Mit einem nationalen Marktanteil von etwa 85 Prozent ist Tine SA Norwegens größter Hersteller, Distributor und Exporteur von Milchprodukten. Hinter dem Unternehmen stehen mehr als 10.000 Landwirte, die als Genossenschaftler an Tine beteiligt sind und jährlich 1,4 Milliarden Liter Kuhmilch sowie 19 Millionen Liter Ziegenmilch abliefern. Der Konzern beschäftigt knapp 5.500 Mitarbeiter und erreichte 2012 einen Umsatz von annähernd 20 Milliarden norwegischen Kronen, rund 2,3 Milliarden Euro. Aus dem Milchaufkommen stellt die Gruppe in 42 Betriebsstätten – davon 13 Molkereien, die über das ganze Land verteilt sind – mehr als 500 verschiedene Milchprodukte her, die unter der Marke Tine in den Handel kommen. Insgesamt vermarktet Tine aber über 1.300 verschiedene Produktlinien. Um die Herstellung aus den verschiedenen Standorten und die Distribution über ganz Norwegen zu koordinieren, unterhält Tine 16 verschiedene Lagerhäuser und Distributionscenter. Der norwegische Markt für Milchprodukte ist gespalten. Einerseits ist die Nachfrage nach Frischmilch seit Jahren rückläufig. Seit dem Jahr 2000 ging der Pro-Kopf-Verbrauch um fast ein Fünftel zurück auf jetzt 91,6 Liter. Frischmilch ist offensichtlich für die Verbraucher nicht mehr so wichtig wie früher. Dadurch hat sich der Anteil der Frischmilchprodukte am Tine-Umsatz auf rund 40 Prozent reduziert, während gleichzeitig der Anteil fester Milchprodukte – also Butter, Käse oder Sauerrahm – mit dem Umsatz von Frischmilch gleichzieht. 17,6 Kilogramm Käse, 9,8 Kilogramm Rahm und Sauerrahm und 3,2 Kilogramm Butter konsumiert jeder Norweger im Durchschnitt. Besonders die „Jarlsberg“ Hartkäse-Produkte mit den typischen runden Löchern sind bei den Norwegern beliebt. Darüber hinaus trägt auch die Eiscreme-Tochter Diplom-Is nicht unwesentlich zum Umsatz bei. Die Traditions-Eiscrememarke ist bei 99,8 Prozent aller Norweger bekannt und Marktführer in diesem Segment. Ähnlich stark ist Tine mit Fellesjuice AS, dem Hersteller von Säften und Fruchtsaftgetränken. Die mehrheitliche Beteiligung an der Vermarktungsfirma Fjordland AS sorgt zudem dafür, dass Tine bei der Entwicklung und der Marktplatzierung von frischen Convenience-Lebensmitteln, Margarine, Joghurt und Dessert immer am Markt präsent ist. Erfolgreich exportiert Tine aber auch nach Schweden, Dänemark, Großbritannien und in die USA und unterhält dort auch Produktionen vor Ort. Insgesamt belaufen sich die Umsätze außerhalb Norwegens bereits auf rund zehn Prozent, mit „Jarlsberg“-Käse als wichtigster Marke in den internationalen Märkten. Konzentration der Produktionskapazität Das größte Frischmilch-Werk betreibt Tine in Oslo. Verständlich, denn im Ballungsraum der norwegischen Hauptstadt leben mehr als 1,9 Millionen Menschen, über ein Drittel der fünf Millionen Gesamtbevölkerung Norwegens. Die dünne Besiedelung von nur 13 Einwohnern pro Quadratkilometer erleichtert nicht gerade die Distribution von Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel und Getränke. Eine dezentrale Produktionsstruktur ist da von Vorteil. Dennoch will und muss Tine die Produktion konzentrieren, um auch zukünftig rentabel am Markt arbeiten zu können. Beispielsweise soll die Produktionskapazität von drei der 13 Molkereien auf die anderen Betriebe umverteilt werden. Das hat Kapazitätsaufstockungen in den verbleibenden zehn milchverarbeitenden Betriebsstätten zur Folge. So auch im Werk Oslo, dessen Kapazität nun bei 150 Millionen Litern Milch und 20 Millionen Litern Fruchtsaft pro Jahr liegt und weiter ausgebaut werden soll. Um diese Produktionsleistung durchgängig in allen Prozessbereichen sicherstellen zu können, installierte Tine zum einen das neue Palettierzentrum, zum anderen ließ das Unternehmen ein neues zweiteiliges Hochregallager mit 10.748 Euro-Paletten und 3.200 Rollcontainer-Stellplätzen errichten, in das die fertig palettierte Ware eingelagert und von da aus über automatisierte Hängebahnen kommissioniert werden kann.Für die Frischmilch-Verarbeitung stehen der Tine Meierit Oslo zehn Getränkekarton-Abfüllanlagen sowie zwei Bag-in-Box-Linien zur Verfügung. PET- oder HDPE-Flaschen für Frischmilch haben sich in Norwegen (noch) nicht eingebürgert. Die Frischmilchkartons werden auf Rollcontainer verladen, die auf spezielle Paletten positioniert werden, um mit dem neuen Regallagersystem zu harmonieren.
