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(Bild: Green Lightweight Solutions)

Die aktuelle Entwicklung stellt eine regelrechte Revolution in der Wellpappentechnologie dar. Dabei handelt es sich um eine Faltpappe, mit der dank ihrer Rautenfaltstruktur (RFS) 25 Prozent der bisher benötigten Ressourcen eingespart werden können. Darüber hinaus wird der herkömmliche Herstellungsprozess wesentlich vereinfacht, sodass sich einerseits die Produktionsanlagen um circa 40 Meter verkürzen und andererseits die Produktionsgeschwindigkeit um circa 150 Prozent steigern lassen. Durch diese drei Vorteile werden die Herstellungskosten erheblich reduziert. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die neue Faltpappe enorm druckbelastbar und stabil ist, da sie anders als die Wellpappe, die nur unidirektional versteift ist, über eine multidirektionale Versteifung verfügt. Hierdurch ist sie nicht nur preiswerter, sondern auch qualitativ hochwertiger, technisch leistungsstärker und mit einem Leichtbau-Sandwichmaterial zu vergleichen.

Mit RFS-Faltpappen möglich, zahlreiche weitere Branchen außerhalb der Verpackungsindustrie zu revolutionieren. Bereits angedacht sind Anwendungen im Bauwesen für Isolationssysteme/WDVS, im Möbel- und Innenausbau sowie im Fahrzeug-, Schiffs- und Flugzeugkabinenbau. Die technische Leistungsfähigkeit übertrifft aufgrund der auxetischen Eigenschaften der Faltstruktur die Qualität der bisher im Leichtbau verwendeten hexagonalen Waben. Obwohl die Rauten-Falt-Struktur als Produkt hoch komplex ist, lässt sie sich durch Selbstorganisation, ähnlich der Wölbstrukturierung, einfach und energieeffizient herstellen und ist somit auch hier den herkömmlichen Leichtbaumaterialien, die zwar eine einfache Struktur besitzen, aber in der Herstellung sehr komplex sind, weit überlegen.

Die Theorie hinter der neuen Welle

Ausgehend von der auxetischen Mechanik, welche maßgeblich die mechanischen Strukturparameter wie Steifigkeit, thermisches und Schwingungsverhalten, Energieabsorptionsfähigkeit oder Zähigkeit prägt und überdurchschnittlich positiv beeinflusst, erreicht die RFS-Faltpappe bei gleichem oder leichterem Gewicht Leistungsniveaus, die mit üblichen Bauweisen nicht zu realisieren sind. Darüber hinaus ermöglicht die auxetische Mechanik neuartige Funktionalitäten und Designlösungen für eine Vielzahl von Produkten mit gezielt einstellbaren Funktionseigenschaften. Aus diesem Grund sind auxetische Konstruktionsansätze sowohl aus wissenschaftlicher als auch wirtschaftlicher und gestalterischer Sicht von Bedeutung.

Herstellung von RFS-Faltpappen

Aus einem flächigen Halbzeug wird mit einem linearen Produktionsprozess in zwei Schritten eine freiformbare Faltstruktur mit einem Kanalnetz, Wabenkammern und dreidimensionalen auxetischen Eigenschaften erzeugt, die sich darüber hinaus für die Integration vielfältiger Funktionen eignet. Es handelt sich bei dieser Rauten-Falt-Struktur um eine patentierte Grundlagentechnologie, die durch eine ressourcen- und energieeffiziente Herstellung mit ökologischen und nachhaltigen Materialien einfach und schnell zu verarbeitende Systemwerkstoffe produziert. Das Strukturdesign des Werkstoffs ermöglicht es, auch schwächere Materialien strukturell und sicher einzusetzen. Darüber hinaus lassen sich neue Maßstäbe im Bereich der Smart Composites erreichen (beispielsweise Mechanik, Sensorik, Aktorik, Adaptronik etc.)

Produktionsanlagen für Faltpappe
Produktionsanlagen für Faltpappe mit Rautenfaltstruktur können circa 40 m kürzer sein als solche für klassische Wellpappe. (Bild: Green Lightweight Solutions)

Neue Formgebung der Verpackung

Die RFS-Faltstruktur lässt sich aufgrund der auxetischen Mechanik frei formen und ermöglicht Verpackungsherstellern neue Gestaltungsmöglichkeiten. Die Faltung selbst ermöglicht dabei eine formschlüssige und funktionsübergreifende Verbindung mehrerer Composite-Elemente sowie die individuelle Gestaltung von Ecklösungen. Durch ihre hohe statische Tragfähigkeit und die einzigartige Freiformbarkeit lassen sich materialschonend und preiswert ganz einfach auch besonders komplizierte Formen herstellen.

Einsatz von Biopolymeren und Naturfasern

Die RFS-Technologie ist nicht nur für Faltpappe, sondern besonders für naturfaserverstärkte duro- und thermoplasische Biopolymere geeignet. Beispielsweise können natürliche Biopolymere, wie Polyhydroxyalkanoate(PHA) oder Polyhydroxyfettsäuren(PHF), Lipide oder Lipoide, Cutin oder Kutin, Pektin, Suberin, Lignin, Polysaccharide(Cellulose/Chitin), usw., je nach Anforderungsprofil gezielt zur Versiegelung gegen Wasser oder für Wassertransport, als ergänzende stabilisierende Gerüstsubstanz oder Ähnliches, als Migrationsbarriere oder zur Imprägnierung eingesetzt werden. Da die Biopolymere wie bei ihren bionischen Vorbildern aus der Natur sehr sparsam eingesetzt werden können, sind die gefertigten Produkte auch zu etablierten Baustoffen wettbewerbsfähig. Besonders in der noch jungen Produktgruppe der naturfaserverstärkten PHA-Biopolymer-Thermoplast-Prepregs werden mit dieser Technologie die Produktionszykluszeiten verkürzt. Sie sind biologisch abbaubar und rohstofflich wieder verwertbar, verfügen über eine hohe Bruchdehnung und geringe Dichte. Aufgrund der geringen Materialkosten und der Tatsache, dass die Prepregs quasi unbegrenzt gelagert werden können, sind sie sowohl technisch wie auch wirtschaftlich eine ernstzunehmende Alternative zu etablierten Materialien. Gerade in dieser Produktgruppe ist die Technologie darauf ausgelegt, biologisch abbaubare Bio-Plastikverpackungen zu 100 Prozent in einer Kreislaufwirtschaft wiederzuverwerten.
Besonders im Verpackungsbereich verfolgt Green Lightweight Solutions das innovative Ziel, die Verpackung als universelle Rohstoffquelle für regional produzierte Produkte des Alltags zu gestalten. Auf diese Weise kann die „Earth Overshoot Day“-Problematik, dass in Deutschland die Nachfrage an nachwachsenden Rohstoffen derzeit dreimal größer ist als das Angebot beziehungsweise die Kapazität zur Reproduktion, durch eine konsequente, intelligent gestaltete Kreislaufwirtschaft gelöst werden.   

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