Der Greifer OFG besteht aus vier Silikonfingern, die sich durch Druck öffnen und mit Vakuum schließen.

Der Greifer OFG besteht aus vier Silikonfingern, die sich durch Druck öffnen und mit Vakuum schließen. (Bild: Schmalz)

Wie in vielen anderen Bereichen der Wirtschaft wurde durch die Pandemie die Digitalisierung auch in der Verpackungsmaschinenbranche massiv vorangetrieben. „Alles läuft digital: Vertrieb, Service, Projektgeschäft – selbst die FAT, da die Kunden oftmals nicht zur Abnahme anreisen konnten“, nennt Martin Buchwitz, Geschäftsführer beim Verein Packaging Valley, einen konkreten, praktischen Nutzen der Digitalisierung. Vor allem aber trägt sie dazu bei, den Grad der Automatisierung in der Verpackungstechnik zu erhöhen, wodurch Prozesse effektiver und Anlagen flexibler werden. Somit ist sie quasi Wegbereiter der Trends, die sich aktuell in der Verpackungstechnik ausbreiten: Automatisierung, Nachhaltigkeit und Individualität. 

Vor allem die Produktionsstätten für Lebensmittel stellen auf Automatisierung um. Besonders die Zunahme der Regularien im Lebensmittelbereich wie die Nachverfolgbarkeit von Babynahrung zwingen die Unternehmen, ihre Prozesse zu digitalisieren und zu automatisieren. Von den ebenfalls zunehmenden Hygieneanforderungen an das Maschinendesign sind hauptsächlich die Komponenten betroffen, die in direkten Kontakt mit den Lebensmitteln kommen. Die Vorschriften beschränken sich nicht nur auf das Material; entscheidend ist auch die reinigungsfreundliche Gestaltung der Greifer einschließlich der pneumatischen Anschlüsse. So sind zum Beispiel bei den Fingergreifern OFG von Schmalz alle Verbindungsstellen wie Verschraubungen, an denen Metall auf Metall trifft, mit Dichtelementen nach außen hin glatt abgeschlossen. So können sich keine Mikroorganismen absetzen und die Reinigung wird erleichtert. 

Verpackungen müssen um- und neu gedacht werden. Dabei geht es sowohl um umweltverträgliche Materialien als auch um fortschrittliche Produktionstechnologien. Denn auch wenn Verpackungen derzeit noch große Berge an Abfall verursachen, so sind sie unverzichtbar. Sie tragen zur Hygiene in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens bei und sind unter anderem ein Grund für unseren heutigen hohen Gesundheitsstandard. Zudem haben sie die Logistik sowie die Halt- und Verfügbarkeit vieler Produkte deutlich verbessert.

Es ist also keine Überraschung, dass Nachhaltigkeit im Bereich Verpackungsmaschinen derzeit das dominierende Thema ist. Sowohl Endkunden als auch OEMs befassen sich mit neuen Materialien wie monopolyolefinem Plastik, Bio-Plastik oder papierbasierende Materialien, um damit unnötiges Material zu vermeiden. Gerade bei Single-Serve-Verpackungen, welche nicht wieder recycelt werden können, spielen neuartige Verpackungsmaterialien eine große Rolle. Allerdings müssen aufgrund der neuen Materialen OEMs die Maschinen in einigen Prozessbereichen teilweise anpassen oder gar neu entwickeln. Die Firma R. Weiss Verpackungstechnik zum Beispiel unterstützt ihre Kunden bei der Packmittel­umstellung von Joghurtbechern, die neuerdings aufgrund von Kunststoffreduzierung von einer Kartonummantelung gestützt werden.

Bild 2.JPG
Pisave-Sense-Ventile vereinfachen die Konstruktion von Kartonaufrichtungssystemen mit Vakuumtechnologie. (Bild: Piab)

Nachhaltigkeit ist Teamwork

„Damit ein Produkt wirklich nachhaltig ist, muss die gesamte Prozesskette effizient und ressourcenschonend gestaltet sein. Diese beginnt bei den Rohstoffen und reicht über das Energiemanagement in der Produktion und die Packmittel bis hin zur Fabrikautomatisierung und der Logistik“, erklärt Frank Würthner, Branchenmanagement Verpackungstechnik bei Beckhoff Automation. „Das bedeutet für Unternehmen, dass sie ihre Komfortzone verlassen müssen, um sich der disruptiven Innovation zu stellen“, umreißt er die eigentliche Herausforderung. Somit sei die Kommunikation zwischen Endkunden, Maschinenbauern und Automatisieren besonders wichtig, denn nur gemeinsam lassen sich nachhaltige Projekte umsetzen und dadurch Ressourcen schonen. 

