Unbenannt.JPG

(Bild: Billion Photos.com – Adobe Stock)

Buy and build ist einer dieser Anglizismen, die einem häufig begegnen, wenn es um Käufe und Verkäufe von Unternehmen geht. Dabei ist „Buy and build“ eine typische Herangehensweise von Finanz­investoren, wenn diese sich einer Branche widmen. Und dass sie sich der Verpackungsbranche widmen, hat nicht zuletzt die Übersicht offenbart, die wir in der letzten Ausgabe der neuen verpackung veröffentlicht haben. In mehr als 50 Prozent der dargestellten Transaktionen im M&A-Jahr 2019 standen Finanzinvestoren auf der Käuferseite. Doch „Buy and build“ sollte nicht nur eine Strategie für Private Equity sein. Gerade im sich verändernden Branchenumfeld ist die Frage „Buy or build“ eine, der sich jedes strategisch orientierte Unternehmen stellen sollte.

Buy and build

Für Finanzinvestoren ist „Buy and build“ ein typischer Schlüssel zum Erfolg. Als Quereinsteiger in eine Branche investierend, sind es selten operative Themen, in denen sie Potenziale heben können, die das Management bis dahin nicht gesehen hat. Manchmal sind es strukturelle oder organisatorische Aufgaben, die sie unterstützen, manchmal ist es die Kostenseite, bei deren Optimierung sie helfen. Üblicherweise ist das Interesse eines Finanz­investors aber, das Wachstum eines Unternehmens voranzutreiben und dazu das Kapital einzusetzen, das sie mitbringen.

Einerseits lässt sich damit ein organisches Wachstum finanzieren, andererseits aber auch Zukäufe im Rahmen einer Buy-and-build-Strategie. Im M&A-Segment spricht man bei einem Erstinvestment in einer Branche von einem sogenannten „Nukleus“, einem Kern. Schon bei der Prüfung dieser ersten Unternehmensbeteiligung sind die Potenziale, die der Investor sieht, ein maßgebliches Entscheidungskriterium. Bereits in dieser Phase macht er sich auch über Buy-and-build-Möglichkeiten Gedanken, über benachbarte Produktsegmente, die reizvoll sein könnten, über weitere interessante Kundengruppen und über andere Branchenunternehmen, die sich gegebenenfalls in einem Veränderungsprozess befinden. Blicken wir nochmals auf die Tabelle aus der letzten Ausgabe, sind solche Beispiele gut zu erkennen. HQ Equita hat im letzten Jahr seine „The Packaging Group“ rund um die Steindl-Firmen Fawema und HDG um Wolf Verpackungsmaschinen erweitert, Possehl die in 2011 gestartete Buy-and-build-Strategie rund um Logopak mit der Akquisition der italienischen Etipack um ein sechstes Unternehmen verstärkt.

Nonwarit _AdobeStock_93328664.jpeg.jpg
Wollen Unternehmen neue Märkte erschließen, stehen sie vor der Wahl: Eigene Kompetenzen aufbauen oder zukaufen. (Bild: Nonwarit –Adobe Stock)

Make or buy

Doch was für Finanzinvestoren richtig ist, muss für Branchenunternehmen bei Weitem nicht falsch sein. Natürlich gab es schon immer Branchenführer, die Wettbewerber zugekauft oder durch die Akquisition eines Lieferanten ihre Wertschöpfung vertieft haben. Angesichts der Umwälzungen, die der Verpackungsbranche bevorstehen, kann Buy and build aber auch eine zentrale Lösung für viele mittelständische Marktteilnehmer sein.

