Die drei Tacker am Auslauf des Auflegesystems drücken die erste Klammerreihe in die Palette.

Die drei Tacker am Auslauf des Auflegesystems drücken die erste Klammerreihe in die Palette. (Bild: SEW)

Die Holzwerk Roth GmbH in Niedereschach im Schwarzwald-Baar-Kreis fertigt kundenspezifische Sonderpaletten ab Losgröße 1. Aufgrund des wachsenden Auftragseingangs plante das Unternehmen im Jahr 2020 eine Produktionserhöhung seiner Palettenmaschine, in deren Folge die aufwendige Palettenverwaltung für das Folienauflegen eliminiert werden sollte. Die Folien werden auf den Palettenboden aufgebracht, um empfindliches Transportgut von unten vor Feuchtigkeit, Verschmutzung und Insektenbefall zu schützen. Gemeinsam mit dem Anlagenbauer TSB Automation entwickelte SEW-Eurodrive ein komplett neues System basierend auf dem Automatisierungsbaukasten Movi-C.

Ein erstes Automatisierungsprojekt zum Aufbringen und Befestigen der Folienabschnitte startete die Firma Roth im Jahr 2014. Ein Doppelwagensystem und ein Folienabwickler beschicken im Durchlauf unterschiedlich breite, hohe und lange Paletten mit einer PE-Folie. Diese wird mit einem Tackersystem automatisch auf der Palette fixiert. Dabei treibt je ein Servomotor CMP63M von SEW-Eurodrive die beiden Palettenwagen an. Der rechte und linke Greiferwagen sind mittels einer mechanischen Kopplung über einer Mehrfachkeilwelle miteinander verbunden. Für die Ansteuerung der Greiferwagen kommt hier ein Umrichter Movidrive MDX61B zum Einsatz. Zur Ansteuerung der Folienzuführeinheit wird ein Umrichter Movitrac MC07B verwendet. Als Antriebe werden Motoren des Typs DRS71 mit dem Gebertyp EI7C eingesetzt. Die Koordinierung aller Antriebe erfolgte damals durch eine Siemens SPS S7.

Folienbeschickung von der Rolle

Das Funktionsprinzip ist einfach: Die verschiedenen Folienrollen werden aus einem Revolvermagazin mit bis zu zwölf Rollen verschiedener Folienbreiten dem Folienzuführsystem mit Tänzer, Zuteilwalze und Schneideinrichtung zugeführt. Der Palettenwagen am Einlauf nimmt die Palette auf und positioniert sie unter dem Folienvorhang. Jetzt übernimmt der zweite Palettenwagen. Dieser transportiert die Palette, sodass die dünne PE-Folie mit einem exakten Folienüberhang vorn und hinten auf die Palette abgelegt wird. Anschließend wird die Folie oben auf der Palette mehrfach angeheftet. Dadurch ergibt sich eine glatt anliegende Folie, welche das Endkundenprodukt schützt und gleichzeitig vor schädlichen Umwelteinflüssen bewahrt.

Der Ablauf scheint simpel, doch die Krux steckt in der Vielfalt der Formate: Unterschiedliche Palettenformate und häufiger Produktwechsel führen zu ungleichmäßigen Überhängen bei der Folie durch den nicht vorhandenen „Synchronlauf“ der miteinander arbeitenden Achse. Der Folienrevolver muss die richtige Folie bereitstellen und die passgenaue Positionierung der Heftung und der Schnitt außerdem individuell angepasst werden. Um der Produktvielfalt gerecht zu werden, wurden für sämtliche Kombinationen entsprechende Datensätze angelegt. In der übergeordneten SPS waren für jeden Palettentyp unterschiedliche Datensätze hinterlegt. Letztlich war aber die Geschwindigkeit des Ablaufs durch die Halte- und Anfahrvorgänge begrenzt. Außerdem mussten die Bediener bei jedem Formatwechsel den korrekten Datensatz anwählen.

Produktivitätssteigerung durch Automatisierung

Um Personalkapazitäten zu sparen und die Produktivität zu erhöhen, wurde die Anlage im Jahr 2020 weiter optimiert. Dirk Eismann, Geschäftsführer TSB Automation, erklärt: „Das System nutzt die Funktion einer virtuellen Achse, auf welche sich die verschiedenen Anlagenantriebe bei Bedarf einkuppeln. Dafür wurden einige mechanische Veränderungen vorgenommen. So wurde beispielsweise die mechanische Kopplung mittels Mehrfachkeilwelle getrennt.“

Jeder Palettenwagen wurde außerdem mit einem zweiten Servomotor K29 CMP63M ausgestattet. Die Folienzuführeinheit erhielt einen neuen Antrieb – nun mit einem Inkrementalgeber des Typ EI8C. Dirk Höke, Applikationsingenieur im Technischen Büro Erfurt von SEW-Eurodrive, erklärt: „Die bisherigen Umrichter wurden ausgetauscht und mit fünf realen und einer virtuellen Achse in das Automatisierungssystem Movi-C integriert. Die SPS, die zuvor über eine Profibus-Schnittstelle mit den SEW-Antriebsumrichtern kommuniziert hatte, wurde nun um eine Profinet-Kommunikationsbaugruppe (CP343) erweitert. Jetzt erfolgt die Kommunikation von der SPS zum Movi-C-Antriebssystem über Profinet.“

Die beiden Palettenwagen fahren nun im Master-Slave-Betrieb ohne mechanische Kopplung. Die Synchronisation erfolgt über die SPS durch das Anfahren von zwei Referenzpositionen. Das Einkuppeln in den Master-Slave-Betrieb erfolgt erst, wenn beide Antriebe die entsprechende Position erreicht haben.

Das Folienzuführsystem stellt einen Folienvorhang her, in den die Palette vom ersten Palettenwagen angefahren wird. Nun übernimmt der Palettenwagen 2 im Stillstand diese Palette. Nachdem der Palettenwagen 2 die Palette korrekt gegriffen hat, wird der Antrieb des Folienzuführsystems und des Palettenwagens 2 auf die virtuelle Achse eingekuppelt. Ab diesem Zeitpunkt steuert die SPS nur noch die virtuelle Achse mit Rampen, Zielposition und Geschwindigkeitsvorgaben. Aktuell sind das 600 mm/s.

Zahlreiche Vorteile durch Präzision

Alle drei Antriebe folgen jetzt der virtuellen Achse auf den Millimeter genau. Die Folie wird einschließlich Überhänge auf die Palette aufgelegt. Die Start- und Stoppvorgänge haben nun keinen Einfluss mehr auf das Ablagebild. Außerdem entfällt die zusätzliche Datensatzverwaltung für unterschiedliche Palettentypen. Die einfache Ansteuerung des neuen Konzeptes ermöglichte eine Produktivitätssteigerung von etwa 20 %. Den Rest erledigt der Automatisierungsbaukasten Movi-C von SEW-Eurodrive. „Wir haben mittels der virtuellen Achse einen präzisen Synchronlauf erreichen können“, zeigt sich Oliver Roth, Geschäftsführer Holzwerk Roth, zufrieden. Er ergänzt: „Auch die Parametrierung und Inbetriebnahme sind einfach und nachvollziehbar.“

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