Die Rolle der Automatisierungstechnologie dabei ist klar: mit immer weniger Ressourcen den ständig steigenden Bedarf der wachsenden Weltbevölkerung decken. Recycling wird in Zukunft also eine noch größere Rolle spielen und muss effizienter genutzt werden. Dazu werden wiederum zukunftsweisende Maschinen benötigt, um die neuen Packmittel verarbeiten zu können. Hier treten viele verschiedene Verfahren, Technologien und Materialien auf den Plan. Die additive Fertigung gehört genauso dazu, wie Clip (Continueous Liquid Interface Production) oder bionische Brennstoffzellen. Green Tech und künstliche Intelligenz sind weitere Themen. Eine der disruptiven Innovationen von Beckhoff ist X-Planar, das Planarmotorantriebssystem für den schwebenden 2D-Produkttransport mit bis zu sechs Freiheitsgraden. Damit können völlig neue Maschinenkonzepte erarbeitet und flexible Verpackungsmaschinen konstruiert werden, mit denen die produzierende Industrie Packmittel und auch Rohstoffe einsparen kann.

Bild 3.JPG
Das Planarmotorantriebssystem X-Planar für den schwebenden 2D-Produkttransport mit bis zu sechs Freiheitsgraden benötigt keine Führungsschienen oder Rollen. (Bild: Beckhoff)

Formatumstellung auf Knopfdruck

Die Einsparung von Rohstoffen beziehungsweise Optimierung der Energieeffizienz ist vor allem bei pneumatischen Komponenten nach wie vor ein großes Thema. Speziell für die Verpackungstechnik hat Festo das Motion Terminal VTEM entwickelt. Mit Motion-Apps lassen sich mehr als 50 Einzelkomponenten ersetzen, darunter Stoßdämpfer und Drosseln. Das bedeutet, dass Anwender alle Funktionen ihrer Pick-and-place-Anwendung in nur einem System realisieren. Mit einem Ventil lassen sich unterschiedliche Aufgaben erfüllen und mit acht Ventilen 16 Druckregelkanäle bedienen. Die Regelung von Druck und Vakuum zum Beispiel erfolgt über die App „Proportional-Druckregelung“. Dabei wird das Vakuumlevel an das zu bewegende Gewicht angepasst. 

Es genügt, die benötigten Parameter umzustellen. Zusammen mit dem Multi-Carrier-System MCS ist auch der schnelle und unkomplizierte Formatwechsel möglich – ein Punkt, der ganz oben auf der Wunschliste vieler Verpackungsmaschinenhersteller und deren Kunden steht. Auch Jörg Dahlhoff, Strategic Market Manager Packaging bei SMC, kennt diesen Wunsch, der unter anderem auch auf die Nachhaltigkeit zurückzuführen ist: „Eine große Verpackungsmaschine hinterlässt sowohl schon beim Aufbau als auch später beim Endkunden eine deutliche CO2-Emission. In diesem Kontext geht der Trend hin zu kompakten und flexiblen Verpackungsmaschinen, welche sowohl für die Massenproduktion als auch für die Batch Size One für individuelle Produktlösungen verwendet werden können.“ 

Vor allem im Sekundär-Verpackungsprozess, in dem ein bereits verpacktes Produkt möglichst schnell und sicher in einen Karton, ein Tray oder ein Blister umverpackt wird, müssen sich Sauggreifer flexibel anpassen. Die Vakuum-Erzeugung spielt hier eine wichtige Rolle, denn deren Leistung ist entscheidend für energieeffiziente Prozesse, bei denen Leistung gezielt abgerufen werden kann. Das Kompaktterminal SCTSi von Schmalz ist zum Beispiel ein Vakuum-Erzeuger, mit dem sich bis zu 16 individuelle Vakuumkreise flexibel aufbauen lassen. Dabei verfügt jeder einzelne Kreis über eine eigene pneumatische Vakuumerzeugung, Ventile und Überwachung. Das Terminal kommuniziert mit der Steuerung über IO-Link oder gängige Ethernet-Protokolle, mit IO-Link-Modulen kann es aber auch zur zentralen Steuereinheit für das gesamte Greifsystem werden.

