Vor dem Anbringen des Etiketts durfte der Cobot KR810 durch ein Fenster der Gesamt-Verpackungslinie nach außen greifen und das Etikett vom Drucker aufnehmen.

Vor dem Anbringen des Etiketts durfte der Cobot KR810 durch ein Fenster der Gesamt-Verpackungslinie nach außen greifen und das Etikett vom Drucker aufnehmen. (Bild: Project S & P)

Mit einem Restaurantbesuch kommt man in den Genuss, einmal nicht selbst kochen zu müssen und ein besonderes Essen zu genießen. Johannes Jansen, Geschäftsführer der Project-Unternehmensgruppe aus Kranenburg, geht das nicht viel anders. Doch der Verpackungsspezialist hat zudem einen technischen Bezug zu Gaststätten. „Vor Kurzem haben wir eine hochspannende Verpackungslinie für die Walter Rau Neusser Öl und Fette AG umgesetzt“, erzählt er. „Hier ging es darum, die Automatisierung bei der Verpackung mit innovativen Bausteinen umzusetzen, die den Unterschied machen. Konkret setzten wir bei Walter Rau unter anderem einen Sieben-Achsen-Cobot beim Etikettieren ein und konnten die Produktivität dadurch erhöhen.“ 

Das 1887 gegründete Unternehmen Walter Rau mit Sitz in Neuss beliefert unter anderem Restaurants, Süßwarenhersteller und Großbäckereien mit Fetten und Ölen. Ausgewählte pflanzliche Rohstoffe werden in Neuss zu hochwertigen funktionellen Ölen und Fetten veredelt. Florian Förster, Production Manager Packaging bei Walter Rau, erläutert, dass die Produkte in 7,5-Liter-PET-Flaschen abgefüllt und auf Paletten geladen werden. „Diese müssen für den Weitertransport zu unseren Kunden von allen vier Seiten mit einem Etikett versehen werden“, so Förster. Automatisierungsprofi Jansen ergänzt: „Aufgrund der geringen Platzverhältnisse kam ein sechsachsiger Roboter nicht in Frage. Der Sieben-Achsen-Cobot KR810 vom Kopenhagener Cobot-Hersteller Kassow Robots jedoch spielt hier mit der zusätzlichen Achse seine Wendigkeit aus, denn er kann ums Eck greifen.“ Auch seine hohe Traglast von bis zu 10 kg sei bei massiven Vakuum-Greifköpfen ein Vorteil. „Dem Cobot ist sogar zu verdanken, dass die gesamte Anlage ohne Pause betrieben werden kann“, so Jansen. 

Auf 10 mal 15 Metern komplett automatisiert

Jansens Team konzipierte für Walter Rau eine Verpackungslinie, die auf engem Raum mehrere Aspekte abdeckt. So sollten sie eine Gesamtlösung finden, die auf 150 qm² das Palettieren, Wickeln, Etikettieren und die Anbindung an das Lager ermöglicht. Insbesondere für das Etikettieren war aufgrund dieser engen Platzverhältnisse ein besonderer Schachzug gefragt. Jansens Team setzte hier auf den genannten Sieben-Achsen-Cobot von Kassow Robots. „Wir haben diese Lösung aus zwei Gründen vorgeschlagen: Zum einen konnten wir nur so den extrem engen Raum optimal nutzen. Außerdem verhindert die Cobot-Lösung das täglich mehrfache Stoppen der Anlage für das Befüllen des Etikettier-Druckers, Tonerwechsel et cetera.“ Viele auf dem Markt erhältliche Cobots haben nur sechs Achsen und sind daher in der Bewegung limitiert. „Cobots mit sieben Achsen können auch eine Art Pendelbewegung des Ellbogens ausführen“, erklärt Jansen. Ein Sieben-Achsen-Cobot sei so wendig, dass er sogar auf kleinstem Raum etikettieren oder auch exakte Bahnen abfahren könne, so Jansen weiter. Sein Unternehmen wurde im Jahr 2018 in Deutschland der erste Partner des Kopenhagener Cobot-Herstellers Kassow Robots. Speziell entwickelte Gelenke und eine siebte Achse seien das Herzstück jener Leichtgewichtroboter, die der Unternehmensgründer Kristian Kassow extra für den Einsatz im industriellen Mittelstand entwickelt habe, so Jansen. Dieter Pletscher, Vertriebschef von Kassow Robots, erläutert, dass die Cobots von Kassow Robots neben ihren sieben Achsen, Reichweiten von bis zu 1,80 m und Traglasten von bis zu 18 kg bieten – alles in Leichtbauweise. „Der KR810 hat zum Beispiel ein Eigengewicht von 24 kg. Das hilft, wenn Firmen den Cobot an verschiedenen Orten des Betriebs für unterschiedliche Aufgaben einsetzen wollen“, sagt Pletscher.

