Data-Matrix-Codes auf Faltschachteln, die die Herkunft und Echtheit eines Medikaments rückverfolgen lassen, sind in der pharmazeutischen Industrie in vielen Fällen bereits Praxis.

Data-Matrix-Codes auf Faltschachteln, die die Herkunft und Echtheit eines Medikaments rückverfolgen lassen, sind in der pharmazeutischen Industrie in vielen Fällen bereits Praxis. (Bild: Syntegon)

Mit Melamin, einer Chemikalie für die Kunststoffherstellung, verseuchtes Milchpulver kostete 2008 mindestens sechs Kindern in China das Leben, hunderttausende Babys erkrankten. Ein Fall, der im Gedächtnis von Verbrauchern hängen blieb. Ebenso wie der Pferdefleisch-Skandal von 2013, als Hersteller günstiges Pferdefleisch als Rindfleisch kennzeichneten und exportierten. Lebensmittelskandale wie diese gefährden nicht nur akut die Sicherheit von Verbrauchern, sondern auch deren Vertrauen in die Marke. Fälschungssichere Produkte haben daher höchste Priorität. Doch was ist bei einer Umsetzung alles zu beachten? Diese Frage stellen sich viele Lebensmittelproduzenten. Dabei hat die Pharmabranche bereits Lösungen zur Hand, von denen man lernen kann.

Serialisierung schafft Fälschungssicherheit und Vertrauen

In der streng regulierten pharmazeutischen Industrie haben länderspezifische Vorgaben wie die EU-Richtlinie 2011/62/EU zur Kennzeichnungspflicht in den letzten Jahren enorm an Fahrt aufgenommen. Data-Matrix-Codes auf Faltschachteln, die die Herkunft und Echtheit eines Medikaments rückverfolgen lassen, sind in vielen Fällen bereits Praxis. Dies schützt Verbraucher vor gefährlichen Medikamentenfälschungen und stärkt so das Vertrauen in die Produkte. In der Lebensmittelbranche sind Kennzeichnungen auf Verpackungen bislang nur in Form eines Zutatenverzeichnisses und einer Nährwerttabelle mit Angaben zu Mindesthaltbarkeitsdatum und Hersteller üblich. Genaue Codes mit weiterführenden Informationen sind noch eine Seltenheit. Dabei bergen gerade Data-Matrix-Codes bei einigen Produkten großes Potenzial.

Speziell im Bereich Babynahrung, für den höchste Hygienesicherheit gilt, sollte eine Nachvollziehbarkeit von Originalprodukten ebenfalls Pflicht sein. So hätten nicht nur der Handel, sondern auch Endverbraucher die vollständige Transparenz über Herkunft, Echtheit und damit Unversehrtheit eines Produktes. Sinnvoll sind Serialisierungen auch für hochpreisige Spirituosen, beispielsweise Whisky. Hier ließe sich verhindern, dass Produkte gefälscht oder durch billige Stoffe gestreckt werden, die eine Gefahr für die Gesundheit darstellen könnten. Ein weiterer potenzieller Anwendungsfall sind Fleischprodukte, deren Herkunft sich einwandfrei nachverfolgen lässt. So könnten sich Verbraucher am Ende sicher sein, wo und wie das Tier gehalten wurde, wo die Schlachtung stattfand, und ob es sich um die angegebene Bio-Qualität handelt. Eine flächendeckendere Serialisierung in der Lebensmittelbranche könnte dazu beitragen, dass das Vertrauen von Verbrauchern in die angebotenen Produkte steigt.

Codes für jedes Produkt?

Auch Händler und Supermärkte profitieren von einer Serialisierung der Produkte. Über die aufgedruckten Data-Matrix-Codes lässt sich nicht nur die Liefer- und Kühlkette eines Produkts transparent und zuverlässig nachverfolgen, sondern auch andere relevante Daten jederzeit auslesen. Viele Händler stehen vor der Herausforderung, ihre Produkte rechtzeitig vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums zu verkaufen. Verfügen Produkte wie etwa Joghurts über einen Serialisierungscode, können Händler leichter herausfinden, wie viele Produkte kurz vor dem Ablaufdatum stehen und beispielweise automatisch Änderungen an elektronischen Preisschildern vornehmen. So beschleunigt sich der Abverkauf der Ware und vermeidet, dass Lebensmittel unverkauft verderben und somit als Abfallware aussortiert werden müssen.

