Das Nova-Institut hat insgesamt 25 Anwendungen identifiziert, bei denen der biologische Abbau eine sinnvolle Option darstellt.

Das Nova-Institut hat insgesamt 25 Anwendungen identifiziert, bei denen der biologische Abbau eine sinnvolle Option darstellt. (Bild: Nova-Institut)

In der EU gelangen mehrere Millionen Tonnen Kunststoffe in die Umwelt. In die Natur, in Gewässer, in den Kompoststrom – jedes Jahr, ungehindert. Einmal dort gelandet, ist eine Rückführung in den Recyclingstrom oft nahezu unmöglich: zu kleinteilig, unauffindbar, zu aufwendig. Aber es gibt auch Kunststoffprodukte, die selbst bei korrekter Anwendung in der Natur, in Gewässern oder im Kompost landen, die es erst gar nicht ins Recycling schaffen. Und mit vielen davon haben wir tagtäglich zu tun. Man denke an Kosmetikprodukte, Teebeutel, Kaugummi oder Aufkleber auf Obst und Gemüse.

Wäre hier der Einsatz von biologisch abbaubaren Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen eine sinnvolle Option? Kritiker bezweifeln, dass der biologische Abbau überhaupt Nutzen bringt und setzen auf umfassende Reduzierung, Sammlung und Recycling von Kunststoffprodukten. Sie befürchten zudem, dass biologisch abbaubare Produkte Verbraucher dazu verleiten könnten, die Produkte in der Umwelt zu entsorgen.

Im Projekt „Biosinn – Steckbriefe sinnvoller biologisch abbaubarer Produkte“, welches durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert wurde (Förderkennzeichen 2219NR197), wurde von Expertinnen und Experten des Nova-Instituts aus Hürth bei Köln untersucht, ob es Anwendungen und Produkte gibt, für die der biologische Abbau eine sinnvolle oder sogar die beste End-of-Life-Option darstellt. Dabei waren die Auswahlkriterien, dass das Einsammeln der Produkte (oder ihrer Überbleibsel), die Abtrennung der Produkte von sonstigem organischen Abfall oder ein stoffliches Recycling nicht möglich, ökonomisch nicht realisierbar ist beziehungsweise in der Praxis nicht stattfindet. Andere Kriterien waren, dass durch die Verwendung biologisch abbaubarer Materialien der Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt vermieden werden kann oder dass durch die Verwendung biologisch abbaubarer Materialien indirekte positive Effekte, ein relevanter Sekundärnutzen zu erzielen ist.
Zusammen mit dem Projektpartner Institut für Kunststofftechnik der Universität Stuttgart und einem Projekt-Beirat aus Vertretern der Industrie, Wissenschaft und Politik in mehreren Workshops wurden auf dieser Basis 25 Anwendungen identifizieren, für die die biologische Abbaubarkeit eine gute oder sogar die beste End-of-Life-Option darstellt. Diese wurden von allen Seiten beleuchtet: in welchen Umgebungen verbleiben die Produkte genau? Gibt es bereits geeignete biologisch abbaubare Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen für diese speziellen Anforderungen? Wie sehen die marktwirtschaftlichen, politischen Rahmenbedingungen aus?

Das Ergebnis des Projektes ist eine Broschüre für Entscheidungsträger aus Industrie und Politik aber auch für die breite Öffentlichkeit, mit 25 Produktsteckbriefen und Hintergrundinformation zum Thema biologischer Abbau. Für jedes Produkt wird erklärt, inwiefern der biologische Abbau eine sinnvolle und machbare Option ist und welche technischen Substitutionsmöglichkeiten es für einen nachhaltigeren Materialeinsatz gibt. Zudem wurden politische Rahmenbedingungen und Regulatorien beleuchtet und produktspezifisch ausgewertet. Erstmalig wurden auch die Marktvolumina für Deutschland und die EU erhoben und abgeschätzt. Das Gesamtvolumen der 25 Anwendungen liegt in Deutschland bei rund 170.000 t und in der Europäischen Union sogar bei etwa 1 Mio. t, von denen der größte Anteil in die Umwelt gelangt. Hier würde der Einsatz biologisch abbaubarer Materialien erhebliche Umweltvorteile bringen.

Ein Projektziel war, Potenziale für biologisch abbaubare Kunststoffe aufzuzeigen, die bisher oft übersehen wurden. Die öffentliche Debatte dreht sich zu großen Teilen um Verpackungen, diese können und sollten jedoch in aller Regel eingesammelt und recycelt werden. Biosinn konzentrierte sich daher gerade auf solche Anwendungen, in denen die Sammlung in der Praxis nicht oder kaum möglich ist. So liegt das Volumen bei Anwendungen in der Landwirtschaft durch Flockungshilfsmittel im Klärschlamm, Saatgutbeschichtung, Trägerpolymere für Pestizide und Mulchfolien besonders hoch.

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