Am 15. Juni 2021 wurden zum 2. Mal die Biopolymer Innovation Awards verliehen.

Am 15. Juni 2021 wurden zum 2. Mal die Biopolymer Innovation Awards verliehen. (Bild: Polykum)

Die interdisziplinär besetzte Jury zeichnete mit dem nach 2019 zum zweiten Mal vergebenen Preis drei Unternehmen für „wegweisende und Mut machende Innovationen auf dem Gebiet der biologisch abbaubaren Kunststoffe aus“, wie Juryvorsitzender Peter Putsch, Vorstand des gastgebenden Polykum e.V., am Rande der feierlichen Auszeichnung erklärte. Die Awards wurden auf dem internationalen Kongress „Biopolymer – Processing & Moulding“ übergeben, den mehr als 700 Teilnehmer aus fünf Kontinenten miterlebten.

Transparenter Gewinner

Den 1. Preis, der mit 2.000 Euro dotiert ist, nahm die Gruppo Fabbri Vignola aus Italien entgegen. Der Spezialist für Verpackungsmaschinen führte im vergangenen Jahr mit „Nature Fresh“ eine Verpackungsfolie am Markt ein, die sich hinsichtlich Transparenz, Dichtigkeit und Handhabbarkeit praktisch nicht von konventionellen Produkten unterscheidet, im Unterschied zu diesen aber nach ihrer Nutzung kompostiert werden kann.

Der 2. Preis ging an Traceless Materials, ein Start-up aus Hamburg. Die Gründerinnen Anne Lamp und Johanna Baare überzeugen mit einer Technologie, die es erlaubt, aus Nebenprodukten der Agrarwirtschaft Polymere zu gewinnen und zu strukturieren. Auf diese Weise entstehen biologisch abbaubare Materialien, die das Potenzial haben, Kunststoffe etwa im Verpackungsbereich zu ersetzen.

Der 3. Preis wurde an Genisys aus dem oberpfälzischen Hahnbach verliehen. Genisys ist Händler für Rasenmähroboter und Zubehör. Dass bis zu 6 Mio. jährlich verkaufte Kunststoffheringe für Begrenzungskabel überwiegend ewig im Erdreich verbleiben, obwohl sie nach wenigen Wochen überflüssig sind, wollte Firmenchef Richard Götz nicht einfach hinnehmen – und erfand den biologisch abbaubaren Rasennagel.

Die Preisträger 2021 auf einen Blick

Platz 1: Gruppo Fabbri Vignola, Vignola (Italien)

Kurzbeschreibung: Nature Fresh ist eine Klarsichtfolie, die sich sowohl für die manuelle als auch die automatische Verpackung von Lebensmitteln eignet und die zudem nach europäischem Standard (EN 13432) im heimischen Garten und in industriellen Anlagen kompostierbar ist. Der entstehende Kompost kann für den Pflanzenbau genutzt werden.

Begründung der Jury: Mit „Nature Fresh“ gibt Gruppo Fabbri Lebensmittelerzeugern, -händlern und -käufern eine überzeugende Alternative zu konventionellen Stretchfolien in die Hand. Der Spezialist für Verpackungsmaschinen, der traditionell auch Folien selbst produziert, stellte 2020 mit „Nature Fresh“ ein Produkt vor, das hinsichtlich Transparenz, Dichtigkeit und Handling den allseits bekannten Verpackungsfolien praktisch in nichts nachsteht, jedoch zwei entscheidende Qualitätsvorteile bietet: „Nature Fresh“ kann nach ihrer Nutzung in heimischen oder industiellen Kompostieranlagen entsprechend der gültigen EU-Norm in Ere umgeandelt werden. Darüber hinaus überzeugt die Folie mit ökotoxischer Unbedenklichkeit. So enthält sie weder PVC noch Weichmacher, was sowohl den in der Folie verpackten Lebensmitteln, als auch der Qualität des entstehenden Komposts, vor allem aber den Verbrauchern und der Umwelt zugute kommt. Mit diesem Produkt gelang Gruppo Fabbri Vignola etwas, an dem sich schon viele Wettbewerber zuvor ohne durchschlagenden Erfolg versucht haben. Die Jury honoriert diesen Durchbruch, der das Zeug hat, die Welt der Massenkunststoffe zu verändern, mit dem 1. Preis.

