Schmalbahnmaschine ausgestattet mit UV-Offset-Druckwerken. Sie kann beliebig mit weiteren Druckwerken und Finishing-Einheiten konfiguriert werden.

Schmalbahnmaschine ausgestattet mit UV-Offset-Druckwerken. Sie kann beliebig mit weiteren Druckwerken und Finishing-Einheiten konfiguriert werden. (Bild: Gallus Ferd. Rüesch)

Zu den zentralen Aufgaben im Prozessmanagement gehört, die Ursachen von Störfaktoren zu analysieren und Lösungen zu finden, die die Auswirkungen auf die geplanten Arbeitsabläufe gering halten. Es geht darum, Zeitverlust oder Mehraufwand zu vermeiden beziehungsweise zu minimieren. 

Neben der Analyse kurzfristiger Einflussfaktoren verfolgt das Prozessmanagement auch mittel- bis längerfristige Ziele. Dabei geht es um die Untersuchung von Markttrends und ihre Auswirkungen auf das Produktportfolio. 

Damit der Maschinenpark auch bei sich ändernden Markttrends universell einsetzbar ist, wird großer Wert auf hohe Flexibilität der Maschinensysteme hinsichtlich ihrer Konfigurierbarkeit und Nachrüstbarkeit gelegt. Diese Flexibilität bringt, wie wir sehen werden, nützliche Vorteile für das Tagesgeschäft mit sich.

Prozessanalyse deckt Effizienzunterschiede auf

Heute bieten Schmalbahnmaschinen durch ihre modulare Bauweise und ihren hohen Automatisierungsgrad einen großen Komfort bei der Maschinenbedienung. Bei genauerer Analyse des Zeitbedarfs einzelner Arbeitsschritte zeigen sich jedoch signifikante Unterschiede bei den Einricht- und Umrüstzeiten der am Markt angebotenen Maschinensysteme. Im Tagesgeschäft führt dies zu deutlichen Effizienzunterschieden. Diese machen sich besonders bemerkbar, wenn externe Einflussfaktoren hinzukommen und nicht alles nach Plan läuft. Darum untersuchen größere Etiketten- und Verpackungsdruckereien die Prozesszeiten einzelner Arbeitsschritte der eingesetzten Maschinensysteme sehr genau. Die Erkenntnisse daraus nutzen sie zur Optimierung der Prozessabläufe.

Praxisgerechte Referenzwerte

Als Referenzwerte für die folgenden Beispiele dienen Leistungsdaten aktueller Maschinensysteme im Praxisbetrieb. Sie verfügen als Basisausstattung entweder über UV-Offset- oder UV-Flexodruckwerke und lassen sich für die weitere Konfiguration mit allen anderen gängigen Druckverfahren ergänzen. Die Erweiterungsmöglichkeiten umfassen Rotationssiebdruck, teilweise Lösemitteltiefdruck, Heißfolienpräge- und Kaltfolienapplizierung, Lackauftrag sowie Laminierung oder Kaschierung.

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Prozessmanagement erfasst, wie oft es zu Abweichungen im Register beim automatischen Wechsel kommt. (Bild: Gallus Ferd. Rüesch)

Einstieg in die Prozessanalyse

Sollte in einem Betrieb noch keine Erfahrung im Prozessmanagement vorhanden sein, bietet sich ein Pilotprojekt für den Einstieg an, bei dem Abläufe mit Rüstzeiten im Vordergrund stehen, beispielsweise die Analyse geplanter oder kurzfristiger Auftragswechsel. Da ihre Anzahl von Druckerei zu Druckerei unterschiedlich ist, ermittelt das Prozessmanagement, wie häufig Störfaktoren auftreten und wie stark sie sich auswirken. Anschließend identifiziert es Möglichkeiten, wie die Störfaktoren behoben werden können. Dazu ein paar Beispiele.