Den Mitarbeitern von Walter Rau waren auch Qualität und Flexibilität beim Bedrucken der Paletten wichtig sowie ein möglichst kontinuierlicher Rund-um-die-Uhr-Betrieb der Verpackungslinie. Beides ließ sich mit dem KR810 realisieren. Förster erklärt: „Zuvor wurde die Etikettierung per Hand von einem Mitarbeiter erstellt und angebracht – eine sehr monotone Aufgabe, die durchaus Fehler provozierte. Mithilfe des Cobots werden die Etiketten nun immer exakt an der gleichen Stelle platziert und sind einfacher abzuscannen. Auch kontrolliert das System Position und Lesbarkeit. Die Zuordnung der Etiketten erfolgt wiederum durch das Gesamtsystem.“ Der jeweilige Mitarbeiter kann nun statt des Etiketten-Aufklebens wichtigere Aufgaben übernehmen. Praktisch ist auch, dass kein Stoppen der Verpackungslinien nötig ist, wenn der Etikettier-Drucker neu befüllt werden muss. „Wir haben hier den Vorteil von Cobots genutzt, dass sie im Gegensatz zu Industrierobotern in der Nähe von Menschen und in Kooperation mit ihnen zusammenarbeiten dürfen“, erklärt Jansen.

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Das Etikett wird mit dem Vakuumgreifkopf an die Palette gedrückt. (Bild: Project S & P)

Etikettieren mit Cobot

Beim Etikettierprozess wird die beladene Palette mit einem Förderband vom Palettenwickler zum Etikettierplatz befördert. Hier steht sie auf einem Drehteller-Förderer. Der mit einem Vakuumgreifkopf für Etiketten versehene Cobot steht neben dem Drehtellerförderer auf einer Säule. Neben der Säule und außerhalb der Gesamtanlage ist ein TTP-Industriedrucker aufgestellt, der die Etiketten druckt. Dies ermöglicht das Auffüllen des Druckers oder Tonerwechsel während des Betriebs der Gesamtanlage. Sobald die Palette in Position ist, wird ein Signal an den Cobot gesendet und er startet seine Aufgabe. Dazu fährt er mit dem Vakuumgreifkopf durch ein Fenster der Gesamtanlage nach außen vor den Drucker. Gleichzeitig startet der Etikettendruck. Wenn das Etikett gedruckt ist, wird es von dem Vakuumgreifkopf angesaugt und festgehalten. Nun fährt der Cobot an die variabel eingestellte Position und drückt dort das Etikett an die Palette. Danach fährt er ein Stück zurück, und eine Kamera überprüft Position sowie Lesbarkeit des Etiketts. Wenn alles in Ordnung ist, fährt der Cobot wieder in die Position vor den Drucker und die Palette wird auf dem Drehtellerförderer um 90 ° gedreht. Nun nimmt der Cobot das nächste Etikett auf und klebt so auf alle vier Seiten der Palette ein Etikett. Sind alle Etiketten angebracht und überprüft, gibt der Cobot das Signal an die übergeordnete Steuerung zur Freigabe der Palette, die dann weitergefördert wird. 

Ein Mitarbeiter wiederum ist zuständig, mehrfach am Tag den Industriedrucker mit Etikettierpapier zu befüllen. Ein Schutzmechanismus lässt den kollaborierenden Roboter stoppen, sollte es aus irgendwelchen Gründen zu einer Kollision des Cobot-Arms mit dem menschlichen Kollegen kommen. Der Vorteil, dass der Drucker außerhalb des Schutzbereichs der Gesamtanlage liegt: Die komplette Verpackungsanlage kann auf kleinem Raum rund um die Uhr arbeiten. „Es ist keine Unterbrechung nötig, wenn wir den Drucker nachfüllen oder Toner austauschen müssen – das passiert alles von außen“, berichtet Förster. Käme ein Industrieroboter zum Einsatz, gäbe es Ausfallzeiten.

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