neue verpackung: Mit mehr als 100.000 geklickten Videos und einigen hundert Einzelgesprächen können Sie die erste virtuelle Innovation Week als Erfolg verbuchen. Nachdem nun die Drupa auch für das Jahr 2021 als Präsenzveranstaltung abgesagt wurde – planen Sie bereits eine Folgeveranstaltung?
Jörg Dähnhardt: Ja, basierend auf dem Erfolg der Innovation Week planen wir, mit dieser Strategie fortzufahren und haben bereits einige digitale Veranstaltungen in unserem Kalender für 2021 geplant. Wichtig ist für uns aber auch der persönliche und direkte Kontakt zu den Kunden und von daher möchten wir ebenfalls unsere Präsenzveranstaltungen wieder aufnehmen, sobald dies möglich und sicher für unsere Kunden und Mitarbeiter umsetzbar ist.
neue verpackung: In der Abschlussmeldung war zu lesen, dass Heidelberg ähnlich viele Leads generieren konnte, wie bei einer internationalen Messe. Hat diese Erkenntnis auch grundsätzliche Auswirkungen auf künftige Messeteilnahmen?
Jörg Dähnhardt: Heidelberg versteht sich als Lösungsanbieter, der Maschinen, Software, Verbrauchsmaterialien und Service integriert. Es geht nicht mehr rein um die höchste Druckgeschwindigkeit, sondern um den effizientesten Gesamtprozess. Dabei ist die Produktivitätssteigerung das größte Ertragspotenzial und die Digitalisierung ist der Schlüssel dazu. Mit der Qualität und den Fähigkeiten unserer Druckmaschinen sind wir Technologieführer in der Branche.
Ein wichtiger Teil unseres Verkaufsprozesses wird daher immer sein, unsere Maschinen live und zusammen mit unseren Kunden vor Ort zu erleben. Als nächstes planen wir derzeit zum Beispiel unsere Teilnahme an der Print China. Darüber hinaus verkürzen sich die Innovationszyklen und wir möchten deshalb unsere neuesten Entwicklungen auch häufiger präsentieren; dabei helfen uns Online-Events. Diese beiden Erkenntnisse treiben unsere aktuelle Veranstaltungsstrategie an.
neue verpackung: Welche Themen haben die Besucher der Innovation Week besonders interessiert?
Jörg Dähnhardt: Bei den Verpackungsdruckern fand das Thema „Navigated Printing“ großen Anklang: Der Bediener wird selbst bei schwierigsten Jobwechseln optimal von der Maschine unterstützt und geleitet – das verschlankt den Produktionsprozess und erhöht damit systematisch den Ausstoß. Zur Optimierung der Maschinenprogramme werden künstliche Intelligenz, aber auch Big-Data-Auswertungen existierender Druckmaschinen genutzt.
In der Weiterverarbeitung war insbesondere die Mastermatrix gefragt, unsere neue Stanze mit Nutzentrennung im Performance-Segment. Im Postpress-Bereich wurden auch innovative Automatisierungslösungen mit Packern, Robotern und einer höheren Workflow Integration präsentiert.
Für den Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit suchen Druckereien nach Lösungen, die den Druckprozess automatisieren und eine kontinuierlich hohe Qualität der Ausgabe unterstützen. Unsere Antwort darauf im Commercial-Bereich ist das autonome Drucken: Innerhalb des Heidelberg Ökosystems wird hier mit dem Push-to-stop-Konzept der Gesamtprozess automatisiert gesteuert – von Prepress über Press bis hin zur Falzmaschine.
neue verpackung: Mit dem Packaging Day haben Sie eine ähnliche Veranstaltung kürzlich nun auch für den chinesischen Verpackungsmarkt abgehalten. Dieser gilt als der dynamischste der Welt – wie sieht das in konkreten Zahlen in den Auftragsbüchern bei Heidelberg aus?
