Die Knopfzellen müssen vor dem Einlegen in die Blisterverpackung vereinzelt werden.

Die Knopfzellen müssen vor dem Einlegen in die Blisterverpackung vereinzelt werden. (Bild: Beckhoff)

Varta Microbattery ist Spezialist für die Herstellung von Mikrobatterien, das heißt von Batterien mit einer Höhe kleiner als AA (Mignon) und einem Durchmesser unter Baugröße C (Baby). Den größten Anteil machen die sogenannten Knopfzellen aus, und hier vor allem die Zink-Luft-Zellen für Hörgeräte, die das Ellwanger Unternehmen mit einer Stückzahl von über 700 Millionen weltweit führend anbietet. Die Verpackungstechnik der Varta-Mikrobatterien ist einerseits geprägt von der Vielzahl an unterschiedlichen Größen beziehungsweise Bauformen und muss andererseits den individuellen Anforderungen der zahlreichen Kunden gerecht werden.

Die Kundenwünsche reichen von der individuellen Verpackungsgestaltung auch bei kleinen Losgrößen bis hin zu Blisterkarten von Standardprodukten mit einem jährlich zu aktualisierenden Verfallsdatum. Die größte Herausforderung für eine solch flexible Verpackungstechnik liegt in der Vermeidung von falsch bedruckten Blisterverpackungen, das heißt in der fehlerfreien Zuordnung der Auftragsdaten zum jeweiligen Packagingprozess.

Offenheit PC-basierter Steuerungstechnik initiiert durchgängige Kommunikation

PC-based Control von Beckhoff kommt bei Varta Microbattery bereits seit 2002 zum Einsatz, beispielsweise mit zahlreichen Ethercat-Klemmen, Servoantrieben AX5203, Schaltschrank-PCs C6640 und insbesondere der Automatisierungssoftware Twincat. Dazu erläutert Simon Ziegler, Production-Engineer bei Varta Microbattery: „Twincat bietet mit seiner Offenheit so viele Vorteile, dass wir zu Beginn teilweise sogar die traditionelle SPS um eine Beckhoff-Steuerung ergänzt haben, um insbesondere eine effiziente und sichere Datenkommunikation mit den Druckern umsetzen zu können. Mit dem Aufbau des entsprechenden softwaretechnischen Know-hows sind dann auch die Ideen zur weitergehenden Datendurchgängigkeit bis hin zur Visualisierung und ERP-Anbindung entstanden.“ Und Lean Production Manager Klaus Schöbel ergänzt: „PC-Control zeichnet sich neben seiner Leistungsfähigkeit als Steuerungstechnik in besonderem Maße durch die hervorragenden Kommunikationsfähigkeiten nach außen hin aus, in unserem Falle vor allem über Standard-TCP/IP. Die Integrationsmöglichkeiten, die sich daraus ergeben, sind für uns am wichtigsten.“

Die Beckhoff-Steuerungstechnik – hier der Schaltschrank-Industrie-PC C6640 – kommuniziert über den Twincat- TCP/IP-Server direkt mit dem ERP-Interface.
Die Beckhoff-Steuerungstechnik – hier der Schaltschrank-Industrie-PC C6640 – kommuniziert über den Twincat- TCP/IP-Server direkt mit dem ERP-Interface. (Bild: Beckhoff)

Bevor die zentrale Datenhaltung realisiert wurde, stand lediglich eine separate, per CAN-Bus angebundene Datenbank zur Verfügung, um die Drucker mit Informationen zu versorgen. Dies war – so Klaus Schöbel – damals zwar Stand der Technik, aber hinsichtlich der Datenübertragung sehr aufwendig und nicht mit dem ERP-System zu verbinden: „Anfangs ging es nur darum, die Problematik mit dem von der Verpackungsmaschine und dem ERP-System komplett unabhängigen Drucksystem zu lösen. Allerdings wurden die zugehörigen Auftragsdaten damals vom Bedienpersonal über Folientastaturen – mit entsprechend vielen Fehlern – eingegeben. Die Folge war, dass immer wieder ganze Produktionsreihen aus- beziehungsweise umgepackt werden mussten. Um dies zu verhindern, war eine Verknüpfung zwischen Auftrag und Druckdaten unerlässlich. Und mit der offenen Beckhoff-Steuerungstechnik war dies nun kein Problem mehr, denn die Daten ließen sich problemlos direkt über Ethernet aus unserem damals noch recht kleinen Software-ERP-Interface aufrufen. Dieses Interface lief auf jeder Maschine als lokale Anwendung im Hintergrund ab, sodass die Daten über eine Klassifizierung im ERP-System fehlerfrei verheiratet mit der jeweiligen Artikelnummer und damit als korrektes Etikett an den Drucker geschickt wurden.“

