Bernhard Cantzler

Bernhard Cantzler, Marketing & Sales Director bei Mondi UFP. (Bild: Vogus)

Graspapier
Bei einem Mischungsverhältnis von 70 % Frischfaser und 30 % Gras lässt sich Graspapier gut verarbeiten und bedrucken. (Bild: Ocker Creativ)

neue verpackung: Herr Cantzler, heute werden wir uns ein wenig über das Design von Verpackungen unterhalten. Als ich als junger Redakteur erstmals mit unserem Layout über die Anordnung und Größe bestimmter Bilder in einem Artikel diskutierte habe, habe ich schnell gelernt: Design ist nicht nur ein kreativer Prozess, sondern folgt auch gleichzeitig überraschend strengen Regeln. Gibt es bei Mondi ebenfalls grundlegende Prinzipien, die bei jedem Projekt von Anfang an maßgeblich sind?
Bernhard Cantzler: Mit unserer Business Unit stehen wir am Anfang der Wertschöpfungskette und bieten Materialien für Markeninhaber, Verpackungsdesigner und Wellpappehersteller an. Was hier immer zentral ist, ist die Frage: Was möchte der Markeninhaber mit seiner Marke erreichen? Unsere Papiere, die typischerweise im Bereich Premium- oder Luxusverpackungen verwendet werden, spielen eine wichtige Rolle dabei, die Botschaft der Marke zu transportieren.

Wir konzentrieren uns auf drei zentrale Elemente: Erstens die Qualität, die durch das Druckbild oder Verarbeitungseffekte vermittelt wird. Zweitens die haptische Komponente, die im Regal eine hohe Wertigkeit darstellen soll. Und drittens das Thema Nachhaltigkeit. Hier bieten unsere Frischfaserpapiere klare Vorteile, beispielsweise die Zertifizierung nach FSC. Zusätzlich gehen wir einen Schritt weiter und bieten Cradle-to-Cradle-Zertifizierungen an. Das ist ein ganzheitlicher Ansatz, der den gesamten Produktlebenszyklus betrachtet, einschließlich der Auswirkungen auf Luft, Wasser, Boden und soziale Komponenten.

neue verpackung: Durch das Thema Nachhaltigkeit hat sich das Design von Verpackungen in den letzten Jahren stark verändert. Um Wertigkeit optisch zu transportieren, wurde früher viel mit Folien und speziellen Lackierungen gearbeitet, die zwar schön, aber nicht immer unbedingt nachhaltig sind. Nun treffen Konsumenten innerhalb von wenigen Sekunden eine Kaufentscheidung am Point of Sale. Wie transportieren Sie alle für das hochpreisige Segment relevanten Informationen wie „Ich bin ein hochwertiges Produkt“ und „Ich bin nachhaltig“ in solch kurzer Zeit? Wie hat sich dieser Aspekt auf Ihren Entwicklungs- und Beratungsprozess ausgewirkt?
Cantzler: Ja, diese Sekunden vor dem Regal sind wirklich kritisch. Und jede Sekunde, in der das Produkt in der Hand des Konsumenten bleibt, verdoppelt die Verkaufswahrscheinlichkeit. Deshalb ist es wichtig, dass Optik und Haptik überzeugen. Verpackungen müssen ansprechend bedruckt sein, aber auch gut in der Hand liegen. Farben, die direkt im Papier enthalten sind, können hier eine starke, weil natürliche Wirkung erzielen. Wir haben darum mehr als 30 verschiedenfarbige Papiere entwickelt, die über das gesamte Farbspektrum hinweg angeboten werden, um nicht nur visuell, sondern auch haptisch ein Erlebnis zu schaffen. Ein weiteres Beispiel sind Prägungen, die sowohl als Blickfang dienen, aber auch Informationen für Menschen mit Sehbehinderungen transportieren können. Damit werden unsere Verpackungen dann quasi zu multisensorischen Lösungen.

Diese Elemente fließen alle in unsere Gespräche mit den Kunden ein – aber am Ende ist es natürlich immer der Markeninhaber, der die Entscheidungen trifft. Wir bieten Optionen und teilen unsere Erfahrungen, aber die Positionierung der Marke und die Kernbotschaft geben den Ausschlag.

