neue verpackung: Wie hat sich das Geschäft mit Saisonartikeln und Promotions in den vergangenen Jahren entwickelt?
Klaus Volgmann: In beiden Fällen ist der Markt beinahe explosionsartig gewachsen. Ein Ende des Trends ist nicht absehbar. Besondere Anlässe, wie Weihnachten, Valentinstag oder Ostern, werden Verbrauchern zunehmend wichtiger, sportliche Events, wie die WM oder Olympia, bewegen die Massen. Auch durch die Globalisierung nehmen besondere Anlässe weltweit zu. Nehmen Sie das Oktoberfest – das können Sie heute in vielen Ländern feiern. Und „Süßes oder Saures“ riefen Kinder früher zu Halloween nur in den USA. Der Handel sucht ständig nach neuen Fixpunkten und treibt die Konsumgüterhersteller voran. Die gehen inzwischen nahtlos von einem Event zum nächsten über: Indem sie zeitlich befristete Aktivitäten mit Aktionscharakter starten, wecken sie zusätzliche Bedarfe bei den Verbrauchern und fördern den Verkauf. Konsumenten sind quasi darauf konditioniert, ihren Einkauf an einem besonderen Anlass oder der Saison auszurichten.
neue verpackung: Warum greifen Konsumenten bei Promotions gerne zu?
Klaus Volgmann: Rein subjektiv-wirtschaftlich gesehen, schafft die kurzfristige Verfügbarkeit von Saisonartikeln oder Promotions einen zusätzlichen Kaufanreiz: Dominosteine gibt es beispielsweise nur in der Vorweihnachtszeit. Das suggeriert dem Verbraucher eine künstliche Knappheit – sein Interesse am Produkt steigt. Verbraucher schätzen die Möglichkeit, aus dem größeren Angebot saisonaler Angebote wählen zu können. Aufwendig gestaltete Verpackungen laden außerdem zum Verschenken ein. Der Abverkaufspreis für Promotion-Produkte liegt in vielen Fällen deutlich höher als der für Standardprodukte. Für einen Großteil der deutschen Konsumenten darf es anlassbezogen also gerne etwas mehr kosten. Sie greifen dann auch bewusst nach exklusiven Markenprodukten. Vor allem Süßwaren, Kosmetik oder Spirituosen erzielen große Erfolge.
neue verpackung: Woran liegt das?
Klaus Volgmann: Die Freude am Schenken spielt mit einer besonderen Inszenierung des Produktes zusammen: Die eigentliche Funktion des Artikels tritt für den Konsumenten in den Hintergrund. Der dem Produkt zugebilligte Wert steigt signifikant, alleine durch eine besondere Verpackungsidee. Verpackungshersteller nutzen diese psychologischen Zusammenhänge für Anlässe und Promotions. Dazu rücken sie über die Verpackung Produkte in den Fokus und erhöhen die Preisgrenze.
neue verpackung: Was bedeutet das für Verpackungsproduzenten?
Klaus Volgmann: Am Point of Sale entscheiden nur wenige Sekunden darüber, ob ein Saisonprodukt den Impulskauf auslöst. Je nach Budget und Zielgruppe können Hersteller Standardverpackungen in saisonale Highlights verwandeln. Dafür passen sie entweder das grafische Design dem Ereignis an, ändern die Form der Verpackung oder setzen auf eine Speziallösung, die nicht nur die Verpackung, sondern auch die Form des Produkts selbst mit einbezieht. Außerdem müssen sich die vier Verpackungsdimensionen Material, Konstruktion, Grafik und Veredelung ganzheitlich in den Konzepten wiederfinden – und gleichzeitig die Prozesse und Gegebenheiten des Einzelhandels berücksichtigen. Saison- oder anlassspezifische Lösungen sollen die Gefühlswelt der Konsumenten erreichen. Hierfür spielt das Wissen um aktuelle Trends eine essenzielle Rolle: Lädt eine Promotion-Verpackung den Konsumenten etwa über eine App zur Interaktion ein, kann das nicht nur den Kaufimpuls auslösen, sondern gleichzeitig die Markenbindung stärken.
neue verpackung: Entstehen darüber hinaus besondere Anforderungen im Rahmen der Produktion?
Klaus Volgmann: Ganz sicher. Eine exakte Prozessplanung, die Themen wie Just-in-time-Produktion und Vendor Managed Inventory berücksichtigt, ist für den Erfolg anlassbezogen gestalteter Produkte entscheidend. Denn spätestens einen Tag nach dem Event wandern sie ins Rabattregal. Zu solchen Anlässen muss pünktlich geliefert werden. Die Anforderungen an effektive und effiziente Verpackungslösungen sind ideal für Systemlieferanten: Sie haben von der Beratung über das Design und die Produktion auch die Abpacktechnik und die komplette Logistik im Blick.
neue verpackung: Arbeiten Sie gerade an aktuellen Beispielen?
Klaus Volgmann: Aktuell arbeiten wir an einem Konzept, das interaktive Elemente in anlassbezogene Verpackungen integriert. Mit einer neu entwickelten Technologie des Unternehmens Experimental Games lassen sich interaktive Inhalte schnell und kostengünstig entwickeln. Unsere Idee ist ein „interaktiver Adventskalender“: Kinder und Jugendliche können auf einer Saisonverpackung 24 QR-Codes mit Tablet oder Smartphone scannen und über eine App ein Computerspiel starten. Spannend sind außerdem regionale oder tagesaktuelle Komponenten, die sich mit der neuen Technologie einbringen lassen – etwa welche Veranstaltungen gerade auf dem Weihnachtsmarkt stattfinden. Solche Informationen lassen sich selbst kurz vor dem Ereignis aktualisieren. Die Verpackung bleibt damit aktuell und bietet viele Möglichkeiten, mit den Konsumenten zu kommunizieren.