Für Branchenunternehmen muss es dabei nicht zwingend darum gehen, schneller oder stärker zu wachsen, Buy and build kann auch der richtige Weg sein, um potenziell rückläufige Umsätze und Erträge rechtzeitig zu kompensieren oder das eigene Produktportfolio zu diversifizieren. Gerade wenn eigene Produktbereiche oder Kundengruppen von der ökologisch bedingten Vermeidung beziehungsweise Veränderung gewisser Verpackungslösungen betroffen sind, steht jeder Unternehmer vor der Herausforderung, andere Produkte zu finden, andere Kundengruppen zu definieren, mit denen sein Unternehmen auch langfristig erfolgreich fortbestehen kann. Sind diese gefunden, so steht er vor einer Make-or-buy-Entscheidung. Wie aufwendig ist es, dafür erforderliches Know-how aufzubauen? Wie schwierig ist es, entsprechende Mitarbeiter an Bord zu holen? Wie kostspielig ist es, passende Produkte zu entwickeln? Wie zeitraubend ist es, zusätzliche Kundenkreise zu öffnen? Ohne Zweifel wird eine „Make-Entscheidung“ einen langwierigeren Weg mit sich bringen. Eine „Buy-Entscheidung“ und natürlich eine entsprechende erfolgreiche Akquisition ermöglicht dem Unternehmen dagegen einen umgehenden Zugriff auf im neuen Produktsegment erfahrenes Personal, auf daran interessierte Kunden und auf bereits daraus resultierende Umsätze und Erträge. Zwar wird der Käufer dafür einen angemessenen Preis zahlen müssen, doch dieser sollte sich aus der Akquisition selbst heraus binnen weniger Jahre amortisieren. Mehr als das, wenn die Akquisition in einem benachbarten Produkt- oder Kundenumfeld stattfindet und das Unternehmen sich durch den Kauf ergänzende Geschäftsmöglichkeiten erschließt, dass es die eigenen Produkte den mit dem Zukauf gewonnen zusätzlichen Kunden anbietet und die neu erworbenen Produkte an die eigenen Key Accounts vertreibt. Weitere Synergien können sich auf der Kostenseite ergeben, wenn das Unternehmen Einkaufskonditionen optimieren kann, Rohstoffe, Vorprodukte und Verbrauchsmaterialien gemeinsam einkauft oder auch gegenüber Maschinenherstellern eine andere Verhandlungsposition erlangt.

Buy or build

Ob Make or buy, im Verpackungsmarkt werden wir uns den Veränderungen nicht verschließen können. Mehrlagige Folien werden teilweise durch Monomaterialen ersetzt werden, Kunststoffe durch Papiere, manch Sekundärverpackung mit der Tertiärverpackung zusammenwachsen, der Direktdruck manches Etikett entbehrlich machen. Einige Branchenteilnehmer werden von diesen Entwicklungen profitieren, andere sich schwindenden Umsätzen entgegenstellen müssen.

Die Lösung kann in diesen Fällen ein Make or buy von alternativen Produkten sein. Und diese „Buy-or-build“-Entscheidung sollten betroffene Unternehmer jetzt treffen. Jetzt, wo der ökologisch bedingte Umbruch des Verpackungsmarktes erst am Anfang steht und die eigenen Ertragszahlen davon noch nicht zu sehr betroffen sind, um einen Zukauf zu erschweren. Jetzt, wo spannende Partnerunternehmen noch nicht zu deutlich erstarkt sind, um unbezahlbar zu werden. Und nicht zuletzt jetzt, da das Zinsniveau günstig und die Finanzierungsbereitschaft von Banken noch gut ist, um entsprechende Transaktionen zu begleiten.

Buy and build werden wir zweifellos auch im M&A-Jahr 2020 häufig sehen. Die Frage ist, ob die Branche den Finanzinvestoren dabei zusieht oder die Umwälzungen in der Verpackungsbranche selbst aktiv mitgestaltet.

Zum Unternehmen

Knox ist eine Unternehmens- und Personalberatungsgesellschaft, deren Engagement der Verpackungs- und Druckindustrie gilt, sei es in der Produktion, im Handel oder im Dienstleistungsbereich. Das Team von Knox berät seit mehr als zehn Jahren in Deutschland, Europa und darüber hinaus Unternehmen in diesem Branchenumfeld bei strategischen Herausforderungen, insbesondere auch durch die umfängliche Betreuung und den erfolgreichen Abschluss von Unternehmenstransaktionen.

Sie möchten gerne weiterlesen?