Bild 4.JPG
Mit neueren und dünneren Materialen sollen Verpackungen nachhaltiger werden. Dafür ist oftmals ein Umbau der Verpackungsmaschinen erforderlich. (Bild: SMC/Ecoma)

Effizienter mit dezentraler Vakuumerzeugung

Es gibt, neben der Flexibilität bei Packmitteln und Format, noch einen weiteren Grund auf ein dezentrales Vakuumsystem zu setzen, das mehrere kleinere Pumpen dort hat, wo das Vakuum benötigt wird: Wellpappe ist ein poröses Material, bei dem die Luftströmungsrate durch das Material selbst innerhalb einer genau definierten Qualität variiert. In Bezug auf die Saugnäpfe hängt die Luftleckage davon ab, wie gut die Saugnapflippe die gewellte Oberfläche abdichtet, was von Karton zu Karton variieren kann. Bei der Konstruktion von Vakuumhandhabungssystemen für Wellpapiermaterial wird das System meist bewusst überdimensioniert, damit immer ausreichend Greifkraft vorhanden ist. Ein Feldtest an Kartonaufrichtmaschinen bei einem globalen Lebensmittelunternehmen ergab, dass das System hinsichtlich des Energieverbrauchs um bis zu 43 % überdimensioniert war, um „Ausreißer“ zu handeln. 

Weil der Energieverbrauch eines porösen Systems asymptotisch mit dem Vakuumniveau steigt, kann eine Verdoppelung des Vakuumniveaus möglicherweise das Zehnfache der Energiemenge erfordern. Ziel muss es also sein, das Vakuumniveau auf ein Minimum zu halten, was eben unter anderem mit einem dezentralen Vakuumsystem möglich ist. 

Eine Alternative ist der Einsatz eines Luftdruckreglers. Der Pisave von Piab erfasst das Vakuum an einem Messanschluss und regelt es so, dass ein konstantes Vakuumniveau aufrechterhalten wird, indem der Luftdruck zur Vakuumpumpe vorübergehend erhöht oder verringert wird. Dadurch wird das Vakuum nur bei Bedarf eingeschaltet und das Vakuumniveau kann entsprechend gesteuert werden. Es wird also nur die Energie eingesetzt, die für den Prozess erforderlich ist.

Aufgrund des Bedarfs an flexiblen Maschinen, die in der Lage sind, unterschiedliche Kartongrößen zu handhaben, unabhängig von der Ausrichtung, spielen Ventile eine immer größere Rolle bei der Konstruktion von Vakuumsystemen für Kartonageaufrichter. Während die meisten herkömmlichen Durchflussregelventile von der Schwerkraft abhängen, hat Piab das Pisave-Sense-Ventil entwickelt, das genau diese Anforderungen erfüllt und unabhängig vom Winkel oder der Ausrichtung in alle Richtungen arbeiten kann. Das Vakuumrückschlagventil ermöglicht es, auch wenn einige Saugnäpfen das Objekt zu verfehlen, ein ausreichendes Vakuumniveau im System mit schnellen Reaktions- und Freigabezeiten aufrechtzuerhalten. Dies ist eine wichtige Funktion, um die Handhabung jeder Kartongröße von klein bis groß zu ermöglichen. Diese Ventile werden normalerweise in einem zentralen Vakuumsystem eingesetzt, eines für jeden Saugnapf. Sie ermöglichen den Einsatz einer kleineren Vakuumpumpe und sparen somit Energie.

Bild 5.JPG
Unterschiedliche Kartongrößen und die passende Anzahl der Produkte werden durch die frei positionierbaren Wagen (Carrier) direkt auf dem Multi-Carrier-System MCS eingestellt. Die Produkte können dabei einzeln auf dem ­Wagen transportiert, gruppiert und synchron verpackt werden. (Bild: Festo)

Hackfleisch nur noch im Flow-Pack

70 % weniger Plastik, recycelbare Materialen: Die Supermarktkette Feneberg hat ihre Produktion umgestellt und bietet SB-Hackfleischprodukte in den knapp 80 Filialen nicht mehr in der bisher üblichen MAP-Schale, sondern nur noch im nachhaltigeren Schlauchbeutel (Flow-Pack) an. Diese Idee setzte die Firma gemeinsam mit Ulma Pack­aging um. Der Anbieter lieferte die Maschine sowie sein Prozess-Know-how für das Unterfangen. Die Feneberg-Metzgerei produziert pro Woche 20 t Hackfleisch und Hackfleischprodukte. Feneberg bringt dadurch nun pro Jahr 35,7 t weniger Kunststoff in Umlauf.

Sie möchten gerne weiterlesen?