Caroline Babendererde, Sustainability Manager Mid Europe Tetra Pak.

Caroline Babendererde, Sustainability Manager Mid Europe Tetra Pak. (Bild: Tetra Pak)

neue verpackung: Tetra Pak hat sich auf den Weg gemacht, zur nachhaltigsten Lebensmittelverpackung der Welt zu werden. Was bedeutet das konkret und wann haben Sie Ihr Ziel erreicht? Wie sieht der Zeitplan bis dahin aus?

Caroline Babendererde: Richtig, unser Ziel ist es, eine Verpackung zu entwickeln, die ausschließlich aus verantwortungsbewusst beschafften, nachwachsenden oder recycelten Materialien besteht, vollständig recycelbar und CO2-neutral ist. Doch das ist kein Projekt, das ist ein Weg, den wir auch schon seit vielen Jahren gehen. Seit 2007 setzen wir beispielsweise FSC-zertifizierte Papierfasern ein, 2011 haben wir die ersten Verschlüsse auf Zuckerrohrbasis in den Markt gebracht und 2015 die erste vollständig pflanzenbasierte Frischmilch-Verpackung. Nur um einige Beispiele zu nennen. Derzeit befinden wir uns in der größten Portfolio-Veränderung der Unternehmensgeschichte – im Zeichen der Nachhaltigkeit. Zudem haben wir das Ziel, bis 2030 bei den unternehmenseigenen CO2-Emissionen Netto-Null zu erreichen und haben dieselbe Ambition für die gesamte Wertschöpfungskette bis 2050. Bis 2025 planen wir in Europa, zehn Prozent recycelten Kunststoff in unseren Verpackungen einzusetzen, sofern die Zulassung für den Lebensmittelkontakt erfolgt und die Lebensmittelsicherheit gewährleistet ist. Dazu haben wir uns gegenüber der Ellen MacArthur Foundation selbst verpflichtet. Einen ersten wichtigen Erfolg konnten wir mit der Zertifizierung nach RSB (Roundtable for Sustainable Biomaterials) verbuchen, die uns in naher Zukunft den ersten Markttest von Verpackungen mit zugeordnetem, recyceltem Inhalt ermöglicht.

Und wenn wir das erreicht haben, werden wir den nächsten Schritt gehen. Am Ende sind wir nie. Das ist das Spannende!

neue verpackung: Zusammen mit Billerud Korsnäs will Tetra Pak den Anteil an erneuerbarem Material aus Holzfasern in Kartonverpackungen in Richtung 100 % bringen. Heute liegt der Anteil bei etwa 70 %. Wie soll eine Barriere ohne Aluminium und Kunststoff sichergestellt werden?

Caroline Babendererde: Wir sind Mitbegründer der Aluminium Stewardship Initiative (ASI), einer Vereinigung, die sich mit ökologischen und sozialen Fragen im Zusammenhang mit der Aluminiumbeschaffung befasst. Außerdem setzen wir unseren Zulieferern ambitionierte Ziele zur Reduktion der Klimaauswirkungen. Parallel arbeiten wir kontinuierlich an Innovationen, um den Anteil von Aluminium in unseren Verpackungen zu reduzieren (derzeit durchschnittlich vier Prozent des Verpackungsmaterials), etwa indem wir gleichzeitig alternative Barriere-Materialien untersuchen. Unser Ziel ist jedoch, alle Verpackungen komplett aus nachwachsenden oder recycelten Rohstoffen zu liefern. In 2020 kamen die ersten Verpackungen mit einer alternativen Barriere auf den japanischen Markt. Für Europa ist eine Einführung in den kommenden Jahren geplant. Die zentralen Herausforderungen dabei sind die Lebensmittelsicherheit- und Haltbarkeit sowie die Kreislauffähigkeit der Verpackung mit alternativer Barriere. Hinzu kommt unser Anspruch, dass diese ebenfalls aus pflanzenbasierten Materialien hergestellt sein kann.

neue verpackung: Coca-Cola und andere Getränkehersteller testen gerade eine Papierflasche, allerdings ebenfalls mit einer Barriere und einem Verschluss aus Kunststoff. Sind Sie da nicht schon viel weiter – ist der Getränkekarton nicht auch eine Art Papierflasche?

