelbar nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland bemühte sich die Bundesregierung um verschiedene Liquiditätshilfe-Programme, die seitens der KFW über die Bankenbranche bereitgestellt werden sollten, sowie um Sonderprogramme der regionalen Bürgschaftsinstitute, die den Geschäftsbanken mit nur geringem eigenen Risikoanteil die Kreditversorgung ihrer Kunden ermöglichte.

Doch es scheint, als würden die Banken diese Möglichkeiten nur bedingt ausschöpfen. Per Ende April hatten die deutschen Banken rund 18.000 Anträge auf entsprechende Liquiditätshilfen genehmigt. Die Zahl der (noch) unbearbeiteten beziehungsweise abgelehnten Anträge liegt leider nicht vor. Wenn man beachtet, dass zum gleichen Zeitpunkt mehr als 50 Prozent der deutschen Unternehmen Kurzarbeit beantragt hatten und der deutsche Mittelstand sich aus knapp 380.000 Unternehmen mit zehn bis 1.000 Mitarbeitern zusammensetzt, so wirkt die Quote der KFW-finanzierten Betriebe überschaubar.

Liquiditätshilfe ist nicht das einzige Mittel

Doch unabhängig davon, ob mit einer entsprechenden Liquiditätshilfe versorgt oder nicht, sind Darlehensprogramme nicht das einzige Mittel, die Liquidität zu managen. Als Unternehmen von Corona betroffen zu sein, ist kein Makel, jedem Kunden, Lieferanten und Finanzierungspartner ist die Entwicklung bewusst, viele leiden unter der gleichen Situation.

Nichtsdestotrotz gilt es, die eigene Liquidität aktiver zu managen. Angefangen bei Gesprächen mit Kunden und Lieferanten, mit Finanzierungspartnern, Vermietern und Versorgern, Finanzämtern, Sozialversicherungsträgern und auch mit Mitarbeitern. Manche Ihrer Kunden mögen branchenbedingt nicht negativ von der Ausbreitung der Pandemie beeinflusst sein und sich in Gesprächen darauf einlassen, Orders vorzuziehen, Zahlungsziele zu verkürzen, ein Sonderskonto zu nutzen oder einen Jahreskontrakt anzuzahlen. Gegenüber Lieferanten sollten bisherige Skontozahlungen überprüft und über verlängerte Zahlungsziele gesprochen werden. Allerdings dürften auch einige Ihrer Lieferanten eine engere Liquidität durchleben, sodass mit Schlüssellieferanten ein einvernehmlicher Weg gesucht werden muss. Zu Lieferanten im weitesten Sinne zählen natürlich auch Energieversorger und Vermieter. Auch hier bietet sich die Möglichkeit, Stundungen zu verhandeln, die die Liquidität für einige Wochen oder Monate erleichtern.

Auf Seite der Finanzierungspartner gibt es neben der Schöpfung zusätzlicher Liquidität über die oben genannten KFW-Mittel, Bürgschaftsbanken oder auch eine simple genehmigte Überziehungslinie natürlich die Möglichkeit, über die Stundung von Raten für Darlehen, Mietkaufvereinbarungen oder Leasingverträge zu sprechen. Für Banken, Leasinggeber und andere Finanzierungspartner ist dies seit jeher ein probates Mittel, ihren Kunden bei temporären Liquiditätsschwierigkeiten zur Seite zu stehen, auch wenn sicherlich keiner davon jemals von so viel Anfragen überhäuft worden ist wie dieser Tage. Gerade bei konkret besicherten Maschinenfinanzierungen sind Stundungen für drei bis sechs Monate in der Regel kein Problem, idealerweise verbunden mit einer Laufzeitverlängerung der Finanzierung, sodass die ausgelassenen Raten einfach ans geplante Finanzierungsende angehängt werden.