Das neue Krones Palettierzentrum ist für insgesamt sechs weitere Abfüllanlagen verantwortlich. Es ersetzt fünf konventionelle Palettierer. Bei diesen bisherigen Anlagen wurden die Lagen mit externen Drehstationen und mechanischer Gruppierung gebildet. Jeder Palettierer war für eine Abfülllinie zuständig. Als dann im Zuge der Kapazitätserweiterung eine sechste Linie hinzukam, war es an der Zeit für eine Neustrukturierung. Die sechs Linien summieren sich aus einer 250-Milliliter-Brik-Pack-Anlage für Fruchtsaft mit 7.000 Briks pro Stunde, einer zehn Liter Bag-in-Box-Linie für Frischmilch mit einer Leistung von 450 Boxen pro Stunde, zwei Form-Fill-Seal (FFS)-Anlagen für Joghurt mit 20.000 beziehungsweise 40.000 Bechern pro Stunde sowie zwei Anlagen zur Abfüllung von Joghurt, Sauerrahm und Crème fraîche. Eine dieser beiden Linien mit jeweils 18.200 Bechern pro Stunde Leistung wurde neu installiert, musste jedoch zunächst mit 10.000 Bechern pro Stunde betrieben werden, weil die alte Palettierung die Leistung nicht aufnehmen konnte. Zur Palettierung gelangen so unterschiedliche Verpackungskombinationen wie verschiedene Sechser-Trays für Joghurt und Sauerrahm, Zwölfer-Trays mit Fruchtsaft-Brik-Packs, Zehn-Liter-Frischmilch-Boxen, sechsmal Vierer- oder dreimal Achter-Packs Joghurt in Hochbordtrays. Es werden also sowohl Konsumentenpacks als auch Distributionspacks verarbeitet. Jede Packung wird vor der Robobox mit Barcode und Produktnummer, Datum, Uhrzeit und Chargennummer ausgestattet – Daten, die aus dem ERP an die Packungsetikettierung geliefert werden. Einige Herausforderungen Jeweils eine Palettieranlage betreut zwei Abfülllinien. Um die Linien von ihren unterschiedlichen Standorten im Werk an das Palettierzentrum anzubinden, verbaute Krones über 500 Meter MultiCo Gebindetransporteure unter zum Teil extrem schwierigen Bedingungen. Die längste Strecke läuft 120 Meter lang über verschiedene Stockwerke, auch durch Bereiche, die äußerst selten von Mitarbeitern kontrolliert werden. Mitunter passieren die Gebindetransporteure Hygienebereiche der Milchherstellung und -abfüllung, teilweise mussten bestehende Rohrleitungen gekreuzt werden, die nicht geteilt werden durften. Ein großes dreidimensionales Puzzle. Die Zugänglichkeit der Transporteure war dabei gesetzt, auch wenn es noch so eng wurde. Dummy löst Problem bei Umstellung auf neues Produkt Ein weiteres Problem, das die große Entfernung zwischen Abfüllanlage und Palettierung aufwarf, war die Koordination der Umstellung auf ein Folgeprodukt. Krones löste dies mit einem eigens entworfenen Dummy. Dieser Kunststoffblock mit Metallstreifen, etwa in doppelter Größe einer Fertigpackung, wird im Füll- beziehungsweise Verpackungsbereich vom Bediener bei einem Produktwechsel nach dem letzten Altprodukt auf das Transportband gesetzt. Er durchläuft einen Initiator, erst dann kann der Füller auf das neue Produkt umgestellt werden. Kommt der Dummy im weit entfernten Palettierzentrum an, stoppt die Robobox, der Anlagenbediener wird per Alarmsignal informiert. Die Robobox und der Modulpal stellen nun eine Restpalette mit dem alten Produkt her. Erst danach kann es mit dem neuen Produkt regulär weitergehen. Die Dummy-Fahrweise ermöglicht es, dass direkt Produkt auf Produkt gefahren werden kann ohne die komplette