Die Anforderung zur Entwicklung des Emkon Flexpick SP kam von einem amerikanischen Konzernkunden aus dem Pharmaziebereich. Dieser benötigte einen nachlaufenden Prozess zu seiner bereits vorhandenen primären Sachet-Herstellungsanlage. Emkon entwickelte die Anlage von der Positionierung über das Kamerasystem (inklusive Beleuchtung) mit einer robotergestützten Doppelstapelvorrichtung und dem integrierten Faltschachtelpacker ganz individuell auf Kundenwunsch. Insbesondere galt es, die breite Range der fünf Sachetformate, die sich von 38 bis 63 mm in der Breite und 63 bis 136 mm in der Länge erstreckt, sowie die dazu passenden unterschiedlichen Faltschachtelformate mit nur einer Anlage zu realisieren. Die spiegelnde Oberflächenbeschaffenheit der Produkte, variierende Ausrichtungen innerhalb der Faltschachteln sowie der begrenzte Platz für die Einheit in der Produktionsstätte waren weitere Herausforderungen bei der Entwicklung.
Mit der Roboterlösung stellt Emkon eine Maschine vor, die im Einlauf je nach Format eine maximale Leistung von bis zu 1.000 Sachets pro Minute aufweist. Besonderes Augenmerk wurde auf komfortable Formatumbauten gelegt – ebenfalls eine Kernanforderung des Kunden. Als Spezialist für modularen Maschinenbau ging das Unternehmen hier einen Schritt weiter und bediente sich der Vorteile des „Poka Yoke Prinzips“: Mit einfachen Handgriffen ist der Formatumbau unverwechselbar und für jeden Bediener innerhalb kürzester Zeit sowie nahezu werkzeugfrei erfolgreich umzusetzen.
Die Funktionsweise des Flexpick SP
Die Sachets werden aus der vorlaufenden Maschine in unterschiedlichen Reihungen, Zyklen und formatabhängigen Schnittmustern über ein Förderband zum Flexpick SP transportiert. „Der erste Arbeitsschritt wird von einem High-Speed-Servo-Spreizer vollzogen“, erklärt Thorben Meints, Verantwortlicher Projektleiter von Emkon. „Der eingesetzte Servo-Spreizer optimiert die Position der Sachetgruppen auf dem Band, um die kürzestmöglichen Wege für die Roboter zu garantieren und dadurch die Pickvorgänge zu beschleunigen.“
Beidseitig stehen jeweils drei in Reihe geschaltete Stäubli-Fast-Picker-Roboter vom Typ TP80 und befüllen zwei parallel zum Förderband verlaufende Fächerketten. „Durch den Einsatz komplexer Roboter-Line-Tracking-Technologie werden die Bewegungen und Picks der Roboter untereinander koordiniert und auf die Bandgeschwindigkeit sowie die Taktung der Fächerkette abgestimmt. Die hohe Flexibilität unserer Lösung erlaubt jede beliebige Produktzusammenstellung“, ergänzt Meints.
Die individuellen Füllmengen in den Verkaufseinheiten stellen einen wesentlichen Vorteil dar und ermöglichen, auf unterschiedliche Marktanforderungen flexibel zu reagieren. Ein Vorteil, der zuvor nur durch erheblichen manuellen Einsatz möglich war.
„Mit einer linearen Programmierung war diese Flexibilität nicht zu erreichen. Die TP80-Roboter picken die Sachets deshalb nach dynamischen Mustern“, berichtet Jens Frese, einer der Entwickler der Firma Emkon. „Wir mussten an die Grenzen des technisch Möglichen gehen, damit die eingesetzten Systeme die Aufgaben verlässlich bewältigen und koordiniert in Einklang bringen.“ 85 Picks bewältigt nun jeder Einzelne der sechs eingesetzten Roboter des Flexpick SP je nach Format durchschnittlich pro Minute. „In Anbetracht der Komplexität eine beachtliche Leistung“, kommentiert Frese. Nach erfolgter Bestückung der Fächerkette werden die abgelegten Sachets über einen Schieber in die zuvor parallel aufgerichteten Faltschachteln geschoben, die dann verschlossen und per Heißleim verklebt werden (andere Verschlussarten sind möglich). Abschließend findet eine finale Qualitätskontrolle des Verschlusses statt.
Zusätzlich zur Schachtelbefüllung bietet die Anlage standardmäßig eine quantitative und qualitative Bulkbefüllung. Hierbei spielt ebenfalls der zuvor bereits erwähnte Servo-Spreizer eine entscheidende Rolle. Dieser zählt und sortiert die gruppierten Sachets, um die jeweils geforderte Füllmenge zu realisieren.
