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(Bild: Procter & Gamble)

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Bis 2030 will P & G klimaneutral arbeiten. Da spielt auch die Verpackung eine große Rolle. (Bild: Procter & Gamble)

neue verpackung: Procter & Gamble will seine Emissionen künftig um 50 % reduzieren – wo genau setzen Sie als Unternehmen hier überall an?

Jürgen Dornheim: Procter & Gamble hat sich umfassende Nachhaltigkeitsziele gesetzt, insbesondere beim Klimaschutz. Wir haben uns verpflichtet, bis 2030 klimaneutral zu arbeiten. Um entschieden gegen den Klimawandel anzukämpfen, setzen wir dabei zum einen auf innovative Technologie und zum anderen auf Projekte, um die Natur zu bewahren und zu schützen.

Konkret arbeiten wir daran, die eigenen CO2-Emissionen bis 2030 um 50 % zu reduzieren und weltweit 100 % Ökostrom einzusetzen. USA, Kanada und Europa sind bereits auf grünen Strom umgestellt. Darüber hinaus wird P & G eigene Wind-, Solar- und Geothermie-Projekte realisieren, um den Übergang zu erneuerbaren Energien weiter zu beschleunigen. Für Emissionen, die bis 2030 nicht eliminiert werden können, wird P & G in natürliche Klimaschutzlösungen investieren, die in der Lage sind, CO2 zu binden. Unseren internen Berechnungen zu Folge, schätzen wir, dass wir im Zeitraum 2020 bis 2030 rund 30 Mio. t CO2 Emissionen ausgleichen werden. Hier spielen Investitionen in natürliche Klimaschutzlösungen wie Wiederaufforstung eine wichtige Rolle. Dazu gehören Projekte zum Schutz und zur Wiederherstellung kritischer Ökosysteme wie Wälder, Feuchtgebiete, Grasland und Torfgebiete.

Neben dem ökologischen Nutzen naturnaher Klimaschutzlösungen stellt P & G sicher, dass die Projekte auch im sozialen Bereich positive Wirkung haben.

neue verpackung: Beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis präsentierten Sie nachfüllbare Shampoo-Flaschen. Sollen hier noch weitere Produkte folgen?

Jürgen Dornheim: Verpackungsinnovationen spielen über alle unsere Kategorien hinweg eine bedeutende Rolle. Das neue Nachfüllsystem „Refill the good“ unserer Haarpflegemarken ist das erste seiner Art. Wir wollen damit neue Routinen im Alltag fördern, die für mehr Nachhaltigkeit sorgen. Wir werden die Entwicklung unseres neuen Nachfüllsystems genau beobachten und den Ansatz gegebenenfalls ausweiten. Neben Nachfüllsystemen werden wir in naher Zukunft weitere neue Verpackungskonzepte vorstellen.

neue verpackung: Welche Tools (beispielsweise Design4Recycling vom Grünen Punkt) nutzt P & G, um schon in der Verpackungsentwicklung die Recyclingfähigkeit von Kunststoffverpackungen zu erhöhen?

Jürgen Dornheim: Nachhaltiges Design for Recycling ist ein zentrales Thema für uns als Verpackungsingenieure und liegt uns allen sehr am Herzen. Basierend auf wissenschaftlich abgesicherten Grundlagen der Recyclingfähigkeit und Lifecycle Assessments werden neue Verpackungslösungen entwickelt. Eine gutes Beispiel ist die neue entwickelte Blend-a-med-Zahncremetube, die im April als recycelbare HDPE-Tube auf den Markt kommt und das Potenzial hat, den Tubenmarkt grundlegend zu verändern.

neue verpackung: Wo liegen die größten Hindernisse (Barriere versus Haltbarkeit/Verschlüsse und Deckel/Etiketten …) für eine recyclingfreundliche Verpackung?

Jürgen Dornheim: Wenn wir heute über Verpackungen nachdenken, dann steht das Thema Kreislaufwirtschaft mit den Aspekten vollständigen Recyclings im Kern. Gleichzeitig verlieren wir die Funktion, die eine Verpackung für das jeweilige Produkt erfüllen muss, nicht aus den Augen. Um beides in Einklang zu bringen, waren Neuentwicklungen nötig, was zum Beispiel das Thema Haltbarkeit oder den Einsatz von recyclingfähigeren Materialien angeht. Darüber hinaus hängt die Recyclingfähigkeit von der Verwertungsindustrie ab. 

In diesem Zusammenhang ist die Entwicklung von digitalen Wasserzeichen ein bedeutsamer Schritt für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Sie verbessern die Recycling-Sortiertechnik, und die wiedergewonnenen Materialien haben eine bessere Qualität. Mit der Entwicklung der digitalen Wasserzeichen haben wir unsere Innovationskraft genutzt, um die Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen.   

Wir haben eine neue und zukunftsweisende Technologie entwickelt, die Polypropylen in hohe lebensmitteltaugliche Qualitäten recyceln kann. Unser Ziel ist es, das Material in hochwertiger Qualität in konkreten Produkten einsetzen zu können. Um die Skalierbarkeit zu erhöhen und die Technologie übergreifend nutzbar zu machen, haben wir sie lizenziert, sodass auch andere Unternehmen recyceltes Polyprop-Material einsetzen können. Die neue Purecycle-Technologie macht es möglich, recyceltes Polypropylen uneingeschränkt für alle unsere Anwendungen einzusetzen.

neue verpackung: Verbraucher bevorzugen Verpackungen im Papierlook. Viele faserbasierte Verpackungen brauchen aber eine zusätzliche Kunststoffbeschichtung, wodurch das Recycling erschwert beziehungsweise unmöglich wird. Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Marketing und ökologischer Vernunft?

Jürgen Dornheim: Wenn wir als Firma Papierverpackungen in den Markt bringen, so achten wir darauf, dass diese vollständig im Papierkreislauf zu recyceln sind. Das Thema möglicher Beschichtungen muss jeweils im Einzelfall betrachtet werden, denn schon heute sind in vielen Fällen Kunststoffe nicht nötig. Dieser Bereich wird sicherlich neue innovative Herausforderungen an die Industrie stellen.

neue verpackung: Wie müssen sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern, um geschlossene Materialkreisläufe zu erreichen? 

Jürgen Dornheim: Es gibt Überlegungen, die Recyclingfähigkeit von Verpackungen stärker zu belohnen. Dem können wir viel abgewinnen. Die rein preisliche Betrachtung für Rezyklate ist im Vergleich zu Neukunststoff nachteilig. Vernünftige politische Rahmenrichtlinien können hier wichtige Signale zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft setzen.

Die Fragen stellten Eva Middendorf und Philip Bittermann, beide Redaktion neue verpackung

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