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Mit Flying Inprint lassen sich Farben oder Texte ohne Maschinenstopp wechseln. (Bild: Gallus Ferd. Rüesch)

Einfluss der Prozesswechsel-Zeiten

Die Auftragsstruktur einer Etikettendruckerei zeigt in der Analyse im Durchschnitt vier Auftragswechsel pro Schicht, bei denen ein Prozesswechsel nötig ist. Die ermittelte Wechselzeit für den Tausch eines Druckwerks beträgt 30 Minuten. Konkret heißt dies, dass jeder ungeplante Prozesswechsel die nachfolgenden Aufträge entsprechend verzögert und Termine teils neu geplant werden müssen.

Vergleicht das Prozessmanagement die Prozesswechsel-Zeiten gleichwertiger Maschinensysteme, so zeigt sich, dass ein Maschinensystem mit optimiertem Bahnlauf nur 5 Minuten für einen Prozesswechsel benötigt, anstatt 30 Minuten.

Bei durchschnittlich vier Prozesswechseln pro Schicht führt dies zu einer Zeitersparnis von 100 Minuten beziehungsweise ermöglicht 20 % mehr Fertigungszeit pro Schicht. Der Unterschied ergibt sich dadurch, dass bei dem zweiten Maschinensystem die Bahn beim Prozesswechsel nicht getrennt werden muss.

Werden im Tagesgeschäft kurzfristige Prozesswechsel notwendig, wirken sie sich bei diesem Maschinensystem so gut wie nicht auf die Terminplanung und Maschinenverfügbarkeit aus. Das Maschinensystem ist deshalb deutlich weniger anfällig für äußere Einflüsse und produziert kostengünstiger.

Einfluss von Farb- oder Lackwechseln

Farb- und Lackwechsel zählen zu den Routinetätigkeiten beim Umrüsten auf einen neuen Auftrag und kommen im Tagesgeschäft relativ häufig vor. Bei einem Wechsel von Matt- auf Glanzlack beispielsweise müssen alle Teile des Farbwerks wie Farbkammer, Farbpumpe mit Schläuchen und Farbbehälter ausgetauscht oder gereinigt werden. Alternativ und relativ einfach ließe sich die Umrüstzeit der Maschine durch einen Wechsel des gesamten Druckwerks verkürzen. Voraussetzung ist, das Maschinensystem erlaubt dies ohne Bahntrennung. 

Dazu wird ein Druckwerk mit dem neuen Lack außerhalb der laufenden Maschine vorbereitet und nach Auftragsende eingewechselt. Dafür werden circa 5 Minuten benötigt, gegenüber circa 15 Minuten für die Reinigung des Farb-/Lackwerks beim Umrüsten. Mit der Möglichkeit zum Druckwerkswechsel ohne Bahntrennung haben ungeplante Farb-/Lackwechsel kaum noch Auswirkung auf die Terminplanung im Tagesgeschäft.

Hinzu kommt die Möglichkeit, „Flying Inprint“ zu fertigen. Diese Fertigungsweise beruht wie im Beispiel oben auf der Vorbereitung des Druckwerks bei laufender Maschine außerhalb und anschließendem Druckwerkswechsel. So können Texte oder Farben ohne Umrüstzeit selbst kurzfristig und ohne Maschinenstopp gewechselt werden, bei niedrigsten Produktionskosten.

Prozesse, die das Prozessmanagement zur Steuerung externer Faktoren unter anderem untersucht:

  • Prozesswechsel-Zeiten
  • Rüstzeiten bei Auftragswechsel
  • Reproduzierbarkeit von Aufträgen
  • Bahntransport
  • Bahnwege
  • Materialvielfalt
  • Multi-Web
  • Flying Inprint
  • digitalhybride Lösungen

Automatisierung bei Auftragswechsel

Im Fokus des Prozessmanagements können auch qualitative Ziele stehen, beispielsweise die Reproduzierbarkeit und damit die Produktionssicherheit von Wiederholaufträgen. In vielen Druckereien besteht die Auftragsstruktur zu circa zwei Dritteln aus Aufträgen mit kleinen Änderungen oder Wiederholern. Solch eine Auftragsstruktur lässt sich für einen automatisierten Auftragswechsel nutzen. Dabei werden die kompletten Einrichte-Daten der Maschine aus einer Auftragsdatei abgerufen und alle notwendigen Parameter wie Bahnführung, Längs- und Querregister, Druckparameter und Stanzwerkzeug der Maschine automatisch eingestellt. 