Papiertasche aus Grasfasern
Die Grasfasern sind sicht- und fühlbar und lassen das Thema Nachhaltigkeit für Konsumenten so zum multisensorischen Erlebnis werden. (Bild: Ocker Creativ)

neue verpackung: Sie erwähnten Cradle to Cradle. Inwiefern interessieren sich die Endkonsumenten für solche Zertifizierungen im Vergleich zu früher? Wie viel Raum sollte man diesen Themen auf der Verpackung geben?
Cantzler: Auf der Verpackung selbst steht nach wie vor die Markenbotschaft klar im Vordergrund, nicht die Zertifizierung. Diese Informationen werden mithilfe anderer Kanäle an den Endkonsumenten weitergegeben, etwa im jährlichen Unternehmensbericht. Wir begrüßen es, dass Marken sich stark mit diesen Themen identifizieren und Verantwortung übernehmen, anstatt sich nur auf einzelne Zertifizierungen zu stützen.

Aber die Nachhaltigkeit lässt sich auch anders kommunizieren, und da wären wir wieder bei der Multisensorik: Unser IQ-Graspapier beispielsweise lässt die einzelnen Grasfasern nicht nur sehen, sondern beim Anfassen auch spüren – bei gleichzeitiger guter Bedruckbarkeit und Veredelungsmöglichkeiten. Und das funktioniert am Point of Sale natürlich besser, als dem Konsumenten ein komplexes Zertifizierungssystem zu erklären.

Zitat

Das Cradle-to-Cradle-Zertifikat gibt dann noch einmal zusätzlich Sicherheit“

neue verpackung: Stichwort Komplexität: Ein weiteres wichtiges Thema ist das Lifecycle Assessment (LCA). Wo beginnt und wo endet die Verantwortung eines Unternehmens? Wie beeinflusst das die Zusammenarbeit mit Ihren Kunden?
Cantzler: Eine LCA-Bewertung findet bei Mondi typischerweise dort statt, wo wir ein Endprodukt fertigen. So können wir beispielsweise zeigen, wie wir mit unseren faserbasierten Lösungen den CO2-Fußabdruck im Vergleich zu Kunststoffverpackungen reduzieren. Um den Fußabdruck einer jeden Verpackung zusätzlich zu reduzieren, investieren wir auch regelmäßig in unsere Werke, wie zuletzt in unsere Zellstoffproduktion in Neusiedler in Niederösterreich. Für insgesamt 20 Mio. Euro modernisieren wird dort gerade unter anderem den Rückgewinnungskessel, den Dampfspeicher sowie die Dampfturbine. So können wir die Treibhausgasemissionen der Zellstoffproduktion um mehr als 20 % reduzieren. In einem Projekt in Südafrika investieren wir wiederum in Biomasse, wodurch wir die dortigen CO2-Emissionen sogar um 95 % reduzieren können.

Und wenn gewünscht, dann können wir die übrigen Emissionen zusammen mit Climate Partner kompensieren – beispielsweise mithilfe eines Wasserkraftwerk-Projekts in Brasilien – und unseren Kunden Verpackungen mit Netto-Null-CO2 anbieten.

In unserer Feinpapierabteilung stehen wir ganz am Anfang der Wertschöpfung, das heißt wir produzieren das Papier, das dann zur Verpackung verarbeitet wird. Wir stellen Informationen bereit, die es unseren Kunden ermöglichen, eine eigene LCA-Bewertung ihrer Verpackung vorzunehmen. Das Cradle-to-Cradle-Zertifikat gibt dann noch einmal zusätzlich Sicherheit, dass wir die Nachhaltigkeit regelmäßig auditieren und verbessern.

