
Standardisierte Daten helfen allen Stakeholdern bei der Transformation zu nachhaltigen Verpackungen. (Bild: Dalle 3 / OpenAI)
Erstmals kommen dafür unternehmensübergreifend die Einzelhandelsvertreter von Spar, der Schwarz Gruppe und andere Interessierte zusammen, um Workstreams und technische Details festzulegen. Darüber hinaus nimmt auch die ARA (Altstoff Recycling Austria) als weiterer Vertreter aus der Kreislaufwirtschaft teil. Initiiert wurde die Initiative digitale Verpackungstransformation von der Packaging Cockpit GmbH und Prezero.
Vor dem Hintergrund des bevorstehenden Umbruchs auf dem Markt für Verpackungen ist eine digitale Standardisierung zwingend notwendig. Bis 2030 muss laut EU-Verordnung PPWR jede Verpackung recycelbar werden und weitere strenge Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen. Supermärkte und Handelsketten stehen derzeit vor dem Problem, dass viele Verpackungsdaten unvollständig, intransparent und nicht standardisiert sind. Dies erschwert die Analyse, das Management und das Erfüllen der Berichtspflichten von Verpackungen erheblich.
Im letzten Jahr erweiterte Prezero sein bisheriges Angebot zur Nachhaltigkeitsförderung von Verpackungen um das Sustainable Packaging Optimization Tool (SPOT). In Kooperation mit dem Softwareanbieter Packaging Cockpit entstand eine webbasierte, kostenfreie Lösung, mit der Marktteilnehmer verschiedene Verpackungsvarianten detailliert vergleichen können, um das eigene Portfolio umfassend zu optimieren.
Während eine webbasierte Lösung für viele Unternehmen ideal ist, stellt sich insbesondere für große Handelsunternehmen die Frage nach der Integration in bestehende IT-Systeme. Je komplexer das Verpackungsportfolio, desto wichtiger wird für die Vernetzung eines Analyse- und Reportingtools für Verpackungen mit dem vorhandenen ERP- (Enterprise Resource Planning) oder PIM-System (Product Information Management). Die Softwarelösung von Packaging Cockpit kann laut Anbieter problemlos an die spezifischen Anforderungen der Unternehmen angepasst werden.

neue verpackung: Herr Reitz, welche konkreten Herausforderungen bestehen derzeit bei der Erfassung und dem Management von Verpackungsdaten?
Reitz: Verpackungsdaten werden heute meist über die sogenannte IVAs abgefragt: Die „Internationale Verpackungsanlage“, eine sehr sperrige Exceldatei. Die darin enthaltenen Informationen reichen zum einen aber nicht aus, um die zukünftigen Anforderungen an Nachhaltigkeitsberechnungen und Dokumentation für die PPWR zu erfüllen, darunter für Recyclingfähigkeit, Leerraumminimierung und andere Bereiche. Zum anderen sind die Daten oft unvollständig, unübersichtlich und haben insgesamt eine schlechte Qualität. Auch fehlt es an einer Standardisierung der Begrifflichkeiten: Nicht alle Lieferanten nutzen dasselbe Vokabular für Verpackungsbestandteile oder Materialien. Darüber hinaus ist der gesamte Prozess ineffizient: Exceldateien werden versendet, die dann mühsam in entsprechende IT-Systeme übertragen werden müssen.
neue verpackung: Warum ist eine Standardisierung der Verpackungsdaten gerade jetzt so dringend erforderlich?
Reitz: Die PPWR definiert viele neue Nachhaltigkeitsanforderungen für Verpackungen. Unter anderem müssen alle Verpackungen dokumentiert und reportet werden. Das erfordert jede Menge Daten. Wenn wir den alten Way of Working beibehalten, gehen wir unweigerlich im Bürokratiechaos unter. Um das zu vermeiden, brauchen wir zwingend eine digitale Transformation für Verpackungsdaten. Durch den Druck der PPWR besteht gerade jetzt eine einmalige Chance als gesamte Wertschöpfungskette effizienter zu werden, indem wir Daten digitalisiert und vereinheitlicht austauschen. 2030, wenn die PPWR-Verordnungen greifen, klingt zwar noch weit weg. Aber diese Anpassungen an der IT-Infrastruktur und im Lieferantenmanagement brauchen Zeit. Viele Unternehmen beginnen jetzt damit ihre IT-Systemen auf die zukünftigen Anforderungen vorzubereiten. Das bedeutet, die Zeit für Harmonisierung von Vorgehensweisen und Standards ist ebenfalls jetzt. Schließlich hilft es auch niemandem, wenn in drei Jahren alle Unternehmen schon in unterschiedliche, individuelle Lösungs-Richtungen gelaufen sind. Wie bei vielen Dingen gilt auch hier: ohne immensen Zeitdruck zu handeln ist vorteilhafter als auf den letzter Drücker nach schnellen - und vor allem dann entsprechend teuren - Lösungen zu suchen.
neue verpackung: Wie genau sollen die neuen Industriestandards aussehen und in bestehende IT-Systeme integriert werden?
