
Sandra Pechac ist die Geschäftsführerin der Plattform Verpackung mit Zukunft. (Bild: Antje Wolm)
neue verpackung: Frau Pechac, unser letztes Interview fand vor mittlerweile mehr als zwei Jahren statt. Wie hat sich in den letzten zwei Jahren aus Ihrer Sicht die öffentliche und unternehmerische Wahrnehmung zum Thema nachhaltige Verpackung verändert?
Sandra Pechac: Wir beobachten, dass sich das Thema nachhaltige Verpackung sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Industrie zunehmend differenziert und faktenbasiert weiterentwickelt. Während die Diskussion früher häufig emotional und stark auf einzelne Materialien fokussiert war, rücken heute Systemfragen, Lebenszyklusanalysen und Kreislaufkonzepte in den Vordergrund.
Auch auf Unternehmensseite hat sich viel bewegt: Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur ein Kommunikationsthema, sondern strategischer Bestandteil von Produktentwicklung und Investitionsentscheidungen. Die EU-Verpackungsverordnung (PPWR) hat diesen Wandel noch einmal beschleunigt. Gleichzeitig sehen wir ein wachsendes Interesse, sich über Branchengrenzen hinweg auszutauschen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten – genau hier setzt unsere Plattform an.
neue verpackung: Wenn ich mir die Liste Ihrer Mitgliedsunternehmen ansehe, dann finden sich dort große Namen aus dem Bereich der Markenartikler sowie Maschinenbauer und Packmittelhersteller. Gibt es Stakeholder, um die Sie das Netzwerk noch gerne erweitern würden?
Pechac: Definitiv. Wir verfolgen bewusst einen ganzheitlichen Ansatz entlang der gesamten Verpackungswertschöpfungskette – von der Rohstofferzeugung bis zum Recycling. Für uns ist klar: Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft braucht das Zusammenspiel aller Beteiligten.
In diesem Jahr haben wir die Zusammenarbeit mit dem Handel noch weiter vertieft – ein wichtiger Schritt, da der Handel als Schnittstelle zum Verbraucher eine entscheidende Rolle in der Transformation hin zu nachhaltigeren Verpackungslösungen spielt. Wir hoffen hier auch auf weitere ‚Nachahmungstäter‘, denn je breiter und vielfältiger die Perspektiven im Netzwerk sind, desto stärker können wir gemeinsam wirken. Gleichzeitig sind wir offen für zusätzliche Kompetenzträger, beispielsweise aus den Bereichen Logistik, Digitalisierung oder neue Materialien. Diese Bereiche spielen eine Schlüsselrolle, wenn es um Themen wie Mehrwegsysteme, Rücknahme-Infrastrukturen oder die Entwicklung neuer Materialien geht. Auch Start-ups und Technologieanbieter sehen wir als wertvolle Impulsgeber. Wir wollen einen Dialog fördern, der viele Perspektiven zusammenführt und so gemeinsame Lösungen über Unternehmensgrenzen hinweg ermöglicht.
Unternehmen, die ihre besondere Expertise einbringen möchten, sind herzlich eingeladen, unsere Plattform zu bereichern und gemeinsam mit uns an zukunftsfähigen Lösungen zu arbeiten.
Was ist die Plattform Verpackung mit Zukunft?
Die Plattform Verpackung mit Zukunft ist eine gemeinsame Initiative führender Unternehmen der Verpackungs- und Lebensmittelbranche in Österreich. Ziel ist es, durch Dialog und Aufklärung die Chancen und Herausforderungen nachhaltiger Verpackungen transparent zu machen. Die Plattform informiert Verbraucherinnen und Verbraucher faktenbasiert über Themen wie Recyclingfähigkeit, Ressourcenschonung und Innovationen. Gleichzeitig fördert sie den Austausch zwischen Industrie, Politik und Gesellschaft, um praktikable Lösungen für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft zu entwickeln.