Zentrales Interface verbindet Steuerungs- und ERP-Daten

Inzwischen läuft das ERP-Interface von Varta Microbattery als Multithreading-Anwendung zentral ab, um mehrere Teilnehmer beziehungsweise Clients gleichzeitig zu bedienen. Wird nun ein Auftrag an der Anlage eingescannt, stehen direkt alle notwendigen Informationen an der Verpackungslinie zur Verfügung. Neben der Vermeidung von Fehleingaben führt dies auch zu deutlich effizienteren Verpackungsprozessen, wie Klaus Schöbel erläutert: „Bei mehr oder weniger gleich gebliebenen Losgrößen konnten wir in den vergangenen fünf Jahren unseren Ausstoß nahezu verdreifachen. Dazu gehört eine entsprechend häufige Maschinenumrüstung, im letzten Jahr alleine auf unseren drei Hauptverpackungslinien 2.800 Rüstvorgänge. Ohne eine durchgängige Kommunikation von der Steuerungstechnik bis hin zum ERP-System wäre diese Leistungssteigerung nicht möglich gewesen.“

Aufgrund der vielen spezifischen Anforderungen, zum Beispiel hinsichtlich der aufwendigen Berechnung der Blisterkarten-Codierung mit Mindesthaltbarkeitsdatum, Batch-Code usw., hat Varta Microbattery für das ERP-Interface eine eigene Lösung entwickelt. Diese basiert auf einer doppelten Verschlüsselung in Hexadezimal-Code, sodass sich die zu übertragenden Daten mit nur 16 Zeichen darstellen und im Protokoll auf einfache Weise von den Sonder- beziehungsweise Steuerzeichen trennen lassen. Diese Abbildung der Daten ist im Twincat-TCP/IP-Server implementiert, das heißt der Datenstring wird einfach von der Steuerung umgewandelt, verarbeitet und als Ergebnis über den Twincat-TCP/IP-Server direkt an das ERP-Interface zurückgeschickt. Grundgedanke ist hierbei, laut Klaus Schöbel, eine wirklich offene Kommunikation, sodass es keine Rolle spielt, ob die Steuerungsinformationen an die SQL-Datenbank, einen Drucker oder das ERP-System übertragen werden.

Im Bereich der Mikrobatterien zeigt sich ein deutlicher Trend zu individuellen Blisterverpackungen auch bei kleineren Stückzahlen.
Im Bereich der Mikrobatterien zeigt sich ein deutlicher Trend zu individuellen Blisterverpackungen auch bei kleineren Stückzahlen. (Bild: Varta Microbattery)

Interessant – so Simon Ziegler – ist auch der nächste Schritt, der sich derzeit in der Umsetzung befindet: „Ein neues System für die Visualisierung und Betriebsdatenerfassung soll ebenfalls dieses Datenübertragungsprotokoll nutzen. Aus Sicht der Steuerung gibt es dann als einzige Schnittstelle nur noch das ERP-Interface, das die Informationen an die entsprechenden Stellen weiterleitet beziehungsweise von dort sammelt und an die Steuerung schickt. Im Interface selbst werden die Codierungen berechnet, basierend auf der in der SQL-Datenbank hinterlegten Codierungsart. Und das ERP-System liefert über die Klassifizierung der jeweiligen Materialnummer alle notwendigen Informationen, wie Stückzahlen, Grafiken, EAN (European Article Number) und sogar das passende Kameraprogramm. Per Auftragsscan vor Ort ist die Anlage somit möglichst weit umgerüstet, von der Steuerungstechnik bis hin zu der für die jeweilige Etikettenfarbe optimalen Beleuchtungseinstellung. Weiterhin können beispielsweise Maschinenzeiten erfasst und Zugriffsberechtigungen zur Anlagensteuerung geregelt werden.“ Klaus Schöbel ergänzt dazu: „Twincat überträgt außerdem alle Informationen für eine OEE-Analyse. Hierzu werden die erforderlichen Daten, wie Stör- und Warnmeldungen, zu mehreren Zeitpunkten gesammelt und als Datenpaket an das ERP-Interface geschickt. Das Übertragungsprotokoll kann also problemlos auch längere Datenstreams verarbeiten.“

Potenzial durch offene Kommunikation

Die Möglichkeiten, die sich durch die offene Kommunikation mit Twincat eröffnet haben, bieten auch zukünftig Entwicklungspotenzial. So soll beispielsweise die Robotertechnik zur Druckerbestückung ebenfalls in das System integriert werden, um die Druckdaten zwischen Roboter und Drucker abgleichen und demgemäß optimal steuern zu können. Mit PC-Control und Scientific Automation, unter anderem realisiert mit den Leistungsmessklemmen von Beckhoff, sollen die Anlagen zusätzlich hinsichtlich der Energieeffizienz optimiert und auf diese Weise die Leistungsspitzen im Gesamtenergieverbrauch reduziert werden.

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