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(Bild: Fokussiert – stock.adobe.com)

Der Ausbruch des Corona-Virus und die Geschwindigkeit, mit der sich die Pandemie weltweit ausbreitete, hat im März 2020 in Deutschland und Europa zu weitgehenden Lockdown-Maßnahmen und zu großen Verunsicherungen in Bevölkerung und Wirtschaft geführt. Der deutsche Aktien-Leitindex Dax brach binnen weniger Tage um knapp 40 % ein, Bereiche wie Touristik, Freizeit und Veranstaltungen sind faktisch abgeschaltet worden und nur wenige können mit Konzepten aufwarten, die ihnen in den letzten Monaten ein wirtschaftliches Arbeiten ermöglicht haben. Die temporäre Aussetzung der Insolvenzantragspflicht mag es ein Stück weit verschleiert haben, aber viele Unternehmen werden an dieser Situation scheitern.

In der Verpackungsbranche hat man dagegen ganz unterschiedliche Bilder gesehen. Während die deutsche Wirtschaft bei Investitionsentscheidungen verständlicherweise vorsichtig war und insofern Verpackungsmaschinen nur bei dringend notwendigem Bedarf geordert hat, profitierten Bereiche wie Versand- und Lebensmittelverpackungen, und mit der flächendeckenden Nachfrage nach Hygieneprodukten ist quasi ein ganz neuer Markt entstanden, der wahrscheinlich auch mittelfristig Bestand haben wird.

Das M & A-Jahr 2020

Bei all der Verunsicherung, bei der einbrechenden Wirtschaftsleistung müsste eigentlich auch der M & A-Markt am Boden gelegen haben. Doch unsere Analyse offenbart anderes: Tatsächlich erweist sich das M & A-Geschäft in der Verpackungsbranche in 2020 ähnlich rege wie im Vorjahr. Auffällig ist allerdings, dass – zumindest bei der von uns genommenen „Stichprobe“ des Marktgeschehens – im letzten Jahr der Anteil der Transaktionen, an denen Finanzinvestoren beteiligt waren, weiter zurückging, und dass grenzüberschreitende Cross-Border-Transaktionen sich im Wesentlichen innerhalb Kontinentaleuropas abspielten.

Was die Finanzinvestoren betrifft, so hat sich deren mittelfristige Strategie nicht geändert, und ihr Interesse an der Verpackungsbranche ist keineswegs abgeklungen. Der dem Duisburger Finanzinvestor Haniel zuzurechnende Verpackungsmaschinenbauer Rovema hat in den Niederlanden und in Indien zugekauft, DWK Life Sciences (Finanzinvestor One Equity Partner) hat mit Müller + Müller einen Spezialisten für Glasverpackungen für die Pharmaindustrie übernommen und Waterland Private Equity ist mit der Leupold-Akquisition in den Bereich Faltschachteln eingestiegen, um nur einige Beispiele zu nennen. Daneben fielen Venture-Investments ins Auge, beispielsweise von Beiersdorf Venture Capital an Salford Valve oder von CCEP Ventures (Coca-Cola European Partners) an Cure Technology.

Trotzdem haben einige Finanzinvestoren in 2020 vorsichtiger agiert, da sich durch ihre in der Regel branchenübergreifende Aufstellung in anderen Teilen ihres Beteiligungsportfolios coronabedingt Herausforderungen ergeben haben, die insbesondere personelle Kapazitäten, in Einzelfällen aber sicherlich auch Kapitalmaßnahmen erforderten.

Was Cross-Border-Transaktionen angeht, so sehen wir das Ausbleiben von interkontinentalen Transaktionen als einen temporären Effekt. Einerseits hat insbesondere die erste Corona-Welle viele Staaten wesentlich stärker getroffen als Deutschland, Österreich und die Schweiz und auch die Lockdown-Maßnahmen und Reisebeschränkungen waren in vielen Regionen härter beziehungsweise langanhaltender. Andererseits erschwerte die Corona-Situation durch ihre regulatorischen aber auch faktischen (beispielsweise massive Reduzierungen des Flugverkehrs) Einschränkungen die Umsetzung multinationaler Verhandlungen, Due-Diligence-Prüfungen und Transaktionen. Trotzdem gab es auch in 2020 innerhalb Europas einige Cross-Border-Transaktionen, wie die Übernahme des holländischen Druckchemikalienherstellers PCO durch Epple Druckfarben, von SC Etiketten durch die Optimum Group oder die Mehrheitsbeteiligung der Karatzis SA bei den Folienproduzenten BSK Lakufol zeigen.