Auch beim automatischen Auftragswechsel weisen die Maschinensysteme deutliche Unterschiede auf, die sich in der Reproduzierbarkeit der Druckqualität zeigen. Im Prozessmanagement wird erfasst, wie oft es zu Abweichungen vom Standard bei automatischen Wechseln kommt und wie hoch der Zeitbedarf für das Nachjustieren ist. Ein Höchstmaß an Reproduzierbarkeit wird mit Maschinensystemen erreicht, bei denen direkt angetriebene Servomotoren die Antriebswalzen ansteuern. Druckwerke, in denen Zahnräder oder Riemen zum Einsatz kommen, besitzen diese Präzision nicht.

Bei Substratwechseln greifen moderne Maschinen auf eine Substrat-Datenbank zurück und stellen die Bahnspannung materialspezifisch über den gesamten Bahnweg ein. Die Qualität des Bahntransports steht sowohl bei Materialwechseln als auch bei der Materialvielfalt im Interesse des Prozessmanagements. Sie entscheidet darüber, wie flexibel ein Maschinensystem unterschiedliche Bedruckstoffe verarbeiten kann. Besonders wichtig ist die Steuerung der Bahnspannung bei den im Trend liegenden Multi-Web-Anwendungen. Dabei werden zwei Bahnen inline bedruckt und anschließend zusammenführt. Die Bedruckstoff-Daten der beiden Bahnen müssen unabhängig voneinander definierbar sein, damit die Bahnen registergenau übereinander passen. Das mehrbahnige Etikett darf sich vor oder bei der Applizierung auf das Endprodukt nicht durch unterschiedliche Dehnungsfaktoren wölben oder lösen.

Für Multi-Web- oder Sicherheits-Applikationen wird häufig eine Stanzmöglichkeit im Druckbereich benötigt. Dazu müssen Stanz- und Gegenstanzzylinder mit geringem Adaptionsaufwand in eine Druckposition eingebaut werden können. Nur so ist eine kostengünstige Produktion möglich.

Markttrends

Hochdeckendes Weiß, Lackeffekte oder Druckveredelungsmöglichkeiten werden zunehmend in allen Consumer-Märkten gefordert. Um den Trends folgen zu können, werden die Maschinensysteme im Prozessmanagement auf ihre Erweiterungsfähigkeit und Flexibilität hin überprüft. Siebdruckwerke, mit denen sehr hohe Farb- und Lackschichtdicken übertragen werden, und auch Heiß- oder Kaltfolien-Applikation müssen mit geringstem Aufwand und kurzen Prozesswegen in eine Maschine integrierbar sein. 

Hoher Automatisierungsgrad und maximale Flexibilität

Die aufgeführten Beispiele zeigen, wie häufig Störfaktoren Einfluss auf das Tagesgeschäft nehmen und wie groß ihr Einfluss auf die geplanten Abläufe ist. Auf der Suche nach Lösungen im Prozessmanagement kristallisieren sich die Vorteile von Maschinensystemen heraus, die eine größtmögliche Flexibilität besitzen. Mit ihrer Ausstattung und ihrem Automatisierungsgrad bieten sie die notwendigen Voraussetzungen, um auch unter Störfaktoren im Tagesgeschäft effizient zu arbeiten. Selbst eine „ungünstige“ Auftragsreihenfolge oder erhöhte Rüstzeiten wirken sich bei ihnen kaum noch auf die Effizienz der Abläufe in der Produktion aus. So bieten flexible Maschinensysteme selbst bei höheren Anschaffungskosten das wirtschaftlich effizienteste Maschinensystem für Anforderungen im Tagesgeschäft.

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