Die Serialisierung von Lebensmitteln kann sowohl Herstellern als auch dem Handel und Verbrauchern ein lückenloses Tracking von Produkten ermöglichen: vom Ursprung, über Logistik bis hin zum Verkauf. In einigen Ländern wie Südkorea ist der Trend zu Codes auf Lebensmittelverpackungen bereits erkennbar. Prognosen gehen davon aus, dass Serialisierung zur Qualitätsüberwachung und Rückverfolgung in den nächsten Jahren zunehmen wird, um Lebensmittelskandale aktiv zu verhindern und die Sicherheit und Transparenz für den Endverbraucher zu steigern. Eine individuelle Markierung jedes einzelnen Produktes bedeutet jedoch zusätzlichen Aufwand für Hersteller. Die Einführung einer passenden Serialisierungslösung bringt neben Investitionskosten vor allem auch Prozessanpassungen mit sich. Die Bereitschaft für Veränderungen ist damit Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Einführung. Bei der konkreten Implementierung helfen Erfahrungswerte. Diese gibt es vor allem aus der Pharmabranche, wo viele Hersteller diesen Prozess bereits vollzogen haben.

Schritt für Schritt zur vollständigen Serialisierung

In einem ersten Schritt geht es in der Regel darum, alle betroffenen Abteilungen im Unternehmen zusammenzubringen. Oft wird Mitarbeitern aus Instandhaltung und Wartung die Verantwortung übertragen. Die Einführung von Serialisierungstechnik ist jedoch eine übergreifende. Neben der Produktion sind unter anderem Abteilungen wie Marketing betroffen, da beispielsweise auch das Verpackungsdesign von den Änderungen betroffen ist. Darüber hinaus gilt es, Lieferanten sowie Kooperations- und Handelspartner zu informieren und zu involvieren. Bei der konkreten Implementierung zählt das Thema Datenmanagement zu den zentralen Herausforderungen. Während in der Pharmabranche in vielen Ländern Seriennummern von Behörden generiert und Herstellern zur Verfügung gestellt werden, gibt es in der Lebensmittelbranche bislang wenig Vorgaben. Hersteller müssen ihre Daten selbst verwalten und sich dem Thema Datensicherheit und -management widmen.

Am leichtesten tun sich Hersteller, wenn sich Maschinen und IT zu einer Gesamtlösung kombinieren lassen. Zu diesem Zweck hat Bosch Packaging Technology, seit Januar 2020 Syntegon Technology, die CPI-Software entwickelt, die eine leichte Integration in bestehende IT-Infrastrukturen ermöglicht. Dabei schöpft das Unternehmen aus seiner langjährigen Erfahrung im pharmazeutischen Bereich. Neben den CPS-Serialisierungsmodulen, die die kleinsten Verpackungseinheiten wie Schachteln, Aludeckel oder Flaschen mit Data-Matrix-Codes bedrucken, übernehmen die CPA-Module die Produktaggregation unterschiedlicher Verpackungsebenen wie Bündel, Kisten oder Paletten. Für die Vernetzung zwischen den physischen Maschinen und der Unternehmens-IT kommt die CPI-Lösung zum Einsatz. So lässt sich schrittweise ein ganzheitlicher Serialisierungs- und Aggregationsprozess realisieren.

Pilotprojekt „Joghurt in the Cloud“

Mit dem Pilotprojekt „Joghurt in the Cloud“ haben die Experten von Syntegon Technology eine erste Anwendung im Nahrungsmittelbereich umgesetzt. Dabei geht es um die Serialisierung von Joghurtverpackungen. Ziel war eine größere Transparenz über die gesamte Lieferkette hinweg. Dabei ist die Verpackungsmaschine des Herstellers mit der CPI-Software von Syntegon Technology verbunden. Über den auf dem Deckel des Joghurtbechers aufgedruckten Data-Matrix-Code können sich Endkonsumenten ganz einfach und anwenderfreundlich mithilfe eines Scanners vergewissern, ob sie ein Originalprodukt gekauft haben und ob die Kühlkette durchgängig aufrechterhalten wurde. Ein solcher Scanner ist mittlerweile Bestandteil fast aller Smartphones. Bei Produktfehlern können Konsumenten den Hersteller umgehend informieren – und ihn dabei unterstützen, die Qualität der Produkte sicherzustellen. Umgekehrt haben Hersteller die Möglichkeit, Konsumenten ergänzende Informationen zum Produkt wie Allergene, Zutaten oder Rezepte zur Verfügung zu stellen.

Auch wenn die Implementierung von Serialisierungslösungen zunächst mit einer zeitlichen und finanziellen Investition verbunden ist, so bietet sie der Lebensmittelbranche einen zusätzlichen Schutz für ihre Produkte – und damit den Konsumenten. Egal, ob bei Milchprodukten, Babynahrung oder teuren Spirituosen – serialisierte Produkte helfen dabei, die Echtheit von Lebensmitteln zu ermitteln und schützen Hersteller davor, dass ihre Waren und somit ihr Image Opfer von Fälschungen werden

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