Aber auch wenn ein Teil der Finanzinvestoren in 2020 vorsichtiger war, auch wenn Cross-Border-Transaktionen schwieriger waren, so haben strategische Investoren diese Lücke in der Verpackungsbranche offensichtlich gefüllt und auch in 2020 eine hohe M & A-Tätigkeit aufrechterhalten. Und dies offenbar zu attraktiven Bewertungen.

Betrachtet man die branchenübergreifenden Erhebungen der sogenannten Multiples, die auf Basis tatsächlich abgeschlossener Transaktionen ermittelt und häufig für eine überschlägige erste Unternehmensbewertung herangezogen werden, so sind diese zwischen Januar und November 2020 nur marginal gesunken. Branchenübergreifend liegt der Mittelwert für einen Ebit-Multiple (für sogenannte Small Cap-Unternehmen mit weniger als 50 Mio. Euro Jahresumsatz) laut Finance 11/2020 bei 7,2 – rund 6 % niedriger als noch im Januar. Versucht man detaillierter in die Verpackungsbranche zu schauen, so muss man natürlich ein differenzierteres Bild zeichnen und „Verpackung“ in die unterschiedlichen Industrien aufteilen. Als am stärksten betroffen erweist sich dann der Maschinenbau (Rückgang der Multiples um rund 14 %), als am wenigsten betroffen Beratung und Software.

Vergleicht man diese Werte mit den weitgreifenden Auswirkungen der Coronakrise, so scheinen die Bewertungsrückgänge vergleichsweise gering, was einerseits für das hohe Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit des „Geschäftsmodells Verpackung“ spricht, andererseits ein Zeichen der unverändert hohen Liquidität im Markt ist. Nicht zuletzt hat auch der Dax seinen dramatischen Einbruch aus dem Frühjahr 2020 schon im Sommer wieder wettgemacht.

Faktisch lässt sich sogar sagen, dass 2020 für Unternehmen, deren Umsatz- und Ertragslage nicht oder kaum durch Corona negativ beeinflusst waren, vielleicht die beste Zeit für einen Unternehmensverkauf gewesen ist, da Nachfrage und Liquidität weiterhin gegeben waren, die Beteiligungsgelegenheiten an attraktiven Unternehmen aber drastisch zurückgegangen sind, da viele potenzielle Zielunternehmen entweder von Corona betroffen waren oder Unternehmer sich in dem vermeintlich unsicheren Umfeld nicht an den Markt wagten.

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So sah das M & A-Jahr 2020 aus. (Bild: Knox)

Ausblick auf das M & A-Jahr 2021

Gemeinhin wird erwartet, dass sich diese Situation in 2021 entscheidend dreht, das Angebot an Unternehmensverkäufen sollte sichdeutlich steigern. Unternehmer, die in 2020 geplante Verkaufsprozesse abgebrochen oder verschoben haben, werden zurück an den Markt kommen; solche, die durch die Coronakrise erst für einen Verkauf an einen „starken Partner“ sensibilisiert worden sind, dürften Verkaufsprozesse starten und nicht zuletzt werden Unternehmen, die die Coronakrise nicht gesund überstanden haben, zum (Not-)Verkauf stehen.

Diesem deutlich steigenden Angebot an möglichen Unternehmensverkäufen werden aber auch wieder mehr Investoren und Investitionsmittel zur Verfügung stehen. Zwar wird eine Bankfinanzierung von Unternehmenstransaktionen voraussichtlich in den nächsten ein bis zwei Jahren schwieriger, viele Strategen und Finanzinvestoren verfügen aber über ausreichende Mittel oder Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten, um trotzdem frei agieren zu können. De facto haben zahlreiche Investoren bereits in 2020 weitere Mittel eingeworben, um für die erwartete Transaktionswelle in 2021 gerüstet zu sein.

Und so sollte trotz des voraussichtlich deutlich steigenden Angebots an Unternehmen auch 2021 ein gutes Jahr für einen Unternehmensverkauf werden. Finanzinvestoren verfügen über gefüllte Kassen, ausländische Strategen werden grenzübergreifende Transaktionen wieder leichter bewältigen können und der nahende Impfstoff stärkt Verbrauchervertrauen, Geschäftsklima und Wirtschaftsentwicklung.

Erfahrungsgemäß sind Phasen der Erholung, der steigenden Auftragseingänge und BWA-Werte, die die eigenen Planzahlen untermauern, eine gute Zeit für die Verhandlung eines Unternehmensverkaufs.

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