neue verpackung: Die Verpackungsrichtlinie der EU (PPWR) wurde dieses Jahr verabschiedet und könnte den Verpackungsmarkt erheblich beeinflussen. Hat sich bei Ihnen aufgrund dieser Richtlinie bereits etwas geändert?
Cantzler: Der Trend zu nachhaltigeren, faserbasierten Verpackungen ist schon seit Längerem spürbar und wird durch die PPWR noch einmal unterstützt. Allerdings setzten sich unsere Kunden auch bereits vorher intensiv mit dem Thema auseinander. Und so überprüfen wir unsere Verpackungslösungen unabhängig von Verordnungen wie der PPWR regelmäßig, wie wir diese nachhaltiger gestalten können, etwa durch den Einsatz von recycelten Materialien und die Reduktion von Kunststoff.

neue verpackung: Neben den Nachhaltigkeitsthemen – welche weiteren Trends sehen Sie in den nächsten fünf bis zehn Jahren?
Cantzler: Ein klarer Trend ist die zunehmende Bedeutung des Onlinehandels. Kunden erwarten ein besonderes Erlebnis, wenn sie ein Produkt auspacken; das sogenannte „Unboxing“ spielt hier also eine wichtige Rolle. Gleichzeitig birgt ein äußerlich teuer wirkendes Paket gewisse Risiken entlang der Logistikkette. Ein Thema, das wir als Mondi gut bedienen können, da wir mit unseren verschiedenen Units den kompletten Verpackungs-Stream abdecken können.

So haben wir für den E-Commerce Lösungen entwickelt, bei denen der äußere Karton beispielsweise aus recyceltem Material besteht, während innen eine luxuriöse Verpackung aus schwarzem Papier zum Vorschein kommt. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten für Verpackungsdesigns.

Die Fragen stellte Philip Bittermann, Chefredakteur neue verpackung

Wie Studierende eine Luxusverpackung entwickelten

Die von Studierenden der NABA entwickelte Luxusverpackung. (Bild: Mondi)

In einer Kooperation zwischen Studierenden der Mailänder Hochschule NABA und Mondi Uncoated Fine Paper entstand eine Verpackung für eine Luxusmarke, die das Leistungsspektrum faserbasierter Lösungen im Luxusbereich gut darstellt.

Das Briefing ließ den Studierenden viel kreativen Freiraum: Sie sollten eine Verpackung für eine Parfümmarke entwerfen, die das Designpapier Pergraphica in Bezug auf Qualität, Optik und Nachhaltigkeit in Szene setzt und die Markenidentität über verschiedene Kontaktpunkte hinweg verstärkt. Neben der Nachhaltigkeit war es wichtig, Überlegungen zu Wiederverwendbarkeit und Upcycling anzustellen.

Die Lösung entstand unter der Leitung von Professor Luca Giulio Ferreccio: „Wir haben uns für das Kadō-Design entschieden, da es hervorragend zum Markenkern, zur Positionierung, zur Zielgruppe und zum darauf abgestimmten Produkt- und Verpackungsdesign passt. Das Design überzeugt durch seine aufregende Optik und die Kombination verschiedener Veredelungstechniken.“ Kadō ist ein anderes Wort für Ikebana, die japanische Kunst des Blumenarrangierens, die durch den Einsatz von Linien, Farben und dem bewussten Umgang mit dem Raum eine unregelmäßige, aber dennoch harmonische Anordnung schafft. Das Konzept des „Perfekten im Unperfekten“ wird durch die Verwendung von Papier, das diese Idee besonders gut transportiert, unterstrichen.

Die Studierenden hatten bei der Auswahl des Papiers völlige Freiheit. Für die äußeren Elemente entschieden sie sich für Pergraphica White mit 120 g/m², ein Papier, das sich für edle Verpackungen eignet und sich gut laminieren lässt, ohne dass die Kanten brechen. Für das Innenleben, also das Design der Blüte, kamen Pergraphica 330 g/m² in den Farben Precious Purple, Curios Green und Timid Grey zum Einsatz. Bei der Veredelung wurde viel Wert auf Detailarbeit gelegt: Lasergravuren und Ausstanzungen zierten die Oberfläche, während eine goldene Heißfolienprägung das Design abrundete.

Eine interessante Idee hatten die Studierenden auch für die Wiederverwendung der Verpackung: Sie kann mithilfe von Fassung, Lampe und Kabel in eine Leuchte verwandelt werden.

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