Zu den Mitgliedern gehören Coca-Cola, Nestlé, Danone, Alpla, Erema, Greiner, Mondi und Interzero.
neue verpackung: Was sind die größten Hürden, die Sie auf dem Weg zu nachhaltigeren Verpackungslösungen sehen?
Pechac: Die größte Herausforderung liegt in der Systemkomplexität: Verpackungen müssen heute unterschiedlichste Anforderungen erfüllen – von Produktschutz über Marketing bis zur Recyclingfähigkeit. Nachhaltige Lösungen erfordern daher immer einen ganzheitlichen Blick und die Bereitschaft, entlang der gesamten Wertschöpfungskette neu zu denken.
Zudem sind Investitionen in neue Technologien oder Materialumstellungen oft mit Unsicherheiten verbunden – sei es durch regulatorische Grauzonen, fehlende Infrastruktur oder mangelnde wirtschaftliche Anreize. Hier braucht es nicht nur Innovation, sondern auch stabile Rahmenbedingungen und verlässliche Partnerschaften.
Ein weiterer Punkt ist die Kommunikation: Viele Mythen rund um Verpackung und Recycling halten sich hartnäckig. Hier leisten wir Aufklärungsarbeit – sowohl innerhalb der Branche als auch gegenüber Konsumenten.
neue verpackung: Kennengelernt habe ich die Plattform damals über die Meldungen Ihrer Pop-up-Stände vor Supermärkten, mit denen Sie Konsumentinnen und Konsumenten über Verpackungen und deren Entsorgung informierten. Welche Kanäle nutzen Sie mittlerweile außerdem, um Aufklärung zu betreiben?
Pechac: Unsere Pop-up-Stände sind weiterhin ein wichtiger Bestandteil unserer Aufklärungsarbeit – insbesondere, weil sie den direkten Dialog mit Konsumenten ermöglichen. Darüber hinaus haben wir unsere Aktivitäten in den letzten Jahren stark erweitert.
Wir bespielen verstärkt digitale Kanäle, insbesondere Social Media, um faktenbasiertes Wissen rund um Verpackung, Recycling und Kreislaufwirtschaft zugänglich zu machen. Hier klären wir über Mythen auf, bieten Erklärformate und geben Einblicke in Innovationen unserer Mitgliedsunternehmen. Zusätzlich sind wir bei Bildungsformaten wie der „Langen Nacht der Forschung“ vertreten und bieten Schulworkshops sowie Mitarbeiterschulungen an. Unser Ziel ist es, Wissen niederschwellig, verständlich und zielgruppengerecht zu vermitteln – für die breite Öffentlichkeit ebenso wie für Fachpublikum. So wird Kreislaufwirtschaft vom Anspruch zur gelebten Praxis.
neue verpackung: Zum Ende vielleicht noch ein Blick in die Zukunft: Die Plattform ist nun fünf Jahre alt – wie sieht Ihre Vision für die nächsten fünf Jahre aus?
Pechac: Die vergangenen fünf Jahre haben gezeigt, was möglich ist, wenn Unternehmen, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft an einem Strang ziehen. Für die kommenden Jahre wollen wir diesen Weg konsequent weitergehen – mit klaren Zielen und einer Strategie, die auf Wirkung, Dialog und Innovation setzt.
Unsere Vision ist klar: Wir wollen Verpackung als gestaltbare Ressource in einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft etablieren – mit fundiertem Wissen, interdisziplinärer Zusammenarbeit und innovativen Lösungen. In den nächsten fünf Jahren möchten wir die Plattform noch stärker als zentrales Kompetenznetzwerk positionieren, das Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft verbindet.
Wir planen, neue Formate für Wissenstransfer und Zusammenarbeit zu entwickeln, die Digitalisierung unserer Informationsarbeit weiter auszubauen und die politische Diskussion mit konkreten, praxisnahen Beiträgen zu bereichern. Dabei bleiben wir unserem Grundprinzip treu: Veränderung gelingt am besten gemeinsam – entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Die Fragen stellte Philip Bittermann, Chefredakteur neue verpackung

