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(Bild: Digitalstock – Fotolia.com)

Plastik im großen Stil unter geringem Aufwand mit maximalem Output auf höchstem Niveau recyceln – diesen Eindruck erwecken viele Big Player der Industrie, wenn sie über das sogenannte „Chemische Recycling“ sprechen. Das Verfahren wird als modernstes und wirksamstes Mittel dargestellt, um die negativen Auswirkungen von Plastik auf Umwelt und Klima zu reduzieren. Allerdings gibt es kaum valide Daten zur chemischen Aufbereitung von Plastik, was vor allem daran liegt, dass dieses Verfahren trotz bereits fünfzigjähriger Forschung noch nicht auf einem kommerziellen Level skaliert werden konnte. Dennoch existieren einige Ökobilanzen, die den Nachhaltigkeitsgedanken von „Chem Cycling“ unterstreichen sollen.

„Wir haben durch unsere Untersuchung die Ökobilanzen von BASF und Co. als wenig glaubwürdig und tendenziös entlarven können. In unserer Zusammenfassung der Ergebnisse bringen wir Schwachpunkte, Fehler und auch zweifelhafte Aussagen ans Licht“, erklärt Thomas Fischer, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft bei der DUH.

Und Sascha Roth, Referent für Umweltpolitik beim Nabu, ergänzt: „Je genauer wir den chemischen Recyclern auf die Finger schauen, desto größer wird unsere Skepsis. Unsere Untersuchungen zeigen, dass bei Ökobilanzen nicht alles Gold ist, was glänzt. Wir müssen uns stärker auf schon heute wirksame Methoden wie das mechanische Recycling konzentrieren und nicht auf komplexe, ungewisse Technologien, die sich am Ende als Nebelkerzen herausstellen...“

Einseitig, unvollständig oder schlichtweg falsch

Die Studie führt die zehn größten Kritikpunkte an den Ökobilanzen zum sogenannten chemischen Recycling auf. So wird beispielsweise der Anschein erweckt, dass die chemische Aufbereitung wenig bis keiner externen Energie bedarf, obwohl dieses Verfahren mit sehr hohem Energieaufwand verbunden ist. Außerdem wird behauptet, dass der Output beim sogenannten chemischen Recycling die gleiche Qualität wie neues Plastik aufweist.

Tatsächlich sei es so, dass aufgrund der geringen Qualität des Outputs nur ein kleiner Teil für Endprodukte eingesetzt werden kann. Der hohe Materialverlust beim Prozess der chemischen Aufbereitung werde in den Ökobilanzen überhaupt nicht erwähnt, auch die Toxizitätswerte würden nicht näher untersucht. Generell seien Datensätze zum Großteil nicht offengelegt, nur selektive Ergebnisse präsentiert und die Analysen unvollständig. Darüber hinaus würde das mechanische Recycling einseitig negativ dargestellt und es würden generell nur sehr einseitige Annahmen in Bezug auf alternative Möglichkeiten zum Umgang mit Plastikmüll präsentiert.

Reinhard Schneider, Inhaber des Reinigungsmittelunternehmens Werner & Mertz und Träger des Deutschen Umweltpreises 2019: „Es ist bitter zu sehen, mit welchen Mitteln Teile der Industrie versuchen, echte Kreislaufwirtschaft zu verhindern beziehungsweise hinauszuzögern, indem man unwirksame Technologien schönrechnet.“

Zusammenfassung und Empfehlungen

Die Macher der Studie kommen zu dem Ergebnis, dass sich diese Ökobilanzen sehr leicht missinterpretierten lassen und so ein geschöntes Bild von chemischem Recycling entsteht. Besonders die unzureichende Offenlegung der Datengrundlage zur Erstellung der Ökobilanzen wird kritisiert, da sie eine unabhängige Überprüfung unmöglich mache.

Deshalb sollten Politiker diese Ökobilanzen mit Vorsicht betrachten und nicht als Entscheidungsgrundlage nutzen. Stattdessen empfehlen DUH, Nabu und Co. der EU, mehr unabhängige Forschung zu den Umweltauswirkungen von chemischem Recycling zu unterstützen und letztendlich nur die Recycling-Verfahren zu incentivieren, die tatsächlich eine geringere CO2-Bilanz aufweisen als die Herstellung von neuem Plastik.

Die vollständige Studie ist unter diesem Link abrufbar:

https://zerowasteeurope.eu/library/understanding-the-environmental-impacts-of-chemical-recycling-ten-concerns-with-existing-life-cycle-assessments/

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