Erhöhte Anforderungen durch „Hygienic Design“
Von Beginn an stellten die „Anerkannten Regeln der Guten Herstellungspraxis“ als Teil der Qualitätssicherung (GMP) die Emkon-Designer bei diesem Pharmazieprojekt vor größere Herausforderungen als bei vergleichbaren Projekten für andere Branchen. Die Ausführung nahezu aller relevanten Komponenten wurde auf ihre Hygienetauglichkeit hin überarbeitet. Dazu wurden Profile neu konstruiert und exponierte Oberflächen einer entsprechenden Behandlung unterzogen. Eingesetzte Lager für die drehenden Bewegungsabläufe wurden speziell abgedichtet, und auch die Rahmenkonstruktion wurde komplett überarbeitet. Alles, um das Kontaminationsrisiko innerhalb der Produktionsprozesse zu senken und einen gleichbleibenden Qualitätsstandard zu ermöglichen. Die dokumentierte Verifizierung bei der Installations- und Funktionsqualifizierung (IQ/OQ) stellt einen weiteren Baustein zur Einhaltung des gleichbleibend hohen Qualitätslevels der verarbeiteten Produkte dar.
Das Poka-Yoke-Prinzip
Der Begriff Poka Yoke entstammt dem Japanischen, bedeutet „unglückliche Fehler vermeiden“ und ähnelt dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Ein bestimmter Schlüssel passt nur in das dafür vorgesehene Schloss.
Das Auftreten von Fehlern soll durch technische Vorkehrungen beziehungsweise Einrichtungen minimiert oder sogar ganz eliminiert werden, zusätzlich wird dadurch die Bedienung vereinfacht. Ein Beispiel für dieses Prinzip liefern CEE-Stecker: Ein 16A-Stecker kann nicht in eine 32A-Buchse gesteckt werden, sondern passt nur in die dazugehörige 16A-Buchse. Auch aus dem Alltag kennt jeder das Poka-Yoke-Prinzip: Bevor ein Bankautomat das Geld freigibt, muss die EC- Karte aus dem Automaten entnommen und kann daher nicht vergessen werden – eine mögliche Schwachstelle des Systems wurde so eliminiert.
Einfache Formatumstellungen
In der Flexpick SP ist das Poka-Yoke-Prinzip durch eine Farbkodierung integriert. Bei einer Formatumstellung können Bediener nahezu werkzeuglos alle relevanten Elemente ersetzen oder entfernen. Bei einer nötigen Höhenverstellung der Elemente sorgen farbliche Distanzblöcke für ein einfaches und korrektes Verstellen. Durch dieses Prinzip sind Formatwechsel in durchschnittlich 30 Minuten erfolgreich abgeschlossen – für solch eine komplexe Formatvielfalt eine sehr kurze Rüstzeit.
Am Schachtelpacker läuft die Formatumstellung beinahe vollautomatisch ab. Es gibt nur kleinere Handgriffe, die ebenfalls dem Poka-Yoke-Prinzip folgen. Der Formatwechsel selbst wird dann über das Touchpanel eingeleitet und mithilfe moderner Servotechnik vollautomatisch vollzogen. Bei der gesamten Anlage setzt der Hersteller die neueste Rockwell-Steuerungstechnik ein. Auch das ein ausdrücklicher Kundenwunsch, der in diesem Projekt berücksichtigt und umgesetzt wurde.
Neben den hohen Geschwindigkeiten und dem ausgeklügelten Line-Tracking-System überzeugt die nach neuesten Hygienestandards gebaute Roboterlösung vor allem mit der Vielfalt an unterstützten Formaten und mit seinem einfachen Bedienkonzept zur Umsetzung schneller Formatwechsel. Emkon setzt in der Anlage konsequent auf den Einsatz neuester Stäubli-Fast-Picker-Roboter-Technologien, um die pharmazeutischen Sachetprodukte effizienter denn je zu verpacken.
Zum Unternehmen
Emkon hat es sich zum Ziel gesetzt, mit flexibler Modularität die Produktivität zu steigern – über alle Branchen hinweg. Das Unternehmen baut Verpackungsmaschinen für internationale Kunden aus den Geschäftsbereichen Nahrungs- und Genussmittel, Kosmetik, Hygiene und Pharmazie und für die Tabakindustrie.
Leistungsspektrum:
- Entwicklung kundenorientierter Sonderlösungen
- Standardmaschinen
- Smart Solutions
- Handling- und Robotersysteme
- Verpackungsentwicklung/Beratung
- Projektanbieter für Gesamtlinien (Turn-Key-Anbieter)