Jörg Dähnhardt: Heidelberg ist in dem wachsenden Bereich des Faltschachteldrucks auf Karton weltweit und insbesondere in China bestens aufgestellt. China ist mit einem Umsatzvolumen von rund 300 Millionen Euro der wichtigste Einzelmarkt für Heidelberg in der grafischen Industrie. In dem für uns so bedeutenden Markt hat sich die Nachfrage in der Coronakrise zuletzt am schnellsten wieder in Richtung des Vorkrisenniveaus entwickelt. Auch die langfristigen Perspektiven sind positiv. China ist nach wie vor der Markt mit dem größten Wachstum weltweit. Wir sind hier mit einem Anteil von rund 50 Prozent der Marktführer und wollen unsere starke Position weiter festigen.
Der Packaging Day in China war eine sehr erfolgreiche Kombination aus Präsenzveranstaltung im Print Media Center in Shanghai und digitalen Präsentationen über die sozialen Netzwerke. Das Ergebnis stimmt uns hoffnungsfroh: Wir erhielten knapp 20 Anfragen für Sheetfed-Maschinen mit einem Gesamtwert von fast 12 Millionen Euro – einige der Anfragen davon kamen über die Online-Plattformen.
neue verpackung: Jüngst wurde bekannt, dass Heidelberg seine Partnerschaft mit der Masterwork Group noch einmal ausbaut und nun ein Produktions-Joint-Venture vereinbart wurde. Welche Teile werden konkret künftig in China entstehen – und welche sollen auch künftig exklusiv aus deutscher Produktion stammen?
Jörg Dähnhardt: Das Produktions-Joint-Venture mit Masterwork ist ein weiterer Meilenstein in der erfolgreichen Zusammenarbeit beider Unternehmen und eröffnet zusätzliche Chancen für Heidelberg in China. Unsere führende Marktposition haben wir zunehmend durch ein erweitertes Angebot an unserem Produktionsstandort nahe Shanghai ausgebaut. Mit dem steigenden Bezug lokal gefertigter Teile erhöhen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit in diesem Wachstumsmarkt deutlich.
Entsprechend der Kooperationsvereinbarung wird das Joint Venture einen Teil der bisher durch Heidelberg gefertigten Maschinenteile übernehmen. Dabei wird es sich hauptsächlich um Teile für Standardmaschinen handeln. Als Hauptabnehmer sind die Heidelberg Graphic Equipment (Shanghai) Co., Ltd., als lokale Konzerngesellschaft in China, sowie Masterwork beziehungsweise deren verbundenen Unternehmen vorgesehen. Der Start der Produktion ist für Anfang 2021 am neuen und innovativen Standort von Masterwork in Tianjin geplant.
In unserem Werk in Wiesloch-Walldorf werden wir weiterhin die komplexen Teile für die Peak Performance- und die kundenindividuell angefertigten Druckmaschinen für die hochautomatisierte Produktion fertigen.
Das Produktions-Joint-Venture mit Masterwork ist ein weiterer Meilenstein
neue verpackung: Zum Abschluss der Innovation Week erklärten Sie, dass der Verpackungsmarkt in Zukunft für Heidelberg noch an Bedeutung gewinnen wird. Erwarten Sie hier ein mehr oder minder homogenes Wachstum über die verschiedenen Wirtschaftsregionen, oder wird beispielweise China hier ausschlaggebend sein?
Jörg Dähnhardt: Der Verpackungsmarkt wächst weltweit in praktisch allen Märkten – das wird unterstützt von vielen globalen Trends, wie beispielsweise der Nachhaltigkeit und der Urbanisierung. Als klarer Marktführer im Verpackungsdruck werden wir in allen Regionen, allen Produktbereichen und allen Kundensegmenten an diesem Wachstum partizipieren. Die Wirtschaftsregion Asien und insbesondere China haben aufgrund der Größe der Märkte und der auch zukünftig zu erwartenden, höheren Wachstumsraten einen wesentlichen Anteil. Mit unserer breiten Produktpalette in Software und Design, Press, Postpress, Verbrauchsmaterialien und Service Support erreichen wir nicht nur die internationalen Gruppen und Verpackungsdrucker im Allgemeinen, sondern auch Druckereien, die in den Verpackungsdruck hineinwachsen wollen.
Die Fragen stellte Philip Bittermann, Chefredakteur neue verpackung.