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(Bild: Jürgen Fälchle – adobe.stock.com)

So sind wir vor wenigen Wochen von einem Finanzinvestor angesprochen worden, den wir schon einige Jahre kennen. Als „Family Equity“ würde man den Investor im Fachjargon definieren, also kein klassisches Private-Equity-Unternehmen, das häufig fondsbasiert nur für einen gewissen Zeitraum von drei bis sieben Jahren investieren möchte, keine anonymen Shareholder, sondern das Vermögen von Unternehmerfamilien, das langfristig in weitere Unternehmen und Geschäftsfelder investiert werden soll. Der Investor hat sich mit einem MBI zusammengetan, einem Manager mit einem breiten Erfahrungsspektrum, der auch schon in der Führungsriege börsennotierter Unternehmen tätig war und mit dem man gemeinsam ein Unternehmen im Verpackungsbereich erwerben will.

Soweit nichts Ungewöhnliches, wiederholt haben wir bereits derartige Aufgaben übernommen und erfolgreich durchgeführt, haben uns für Strategen mit flexiblen Verpackungen oder Faltschachteln beschäftigt, für Finanzinvestoren bei Etiketten oder Verpackungsmaschinen umgetan oder auch auf der Verkäuferseite mittelständische Unternehmen im Bereich Kunststoffverpackungen oder Kennzeichnungstechnik unterstützt.

Zitat

Man kann die Milch halt nun mal nicht in der Kuh zum Verbraucher schicken.

Was sind eigentlich Lebensmittelverpacker?

Doch unser Investor und sein MBI suchen keine Etiketten, Schlauchbeutel oder Faltschachteln, sie denken nicht in Produkten, sie denken vom Kunden her. Sie denken an Lebensmittel. Verständlich, krisensicher, was sich auch in der Corona-Zeit mal wieder bewiesen hat, sind Lebensmittel ein Markt, der bleibt, verpackte Lebensmittel ein Markt, der wächst – auch wenn man natürlich die jeweilige Art der Verpackung hinterfragen kann und bei manch einem Lebensmittel die Frage berechtigt ist, ob es verpackt werden muss. Aber trotz des sicherlich anhaltenden Trends zu Unverpacktläden – und selbst die dort erworbenen Waren bleiben nicht unverpackt, sondern werden in Mehrwegbehältnissen abgeholt – werden Lebensmittel aufgrund von Hygieneanforderungen, Kennzeichnungsvorgaben, der Haltbarkeit, den logistischen Erfordernissen und nicht zuletzt der Verkaufsförderung auch in Zukunft primär, sekundär und manchmal auch tertiär verpackt werden. Oder wie mein Kollege immer so gerne sagt: „Man kann die Milch halt nun mal nicht in der Kuh zum Verbraucher schicken.“

Aus der Sicht unseres Interessentenduos somit absolut nachvollziehbar, in der Lebensmittelverpackung einen nachhaltig stabilen Markt zu sehen, in dem anstehende Veränderungsprozesse sicherlich auch zu Chancen führen werden. Wir sprechen über Größenordnung, Regionalität, Erwerbskonstellation, um unsere Aufgabenstellung einzugrenzen, doch letztlich sind die Investoren in allen Punkten flexibel. Das Unternehmen soll natürlich nicht zu klein sein, aber bei einem interessanten Unternehmen wird man auch gerne einen dreistelligen Millionenbetrag bewegen, es soll nachhaltig profitabel sein, regional mag es gerne mitten in Deutschland liegen, aber wenn es eine attraktive Firma ist, dann darf sie auch woanders in der DACH-Region ihren Sitz haben. Und bei der Erwerbskonstellation denkt man an eine klassische Unternehmensnachfolge, es kann aber auch ein Carve-out aus einem Konzern sein, man denkt an eine Anteilsmehrheit oder eine Komplettübernahme, bei entsprechender vertraglicher Regelung kann es unter Umständen aber auch eine Minderheit sein. Und was das Produktspektrum angeht? Lebensmittelverpackungen, eher Hersteller als Händler, aber wenn diese Alleinstellungsmerkmale haben, die ihre Marktposition sichern, dann im Zweifel auch Händler. Verpackungsmaschinen für Lebensmittel auch? Vielleicht auch das, denn natürlich hängen auch diese von der gleichen Marktentwicklung ab und vom Konsumverhalten der Endkunden bei Lebensmitteln. Und an dieses glaubt man!

Aber gibt es reinrassige Hersteller von Lebensmittelverpackungen? Pharmaverpacker würden mir sofort einfallen, August Faller als Hersteller von pharmazeutischen Sekundärpackmitteln, die Pharmadrucker aus Melsungen … Aber Lebensmittelverpacker? Unternehmen, die sich allein dieser Zielgruppe verschrieben haben? Wir hören uns in unserem Netzwerk um, sprechen mit einer befreundeten Verpackungsagentur. Nein, produktübergreifende Hersteller von Lebensmittelverpackungen gibt es nicht, dafür sei der Markt zu vielfältig.

Über Knox

Knox ist eine Unternehmens- und Personalberatungsgesellschaft, deren Engagement der Verpackungs- und Druckindustrie gilt, sei es in der Produktion, im Handel oder im Dienstleistungsbereich. Das Team von Knox berät seit mehr als zehn Jahren in Deutschland, Europa und darüber hinaus Unternehmen in diesem Branchenumfeld bei strategischen Herausforderungen, insbesondere auch durch die umfängliche Betreuung und den erfolgreichen Abschluss von Unternehmenstransaktionen.

Wie viel macht Dich zum Lebensmittelverpacker?

Uns bleiben also die Möglichkeiten, uns gezielt mit Produzenten auseinanderzusetzen, für deren Produkte ausschließlich in der Lebensmittelverpackung ein Bedarf besteht – was die Blickrichtung sehr deutlich einschränken würde – oder die Verpackungsunternehmen ausfindig zu machen, die zumindest überwiegend in die Lebensmittelbranche liefern. Aber genau das ist schwer von außen einzuschätzen, denn natürlich präsentiert der Hersteller von Senftuben auf seiner Internetseite nicht nur sein Lebensmittelgeschäft, sondern zeigt, dass man auch Zahnpasta oder Klebstoffe wunderbar in Tuben packen kann. Und wahrscheinlich wird er auch alle Märkte beliefern. Aber welchen Umsatzanteil erzielt er mit der Lebensmittelbranche, ist er ein Lebensmittelverpacker in den Augen unserer Interessenten?

Offensichtlich müssen wir diesmal, wenn unsere Investoren vom Kunden her denken, auch selbst vom Kunden her denken, müssen nicht (virtuell) über die Fachpack und die Interpack schlendern, sondern uns die Ausstellerverzeichnisse von Anuga Foodtec und Brau Beviale vornehmen, unsere Datenbank strapazieren, uns in unserem Netzwerk umhören, wer gut bei Lebensmittelkunden positioniert ist, wer richtig mit Barrieren und Migration umgehen kann. Denn wenn wir uns rein auf die Produktgruppen konzentrieren, die exklusiv für die Lebensmittelindustrie relevant sind, dann würden wir am Ende womöglich nur auf Sektkorken und Naturdärme blicken … und wir sind sicher, es gibt so viel mehr Lebensmittelverpacker „da draußen“!

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