Caroline Babendererde: Wir kennen die genauen Spezifikationen dieses Prototyps nicht, aber unsere Getränkekartons bestehen zum überwiegenden Teil aus langen, stabilen Holzfasern, die aus verantwortungsvoll bewirtschafteten, FSC-zertifizierten Wäldern und anderen kontrollierten Quellen stammen. Um die Produkte zu schützen, enthalten Getränkekartons für ungekühlte Lebensmittel eine hauchdünne Beschichtung aus Aluminium und Kunststoff (PE). Das Entscheidende ist dabei jedoch vor allem das Recycling, und da haben wir über die vergangenen 30 Jahre in der Tat schon sehr viel erreicht: Laut Umweltbundesamt lag die Verwertungsquote für Getränkekartons in den vergangenen Jahren bei rund 75 Prozent. 

neue verpackung: Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie soll der Bau einer Recyclinglinie für gebrauchte Getränkekartons in Stora Ensos Werk Ostrołęka in Polen geprüft werden. Die Machbarkeitsstudie müsste jetzt abgeschlossen sein. Gibt es Ergebnisse?

Caroline Babendererde: Dazu können wir derzeit leider noch nichts sagen.

neue verpackung: Mit dem Unternehmen Palurec ist eine Verwertungsanlage mit einem Recyclingkonzept zur Rückgewinnung von Kunststoffen und Aluminium aus Getränkekartons an den Start gegangen. Können Sie Näheres dazu sagen?

Caroline Babendererde: Ende April wurde das Palurec-Recyclingwerk in Hürth bei Köln in Betrieb genommen und wir freuen uns, dass wir diese wichtige Entwicklung als Hauptinvestor begleiten konnten. Gemeinsam mit Elopak und SIG Combibloc haben wir acht Millionen Euro Entwicklungskosten und vier Jahre Projektarbeit in die Palurec GmbH investiert. Sie ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen unseres Fachverbands Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel (FKN). Durch das jetzt erstmalig in Deutschland mögliche Recycling der Kunststoff- und Aluminiumanteile aus Getränkekartons steigt deren Recyclingfähigkeit von aktuell rund 75 auf deutlich über 90 Prozent an. Dies ist ein entscheidender Schritt in Richtung kohlenstoffarmer Kreislaufwirtschaft und Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie auf dem Weg zur nachhaltigsten Lebensmittelverpackung der Welt.

neue verpackung: Tetra Pak wird auf Tethered Caps umstellen. Sie sollen auch als pflanzenbasierte Option erhältlich sein. Welchen Werkstoff setzen Sie ein? Sind im Zusammenhang mit der Umstellung auf Tethered Caps größere Maschinenanpassungen notwendig? Immerhin sind ja über 1.000 Linien alleine in Europa betroffen. Und erhöht sich das Gewicht des Verschlusses durch mehr Kunststoffeinsatz?

Caroline Babendererde: In der Tat müssen allein in Europa in drei Jahren mehr als 1.000 Tetra-Pak-Verpackungslinien potenziell umgestellt werden. Das entspricht über 20 Milliarden Verpackungen. Damit liegt die große Herausforderung beim Einsatz von Tethered Caps in den Veränderungen, die diese Umstellung entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit sich bringt. Denn wir wollen natürlich gleichzeitig die Auswirkungen auf die Betriebsabläufe unserer Kunden minimieren. Bei der Entwicklung der Tethered Caps war uns wichtig, das Nachhaltigkeitsprofil zu verbessern und nicht einfach nur die Befestigung sicherzustellen. Wann immer möglich soll also das Gewicht reduziert und die Struktur des Verschlusses vereinfacht werden – was bei einigen Verschlüssen möglich war. Zudem können alle Tethered Caps auch mit pflanzenbasiertem Kunststoff angeboten werden.

 

Die Fragen stellte Eva Middendorf, Redakteurin neue verpackung

 

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