Linie leer zufahren. Ebenso räumt der Dummy bei Produktionsende sämtliche Transporteure und es ist sichergestellt, dass sich keine weiteren Gebinde in der Linie befinden. Ebenfalls eine Herausforderung war das geringe Platzangebot im neuen Palettierzentrum. Auf nur 25 mal 28 Metern Grundfläche und maximal 5,10 Metern Höhe wurden drei komplette Linien jeweils mit Zuführung aus dem oberen Stockwerk, mit einer Robobox Gruppierstation und einem Modulpal Palettierroboter installiert. Für die Schaltschränke wurde eine zweite Ebene direkt unter der Decke eingezogen. Die drei parallel aufgestellten Palettierstationen erbringen zusammen eine Leistung von 65 Paletten pro Stunde. Für zwei weitere Anlagen ist noch Platz vorhanden. Eine erste wird dann gebraucht, wenn die siebte Abfüllanlage für eine neue Art von Joghurtbechern in Betrieb gegangen ist. Jedem der drei Modulpal Palettierer steht links und rechts je ein Palettenstellplatz zur Verfügung, sodass er abwechselnd zwei verschiedene Produkte aus zwei Abfülllinien palettieren kann. Das Lagenbild kann dabei völlig unterschiedlich sein. Denn die Gestaltung des Lagenbilds übernimmt die Robobox, die nach dem Prinzip des formschlüssigen Drehens und Verteilens der Gebinde arbeitet und dadurch auf spezifische Bauteile, wie zum Beispiel Lückenteiler, verzichten kann. Die gruppierten Gebinde legt der gut zugängliche Modulpal mit einem Jalousiegreiferkopf auf die Palette. Die Ver- und Entsorgung der Paletten erfolgt über einen doppelstöckigen PalCo. Die zwei Ebenen ermöglichen es, das komplette Palettenhandling auf eine Seite zu legen, damit bleibt die Bedienseite frei zugänglich. Alle Förderer sind mit einer Palettennachverfolgung ausgestattet. Dies stellt sicher, dass jede Palette individuell gewickelt, etikettiert und an das Kühllager übergeben wird. Jede Vollgutpalette wird von einem Doppelkopfwickler mit einem Netz gesichert. Da der Joghurt warm produziert wird, muss er zur Haltbarmachung in der Kühlkette heruntergekühlt werden. Jeder einzelne wird direkt im Anschluss an das Palettierzentrum in einer Kühlzelle bis zu zwei Stunden lang aktiv auf plus vier Grad Celsius abgekühlt. Außerhalb des Palettierzentrums hat Krones auch eine Palettenkontrolle installiert, die mangelhafte Leerpaletten noch vor der Einbringung in den Palettierbereich aussortiert. Wirkungsgrad von 99 Prozent erreicht Sicher und schnell musste die Umstellung von der alten Palettierung auf das neue Palettierzentrum funktionieren. „Ohne Unterbrechung der Lieferkette“, lautete die Forderung. Die eigentliche Installation verlief reibungslos. Direkt vor dem Start-up wurden Mitarbeiter an der Krones Akademie ausgebildet und erhielten ein spezielles Training. Da die Umstellung nur am produktionsfreien Wochenende stattfinden konnte, stellte die alte Anlage ihren Betrieb an einem Freitag ein und die Krones Mitarbeiter machten sich ans Werk. Als der technische Direktor Espen Tyrihjel am Montagfrüh in die Anlage schaute, war er entgeistert, rief sofort Projektleiter Åsmund Amlie auf dem Handy an: „Was ist los, die Krones Mitarbeiter sind alle weg und die Anlage läuft!“ „Ja!“ war die lakonische Antwort, „genau das wollten wir doch, oder?“ Die Anlagenbedienerin hatte zu Beginn der Frühschicht einfach wie gewohnt den grünen Knopf gedrückt – und alles funktionierte. „Das ist doch eine gute Geschichte“, sagt Espen Tyrihjell, „und sie steht sinnbildlich für die perfekte Zusammenarbeit. Alle unsere Erwartungen wurden zu einhundert Prozent erfüllt. Weder unsere Kunden noch die Konsumenten haben von der Umstellung irgendetwas mitbekommen. Das war die Hauptsache.“ Nach Installationsbeginn Anfang Februar 2013 konnten bereits im Juli die letzten Abnahmetests gefahren werden, für alle drei Kombinationen aus Robobox und Modulpal mit jeweils mehr als 99 Prozent Wirkungsgrad.