Person hält einen Flaschen-Dummy, in den ein Sensor eingesetzt wird.

Der in einen Dummy eingesetzte Sensor registriert mögliche Gefahrenpunkte für den Glasbehälter in der Linie. (Bild: Vetropack)

Auch wenn es nur selten der Fall ist: „Kommt es zu Reklamationen durch Glasbruch oder Splitter, ist das für unsere Kunden ein ernstes und dringliches Problem“, erklärt Michael Waltl, Leiter des technischen Kundendienstes bei Vetropack Austria. „Die Ursache muss also möglichst schnell gefunden werden.“

Mit bloßem Auge lassen sich solche Problemstellen in einer Abfülllinie allerdings meist nicht erkennen. Zudem nimmt jeder Glasbehälter Kräfte und Belastungen anders auf, abhängig von Faktoren wie der Wandstärke und der Form. Wie die Anlagen in der Abfülllinie eingestellt sein müssen, lässt sich entsprechend nicht pauschal sagen, sondern hängt von den jeweiligen Flaschen und Gläsern ab. „Aus diesem Grund bieten wir unseren Kunden ein System, das präzise misst, wo ihre individuellen Glasbehälter möglicherweise problematischen Belastungen ausgesetzt sind“, kommentiert Waltl.

3 Glasflaschen nebeneinander.
Die Dummys werden individuell angefertigt, sodass sie den Glasverpackungen der Kunden exakt gleichen. (Bild: Vetropack)

Maßgeschneidert und feinkalibriert

Das System besteht aus zwei Komponenten: „Als Basis stellen wir inhouse eine exakte Kunststoffreplik des Glasbehälters her, den unser Kunde nutzt“, so Waltl. Die detailgenaue Nachbildung ist notwendig, um die tatsächlichen Belastungen, die auf die Glasbehälter wirken, zu ermitteln. Der Kunststoffdummy wird anschließend mit dem Inline-Sensor Shock QC der kanadischen Firma Masitek bestückt, der auf die hochpräzise Messung von Impact-Belastungen ausgelegt ist. Vetropacks Kundendienst arbeitet dabei mit drei Größen des Sensors, um Gläser und Flaschen in verschiedenen Formen und Volumina zu prüfen. Nach einer abschließenden Kali­brierung sind Replik und Sensor einsatzbereit – und Waltl und das Team des technischen Kundendienstes auf dem Weg zu den Kundenstandorten.

Dort durchläuft der Kunststoffdummy zusammen mit einer Charge Gläser oder Flaschen die komplette Linie – vom ersten Entpacken bis zum Einsortieren in Fertigkartonagen oder Getränkekästen. Während seiner Reise misst der Sensor, wo genau Kräfte, beispielsweise im exponierteren Schulter- oder Sockelbereich, auf den Glasbehälter wirken. Er misst die Kräfte in IPS (Inches per Second) und übermittelt die gemessenen Daten 100.000-mal pro Sekunde an einen Computer, der sie in einem Dashboard visualisiert. Die Analyse dieser Datensätze zeigt Abfüllern, ob, und in welchem Maß die sogenannte Impact-Mindestfestigkeit, also die von Vetropack garantierte Mindestbelastbarkeit des Behälters, überschritten wird. Durch die engmaschige Datenübermittlung ist leicht nachvollziehbar, an welcher Stelle der Linie die problematische Belastung auftritt. So können Hersteller ihre Anlagen zielgerichtet optimieren

Vorausschauende Audits für reibungslose Abläufe

Vetropack setzt den Shock QC bereits seit 2020 erfolgreich ein und hat schon vielen Kunden bei der Linienoptimierung geholfen. Waltl erinnert sich: „Von Behältern für Bier, bis Gewürzgurken und Brotaufstrich war alles schon dabei.“ Der Service ist gefragt, denn immer mehr Produkte werden im Highspeed-Bereich, also mit einer Geschwindigkeit von mehr als 50.000 Behältern pro Stunde, abgefüllt. Auch wenn moderne Anlagen für höhere Liniengeschwindigkeiten konzipiert sind und Glasbehälter entsprechend führen, steigen die auf sie wirkenden Kräfte stark an. Wenn sie die Belastungsgrenze überschreiten, muss die Linie entsprechend optimiert werden.

Für Kunden, die ihr Produkt erstmals in eine neue Flasche oder ein neues Glas abfüllen, bietet Vetropack den Einsatz des Sensors auch als proaktiven Linienaudit an. Das heißt, Sensor und Dummy messen die Belastungen, die in der Abfülllinie auf den Glasbehälter wirken, bevor die Abfüllung im industriellen Maßstab beginnt. „Das lohnt sich insbesondere, wenn Abfüller das erste Mal auf Mehrweggebinde aus unserem thermisch gehärteten Leichtglas umstellen. So zum Beispiel bei Gösser, die seit 2024 ihr neues Bio-Bier in unsere leichten Flaschen füllen“, erklärt Waltl. „Sie unterscheiden sich vor allem im Gewicht deutlich von anderen Mehrwegflaschen – also muss auch die Abfülllinie anders eingestellt sein.“ Der Vorteil eines vorausschauenden Linienaudits liegt auf der Hand: Er beugt zeitaufwendigen und kostspieligen Stopps der laufenden Produktion ebenso vor wie späteren Reklamationen.

Die Zukunft der Messtechnik

Das Konzept überzeugt, immer mehr Großkunden seien laut Waltl an dem Service interessiert. Indes untersucht Vetropack, welches weitere Potenzial die Technologie für Kunden bietet. Ein zusätzlicher, kleiner Sensor zur Untersuchung von Kleinstgebinden bei höheren Geschwindigkeiten ist bereits in Entwicklung. Aber auch Staudruck- und Topload-Messungen könnten zukünftige Schwerpunkte sein. Dabei geht es zum einen um den Druck, dem Behälter auf Stautischen ausgesetzt sind und zum anderen um die Analyse von Axialkräften, die auf Verschlusssysteme wirken. Dennoch bleibt die Impact-Messung das wichtigste Instrument für Waltl und sein Team: „Hier haben wir den größten Hebel, um einen reibungslosen Abfüllprozess zu ermöglichen.“

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