Die Anträge bei den Sozialversicherungsträgern und beim Finanzamt bezüglich Lohnsteuer, Umsatzsteuer, der Rückerstattung bereits geleisteter Vorauszahlungen etc. kann Ihr Steuerberater für Sie übernehmen, die Gespräche mit Mitarbeitern bleiben dagegen eine Kardinalaufgabe für den Chef persönlich. Auch und gerade im Zuge von Kurzarbeit sollten geleistete Überstunden eher abgefeiert denn ausgezahlt werden, und vielleicht lässt in diesem Sommer die Liquidität auch andere Sonderzahlungen nicht zu. Durchstehen wir alle gemeinsam die Corona-Krise, so besteht immer noch die staatlich geschaffene Möglichkeit, bis Ende 2020 dem Rückhalt des Teams mit einer steuerfreien Corona-Prämie von bis zu 1.500 Euro pro Mitarbeiter zu danken.

Und auch die Sachkosten Ihres Unternehmens sollten wir nicht außer Acht lassen. Krisen sind in der Regel gute Zeiten, sich mit der Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit einzelner Ausgaben zu beschäftigen, denn nicht zuletzt zahlt auch jede Kosteneinsparung auf Ihre Liquidität ein – und auf die Ertragsstärke der Zukunft!

Zeit für frisches Geld

Neben dem Einsammeln von Fremdmitteln und dem Managen der Liquidität kann auch frisches Eigenkapital ein finanzwirtschaftliches Heilmittel für die aktuelle Situation sein. Kapital, das aus dem eigenen Privatvermögen geschöpft wird durch Einbringung von liquiden Reserven oder durch die Beleihung vorhandener Vermögenswerte – oder auch Kapital, das von externen Investoren gewonnen wird.

Passende Investoren gibt es für nahezu jede Branche und jede Unternehmenssituation, die Zeit größter Liquiditätsnot mag aber nicht für die attraktivsten Angebote sprechen. Mit einer gut gemanagten Liquidität, mit einer klaren Planung, bei der die wesentlichen Register gezogen sind und das Kapital eines Investors nur ein wichtiger ergänzender Baustein ist, lässt sich aber auch jetzt mit den richtigen Investoren sprechen und ein gemeinsames Szenario entwickeln.

Und wenn im individuellen Fall nicht jetzt der richtige Zeitpunkt ist, dann kommt er vielleicht in den nächsten Wochen und Monaten im Zuge der weiteren Entwicklung – und hoffentlich Rückbildung – der Corona-Pandemie. Denn mit dem Abklingen von Corona ist nicht gleichzeitig die Liquiditätsnot geheilt!

Liquidität nach Corona

Schon jetzt erleben wir eine Wiederbelebung zahlreicher Wirtschaftsbereiche. In manchen Branchen wirkt sich dies schlagartig aus, bei anderen kommt die Erholung eher zögerlich. Hoffen wir alle, dass keine weitere Welle auf uns zukommt und die Wirtschaft sich sukzessive normalisieren kann.

Ein Abklingen oder gar ein Ende der Corona-Pandemie bedeutet aber nicht zwingend eine Befreiung der Liquiditätssituation. Geschobene Zahlungen oder gestundete Raten werden zu gegebener Zeit auf uns warten, ein anziehendes Geschäft von uns den Einkauf von Rohmaterialen und die Zwischenfinanzierung der wieder hochfahrenden Produktion fordern, auch wenn Kreditlinien noch coronabedingt ausgeschöpft sind.

Nach der Corona-Pandemie gilt es also, weiterhin sorgsam mit der Liquidität umzugehen, um die steigende Mittelbindung eines wieder anziehenden Geschäftes zu überbrücken. Auch hierfür gilt es schon jetzt, Vorsorge zu treffen und auch hierzu gilt es, in absehbarer Zukunft weiterhin das Cash aktiv zu managen. „Cash is King“ wird uns also eine ganze Weile begleiten, und Liquidität ist ein Gut, bei dem gilt, dass ein bisschen zu viel besser ist, als ein bisschen zu wenig …

Pehr G. Gyllenhammar ist übrigens inzwischen 85 Jahre alt. 1994 hat er nach 24 Jahren im Chefsessel seinen Posten bei Volvo abgegeben. Sein Credo aber scheint nachzuhallen. Die börsennotierte Volvo AB vermeldete zum 31. März 2020 ein Cashpolster von mehr als 15 Milliarden Euro.

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