Reitz: Wir sind offen und lösungsorientiert und wollen möglichst viele IT-technische Wege ermöglichen. Unser Credo: So viel Harmonisierung wie möglich, so viel Spezialisierung wie nötig. Wir glauben, dass das Packaging Cockpit aktuell die beste Basis für eine zukünftige Digitalisierung bietet, da es technisch und wissenschaftlich allen anderen einen Schritt voraus ist. Sein modularer Aufbau ist ideal eignet, um an bestehende IT-Systeme angepasst zu werden. Das Packaging Cockpit kann sowohl als eine eigenständige Oberfläche fungieren, in die Lieferanten Verpackungsdaten eintragen als auch in das Backend anderer Lösungen und Lieferantenportale eingebunden werden. Dennoch geht es nicht nur um Technologie, sondern auch welche Daten genau abgefragt werden, wie diese bezeichnet und verarbeitet werden und wie die Supply Chain bei diesem Thema insgesamt zusammenarbeitet.
neue verpackung: Und wie ist die Zusammenarbeit zwischen Einzelhändlern wie Spar oder der Schwarz-Gruppe organisiert?
Reitz: Unter klar abgesteckten, wettbewerbsrechtlichen Leitplanken und unter kartellrechtlicher Begleitung treffen sich Experten aus den beteiligten Unternehmen regelmäßig in separaten Arbeitsgruppen zu den Themen Begriffe & Datenstruktur, Supply-Chain Governance, Minimalanforderung an Daten und Lieferantenkommunikation.
neue verpackung: Welche Rolle spielen Unternehmen wie Prezero und Packaging Cockpit in der Umsetzung?
Reith: Packaging Cockpit, Prezero und ARA haben die Initiative ins Leben gerufen. Die inhaltliche Arbeit wird durch Packaging Cockpit und Circular Analytics geleitet. Das Interesse an einer Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette wächst immer mehr. Deshalb bringen wir in diesem Rahmen Vertreter aus dem Einzelhandel in Deutschland und Österreich sowie aus der Kreislaufwirtschaft an einen Tisch. Hier wollen wir Prozesse radikal und grundlegend neu schaffen. Aber auch wertvolle Erkenntnisse aus Daten gewinnen, die die potenziellen Schwachstellen in der Wertschöpfungskette aufzeigen. Erst diese Erkenntnisse machen tiefgreifende Veränderungen und Umsetzungen hinsichtlich der Verordnungen möglich.
neue verpackung: Wie stellt die Initiative sicher, dass auch kleinere Unternehmen und Verpackungshersteller von den neuen Standards profitieren?
Reitz: Um die rechtlichen Anforderungen in Zukunft zu erfüllen, werden Handelsunternehmen von ihren Lieferanten die Verpackungsdaten einholen müssen. Darunter sind auch sehr viele kleine Unternehmen. Und insbesondere die kleinen Unternehmen profitieren von einheitlichen Standards: statt sich intensiv mit den Herausforderungen auseinanderzusetzen, können sie sich effizient auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.
neue verpackung: Inwieweit hilft die Standardisierung Unternehmen dabei, die Berichtspflichten effizient zu erfüllen?
Reitz: Ohne die digitale Transformation und den einheitlichen Prozessen ist eine effiziente Erfüllung der Berichtspflichten aus unserer Sicht unmöglich. In Zukunft müssen für jede Verpackung gemäß Anhang VII der PPWR sehr umfangreiche Konformitätserklärungen abgegeben werden. Handelsunternehmen sind für deren Erstellung direkt und unmittelbar von der Zuarbeit ihrer Lieferanten abhängig. Wenn Händler klar und möglichst einheitlich kommunizieren, was sie in Zukunft von Ihrer Supply Chain erwarten und dafür auch direkt Hilfestellung in Form smarter, digitaler Technologien anbietet, entlastet dies die Lieferanten der Händler substanziell.
neue verpackung: In aller Kürze: Welche konkreten Vorteile ergeben sich für Händler und Hersteller durch die neue Standardisierung?
Reitz: Ganz klar: die kostengünstige Sicherstellung von Compliance. Ein weiterer Vorteil sind besser aufbereitete Informationen über die verwendeten Verpackungen und die Möglichkeit, datenbasierte Entscheidungen über die Optimierung des Verpackungsportfolios zu treffen.