Platz 2: Traceless Materials, Hamburg (Deutschland)

Kurzbeschreibung: Traceless Materials ist ein Start-up aus Hamburg. Die Gründerinnen Anne Lamp und Johanna Baare überzeugen nicht nur Investoren mit einer Technologie, die es erlaubt, aus Nebenprodukten der Agrarwirtschaft Polymere zu gewinnen und zu strukturieren. Auf diese Weise entstehen biologisch abbaubare Materialien, die das Potenzial haben, Kunststoffe etwa im Verpackungsbereich zu ersetzen.

Begründung der Jury: Kann man Materialien aus der Natur, die weder chemisch modifiziert noch synthetisch polymerisiert werden, überhaupt als Kunststoffe bezeichnen? Schon dass diese Frage in der Jurysitung unter anderem diskutiert wurde, zeigt: Das Hamburger Start-up beschreitet unausgetretene Pfade. Das von Mitgründerin Anne Lamp in wissenschaftlichen Arbeiten entwickelte und zum Patent angemeldete Verfahren ermöglicht es, aus Nebenprodukten der Agrarindustrie lagerstabile Folien, feste Materialien sowie hauchdünne Beschichtungen herzustellen. Diese besitzen die vorteilhaften Eigenschaften von Kunststoffen, sind aber dennoch in der Natur vollständig kompostierbar. Dass die Ausgangsstoffe nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion stehen, das Verfahren energiesparend ist und die Endprodukte ohne schädliche Zusatzstoffe wie Lösungsmittel auskommen, rundet das Gesamtkonept der „spurlosen Materialien“ ab. Auch wenn bis zur Produktreife noch umfangreichere Forschungsarbeiten zu leisten sind, zeichnet die Jury diesen innovativen Ansatz, aus dem eine neue Stoffklasse entstehen kann, mit dem 2. Preis aus.
 
Platz 3: Genisys, Hahnbach (Deutschland)

Kurzbeschreibung: Die Genisys aus dem oberpfälzischen Hahnbach ist Händler für Rasenmähroboter und Zubehör. Zum Sortiment gehören auch Kunststoff-Heringe für Begrenzungskabel der automatisierten Rasenpfleger. Dass von den etwa zehn Zentimeter langen Erdnägeln ein großer Teil vermutlich ewig im Erdreich verbleibt, obwohl die Halterungen nach wenigen Wochen überflüssig sind, wollte Firmenchef Richard Götz nicht einfach hinnehmen – und suchte erfolgreich nach einem biologisch abbaubaren Kunststoff.

Begründung der Jury: Bevor ein Mähroboter durch einen Garten surren kann, müssen durchschnittlich 500 Kabelhalter im Erdreich versenkt werden. Mit ihnen werden Begrenzungskabel fixiert, die den automatisierten Rasenpfleger daran hindern, aus dem ihm zugewiesenen Biotop auszubrechen. Allein die Firma Genisys verkauft 6 Mio. dieser Erdnägel pro Jahr, was die Dimension des weltweiten Marktes erahnen lässt. Gerade deshalb ließ Firmeninhaber Richard Götz der Gedanke keine Ruhe, dass ein Teil dieser Halterungen für immer im Erdreich verbleibt und zu Mikroplastik zerfällt, obwohl sie nach wenigen Wochen, wenn das Kabel im Rasen festgewachsen ist, eigentlich überflüssig werden.

Der Chef des Familienunternehmens begann gezielt nach biologisch abbaubaren Kunststoffen zu forschen, die den ökotoxisch bedenklichen ABS-Kunststoff ersetzen konnten. Mehr als fünf Jahre sollte diese Suche in Anspruch nehmen. Dass Richard Götz sich in dieser Zeit neben den alltäglichen Herausforderungen in seinem Kerngeschäft als Händler selbst von zahlreichen Rückschlägen nicht von seinem Ziel abbringen ließ, dass er auch umfangreiche Investitionen nicht scheute und am Ende mit der Firma FKUR eine überzeugende Lösung fand, würdigt die Jury mit dem 3. Preis.

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